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Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)

Titel: Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. L. Grey
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des Tunnels«, meint Dan kichernd.
    Ich lasse seine Hand los und renne auf den Ausgang zu. Ich versuche, das Stechen in meiner Seite zu ignorieren, aber meine Lunge fühlt sich an, als hätte ich Napalm eingeatmet. Dan eilt schlurfend hinter mir her.
    Es sind nur ein paar Meter bis zum Ende des Gangs.
    »Oh Gott«, stöhnt Dan, als wir auf die Szenerie vor uns starren. »Lange halte ich das nicht mehr aus.«
    Vor uns liegt ein riesiger Raum von der Größe eines Flugzeughangars. Die verrußten Backsteinwände erinnern mich sofort an stillgelegte Haltestellen der Londoner U-Bahn – auch wenn hier nirgends etwas von Zügen oder Schienen zu sehen ist. An der Decke hängen überall uralte Neonröhren, die meisten zerbrochen oder trüb.
    »Hallo?«, rufe ich. »Hallo!«
    »Was machst du denn!«, zischt Dan. »Wir wissen doch gar nicht, was hier unten für Leute sind.«
    »Zumindest wissen wir, dass hier jemand ist«, entgegne ich und zeige auf die Flammen, die in den verbeulten Ölfässern flackern. Der Boden ist mit Abfall übersät, mit alten Lumpen, Pappkartons, ein paar angekokelten Schaufensterpuppen und umgekippten Einkaufswagen. Rechts von uns trippeln zwei fette Albinoratten träge davon und verschwinden hinter einem verrosteten Gebilde, das mal ein Auto gewesen sein könnte. Obwohl die Decke hoch ist und von irgendwoher eine schwache Brise zu wehen scheint, hängt der Gestank nach Pisse schwer in der Luft.
    Dan schaut zur Decke hinauf. »Ich glaube, ich weiß, wo wir sind«, sagt er. Aber er achtet nicht darauf, wo er hinläuft. Er stolpert über eins der Lumpenbündel, und bevor ich reagieren kann, schießt eine schorfige, schmutzige Hand daraus hervor und umklammert seinen Knöchel.

Kapitel 6: DANIEL
    Das ist alles nicht real. Man kann sich nicht derart lange so beschissen fühlen und trotzdem noch am Leben sein. Es kann nicht real sein. Es ist ein Traum. Ich werde aufwachen.
    Wach auf. Bitte wach auf.
    Wieder einmal kauere ich in einer dunklen Ecke und fürchte um mein Leben. Wenn ich über die unfertige Ladentheke schiele, hinter der ich in Deckung gegangen bin, kann ich ein halb fertiges Parkdeck erkennen. Rostige Stahlträger ragen aus Betonpfeilern, verbogene und verbeulte Gerüste stützen die Decke. Ein weiter Bogen von Ladenfronten endet in einer Fressmeile. Ich habe mich in etwas verkrochen, das einmal ein Restaurant mit romantischem Blick über den Parkplatz werden sollte.
    Rhoda rutscht neben mich. Für etwa zehn Sekunden hatte ich sie vergessen. Das war wie eine Befreiung. Ich will diese Scheiße hier nicht mit ihr zusammen erleben. Ich will, dass sie aus meinem Albtraum verschwindet. Ich will nach Hause. Aber sie verfolgt mich wie ein tollwütiger Hund. Solange sie hier ist, ist es unmöglich, dass ich mir etwas vorlüge.
    »Warum rennst du so, verdammt?«, keucht sie.
    »Sie hätten mich sonst gekriegt!«
    »Gekriegt?«, schnaubt sie. »Ich glaube nicht, dass eine Bande blinder Obdachloser dich ›kriegen‹ kann.«
    »Was? Die sind doch nicht ...«
    Doch, sind sie. Jedenfalls die beiden Männer. Einer von ihnen ruft etwas in unsere grobe Richtung, aber er kann uns offensichtlich nicht sehen. Sein Gestammel bleibt unverständlich. Aber ich spüre seine Wut. Eine fast körperliche Wut, die auf eine bizarre Weise noch erschreckender ist, als von diesem brüllenden Elefantenwesen durch die Korridore gejagt zu werden.
    Die drei Zerlumpten tapsen am Rand des Parkplatzes umher und schimpfen leise vor sich hin. Ihre Haut hat einen grauen, modrigen Schimmer, wie Kartoffeln, die man im Schrank unter der Spüle vergessen hat. Die Lumpen, die sie als Kleidung tragen, haben einen ganz ähnlichen Überzug, und wenn sie sich bewegen, sieht es fast so aus, als ob sich Teile der Betonwände in chaotischen Mustern verschieben. Und sie haben graue Augen, Maulwurfsaugen, die in diesem schlecht beleuchteten Gewölbe verkümmert sind. Sie müssen schon seit Jahren hier leben.
    Ich weiß nicht, ob ich erleichtert, deprimiert oder entsetzt sein soll, dass wir nach diesem ganzen Gerenne immer noch in der gottverdammten Highgate Mall festsitzen. Wir müssen stundenlang im Kreis gelaufen sein. Vor einigen Jahren gab es Gerüchte über den Bau eines neuen Flügels des Einkaufszentrums. Ein paar Monate lang hörten wir bei der Arbeit in der Buchhandlung das unterirdische Dröhnen von Hämmern und Pressluftbohrern, doch dann kam die Finanzkrise und es wurde wieder still. Und die Gerüchte über den neuen Flügel versiegten

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