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Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Titel: Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. L. Grey
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nach und nach, als hätte es sie nie gegeben.
    Da sind wir jetzt gelandet. Im neuen Flügel. Ich bin erstaunt, dass sie so weit gekommen sind und dann einfach aufgehört haben. Aber noch komischer ist, dass er sich doch eigentlich nur eine Etage unter der Erde befinden sollte. Wir sind viel tiefer hinabgestiegen. Man sieht nirgends eine Spur von Sonnen- oder Mondlicht oder sonst etwas von draußen. Und ich habe keine Ahnung, wie spät es ist. Meine Uhr ist kaputt und das Handy scheint auch zu spinnen. Die mittlerweile zurückgekehrte Zeitanzeige behauptet: 27:79 .
    »Komm«, meint Rhoda.
    Ich zögere.
    »Die machen nichts, Dan«, sagt sie. »Die bleiben, wo sie sind.«
    »Und was ist, wenn sie noch mal nach uns greifen?«
    »Sie haben sich erschreckt, das ist alles. Du bist auf einen von ihnen draufgetreten.«
    Ich fühle mich wie ein kompletter Vollidiot. Weißer Mittelschicht-Junge rennt vor blinden Obdachlosen weg. Ich folge ihr in den Sitzbereich der Fressmeile. Von dort aus haben wir einen besseren Überblick. Die Tische und Stühle, am Boden festgeschraubt und nie von Gästen benutzt, sind staubig und stellenweise beschädigt. Und sie sind mit dunklen Flecken einer seit Langem eingetrockneten klebrigen Substanz bedeckt. Wir setzen uns an einen Tisch direkt gegenüber vom Parkplatz. 20 Meter von uns entfernt stehen die drei Grauen am Randstein und unterhalten sich leise über uns.
    »Was jetzt?«, frage ich aus reiner Gewohnheit.
    »Mein Gott!« Rhoda stößt mir einen dreckigen Finger fast ins Gesicht. »Kannst du denn keine eigenen Entscheidungen treffen? Wenigstens ein einziges beschissenes Mal?«
    »Ach, leck mich doch«, protestiere ich müde. Ich hatte eigentlich keine Antwort erwartet. Das hier ist mein Traum. Ich muss entscheiden, was als Nächstes zu tun ist. »Du hast mich runtergeschleppt«, erinnere ich sie. »Ich hab mit dem Ganzen nichts zu tun.«
    »Aber du solltest dich hier auskennen.«
    Ich stehe auf und gehe zurück ins Restaurant. Ich muss pinkeln, und wenn ich mich in diesem Moment entscheiden müsste, entweder neben dieser ekelhaften Missgeburt zu sitzen oder mich mit dem Scheiß-Elefantenvieh zu prügeln, während mir der Pimmel aus der Hose hängt, ich hätte mich für Letzteres entschieden.
    Als ich zurückkomme, ist der Tisch leer. Rhoda steht bei den Pennern am Rand des Parkplatzes. Mit ihren schmutzigen Klamotten passt sie gut zu ihnen. Aber wahrscheinlich sehe ich selbst auch nicht besser aus. Sie hält etwa zwei Meter Abstand zu ihren Gesprächspartnern und ich kann nicht genau erkennen, was da vor sich geht. Ich höre erregte Stimmen, kann aber nicht unterscheiden, zu wem sie gehören. Fast folge ich meinem ersten Impuls, ihr zu Hilfe zu eilen, aber dann überlege ich es mir anders. Wahrscheinlich gehört sie zu der Sorte von Feministinnen, die männliche Ritterlichkeit grundsätzlich ablehnen, und ich möchte nicht das Risiko eingehen, mich lächerlich zu machen oder noch einmal von ihr beschimpft oder geschlagen zu werden. Soll sie selbst sehen, wie sie klarkommt.
    Die mittlere der drei Gestalten tritt vor und richtet sich auf. Sie ist größer als die beiden Männer, die nur herumstehen und ins Nichts starren. Die Frau ist genauso grau und staubig, aber ihre Kleidung nicht ganz so abgerissen; sie hat sich eine Art Gewand und ein Kopftuch angefertigt.
    Sie betritt den Bordstein und Rhoda weicht ein Stück zurück. Mit schnellen Schritten läuft die graue Frau auf den Tisch zu, an dem ich sitze. Ich will aufstehen, bleibe aber mit dem Fuß am Tischbein hängen und falle nach hinten, knalle dabei mit dem Hinterkopf auf den Betonboden. Ich versuche schnell aufzustehen, doch mein Fuß hängt fest. Direkt vor mir bleibt die Frau stehen.
    »Was wollt ihr hier?«, fragt sie mit einem furchterregenden Krächzen.
    »Ich, ich, äh, sie ...« Ich versuche, ihre Aufmerksamkeit auf Rhoda zu lenken, die ein paar Meter von uns entfernt steht.
    »Warum seid ihr hier?«, will die Frau wissen. Sie bekommt einen bellenden, schleimigen Hustenanfall. Ein Klumpen Rotz klatscht direkt neben meinem Kopf auf den Boden und ich verrenke meinen Hals, um ihm auszuweichen.
    Endlich schaffe ich es, vom Boden hochzukommen. Ich reibe meinen pochenden Schädel. Er tut so weh, dass ich am liebsten schreien oder weinen würde. Oder beides.
    »Wir suchen einen Jungen«, erklärt Rhoda. »Einen kleinen Jungen, der hierhergekommen sein muss. Er ...«
    »Hier gibt es keine Kinder. Verschwindet. Es wird euch folgen!«

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