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Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Titel: Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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niemandem etwas schuldig, er musste sich nichts beweisen und doch, wenn es nun zu einer Entscheidung käme, wüsste er, wie er handeln würde.
    Mary.
    Überall und immer.
    Mary.
    Plötzlich ließ ihn ein Geräusch aus seinen Gedanken aufschrecken. Das war keine weitere Ratte, die durch die Gänge huschte, nein, vor ihm in der Dunkelheit war ein Mensch.
    León riss die Lampe hoch, die andere Hand fuhr an den Hosenbund und zog die Waffe. Im gleichen Augenblick blendete ihn der starke Strahl einer Taschenlampe. León sah nichts mehr, er musste die Augen zusammenkneifen.
    Wer ist da? Ein Muerte negra? Einer von den Mole People?
    Da war nur ein schattenhafter Umriss hinter dem Licht. Mehr eine Ahnung als ein tatsächliches Bild. León rührte sich nicht. Der andere auch nicht. Starr blieb das Licht auf ihn gerichtet.
    »Bist du das, Bene?«, fragte eine Stimme.
    Gut, das Licht meiner Lampe blendet ihn ebenso wie mich seines.
    Er versuchte es mit einem Trick und sagte: »Ja!«
    Das Wort war noch nicht ausgesprochen, da wusste er schon, dass es nicht funktionieren würde. León riss seinen Arm hoch und feuerte auf den Schatten hinter dem Licht. Gleichzeitig blitzte auf der anderen Seite Mündungsfeuer auf. Etwas traf León, warf ihn nach hinten. Noch während er fiel, schoss er erneut, dann knallte er hart mit dem Rücken auf den Steinboden. Die Luft wurde mit einem Pfeifen aus seinen Lungen gepresst. Gleißende Sterne tanzten hinter seinen geschlossenen Augen.
    Die Lampe war ihm aus der Hand gefallen. Ein paar Meter von ihm weggerollt. León öffnete die Lider und drehte den Kopf. Der Schein leuchtete zufälligerweise in die Richtung seines Gegenübers und dann sah er ihn. Wie eine zerbrochene Puppe lag er verkrümmt auf der Seite. Die Augen geöffnet, starrte er ihn leblos an und sah ihn doch nicht.
    Er war jung. Kaum älter als er selbst. Von hagerer, sehniger Gestalt. Ein buntes Stirntuch war um seinen Schädel gebunden, er trug Shorts, die bis über die Knie reichten, und ein Shirt mit Aufdruck. Ein ganz normaler Jugendlicher wie er. Und er blutete nicht.
    León stöhnte vor Schmerz. Sein ganzer Leib begann zu zittern. Das Adrenalin jagte durch seinen Körper und schüttelte ihn, wie der Sturm an einem Zweig rütteln mochte. León versuchte, die Zähne zusammenzubeißen, das Zittern zu unterdrücken, aber sein Kiefer klapperte unkontrolliert in der Dunkelheit.
    Was habe ich getan? Ist das mein Schicksal?
    Wieder war es geschehen. Ein Junge hatte ihm gegenübergestanden und war nicht schnell genug gewesen. Die Strafe der Tod. Waffen verziehen nicht, tolerierten kein Versagen.
    Ich habe erneut einen Jungen erschossen. Alles wiederholt sich. Wohin ich auch gehe, wie weit ich auch fliehe, mein Schicksal holt mich immer wieder ein, lauert an der nächsten Ecke auf mich.
    León verlor sämtliche Kontrolle über seinen Körper, das Zittern übermannte ihn und er begann zu weinen. Die verrinnende Zeit spielte plötzlich keine Rolle mehr.
    Stumm liefen die Tränen seine Wangen hinab, tropften auf die verfluchte Waffe, die er noch immer in den Händen hielt. Am liebsten hätte er sie fortgeworfen. Weit von sich geschleudert, aber das durfte er nicht tun. Vielleicht brauchten sie sie noch. Keuchend stand er da, dann würgte er und übergab sich an Ort und Stelle. Bis nichts mehr kam. Bis sein Mund nach Galle schmeckte.
    Danach ging er gekrümmt zu dem toten Jungen hinüber. Bückte sich. Schloss ihm die starren Augen. Leise flüsterte León ein Gebet, an das er sich erinnerte. Es war ein Gutenachtgebet, seine Mutter hatte es mit ihm gesprochen, als er noch klein, als er noch ein Kind gewesen war.
    Minuten vergingen, dann nahm er dem Toten die Waffe ab. Er selbst hatte nicht mehr viel Munition. Auch die Taschenlampe nahm er an sich. Er erhob sich und humpelte zu seiner eigenen Lampe, die unablässig auf den blutlosen Toten strahlte. In ihrem Lichtschein untersuchte er seinen eigenen Körper.
    Die Kugel war etwas oberhalb seiner Hüfte eingeschlagen. Er schob das schwarze T-Shirt hoch und blickte auf ein dunkles Loch in seinem Leib.
    Fast war er überrascht, so viel Blut zu sehen. Überhaupt Blut zu sehen – warum bluteten die anderen Menschen in dieser Welt nicht, nur er? Er stöhnte vor Schmerz auf. Bisher hatte León der Schock über sein eigenes Tun so abgelenkt, dass kein Schmerz in seinem Kopf ankam. Doch nun, beim Anblick seines Blutes, das unablässig mehr wurde und seine Kleidung durchtränkte, schmerzte sein ganzer

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