Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
hinein und stellen uns so hin, dass wir von draußen nicht bemerkt werden können. Wir tun so, als ob wir die Telefone betrachten. Was in den Vitrinen ausgestellt ist, vertreibt sofort jeden anderen Gedanken aus meinem Kopf. »Mein Gott. Sieh dir die Teile an, Rhoda!«
»Was ist damit?«
Solche Geräte habe ich noch nie gesehen. Die meisten Mobilteile – wenn es denn überhaupt welche sind – bestehen aus handtellergroßen Blöcken einer bunten gallertartigen Masse. Sie wirken wabbelig und klebrig. Freundliche helle Farben, aber keine erkennbaren Tasten oder Displays. Das müssen diese neuen Biotech-Handys sein, von denen ich in Wired gelesen habe – aber ich dachte, davon gäbe es erst ein paar Prototypen. »Die sind wunderschön, das ist damit.«
Rhoda erzeugt nur einen undefinierbaren Laut in ihrer Kehle und späht aus dem Fenster.
Erst jetzt bemerken wir die junge Frau hinter der Ladentheke. Sie zieht einen Gel-Kopfhörer aus ihrem Ohr und legt ihr Telefon auf den Tresen. Dort liegt es und wabbelt ein bisschen, bis es zur Ruhe kommt. Es schimmert grün und blau, ein unaufhörliches Spiel sauberer, klarer Kurven.
»Mann, das ist das coolste Handy, das ich je gesehen habe«, murmle ich.
»Hi. Was kann ich für Sie tun?« Das Mädchen klemmt sich das lange schwarze Haar hinters Ohr. Bei ihrem Lächeln durchströmt mich ein warmes Gefühl. Sie erinnert mich sehr an Lexy, die unten im Musikladen gearbeitet hat. Ein Gruftimädchen, vor dem ich immer ein bisschen Angst hatte, aber als ich irgendwann den Mut fand, sie anzusprechen, hat sie über meine blöden Witze gelacht, als hätte sie Angst gehabt, mich anzusprechen. Dieses Mädchen besitzt das gleiche Lächeln und die gleiche blasse, fast bläulich-weiße Haut. Ihre Augen sind auch eisblau und ich kann erkennen, dass sie sich nicht wie ein Grufti geschminkt hat – sie ist von Natur aus so. Selbst in dem unförmigen blauen Last-Call-T-Shirt schafft sie es noch, gut auszusehen.
»Ja, können Sie uns vielleicht ein Ladegerät leihen?«, bricht Rhodas Stimme den Bann. Sie hält der jungen Frau ihr Handy hin und ich fische meins aus der Tasche. Aber es müsste schon ein verdammtes Wunder sein, wenn das Problem nur bei den Akkus unserer Telefone läge.
»Wow«, macht die Verkäuferin und dreht Rhodas Handy in der Hand. »Das ist toll. Es ist so ... schwer. So hart. Wie dockt man es an?«
»Äh«, antworte ich, »ich glaube, es funktioniert etwas anders als die neuen.« Ich hätte wirklich gern eins von diesen Glibbertelefonen.
»Ich habe solche Geräte schon mal gesehen, müssen Sie wissen.« Sie kramt in einer Schublade hinter dem Ladentisch. »Andere Braune hatten sie bei sich.«
»Andere was? «, bellt Rhoda.
»Braune«, wiederholt die Frau mit süßem, unschuldigem Gesicht. »So wie Sie beide. Ich muss allerdings zugeben, dass ich in meinem Leben noch nicht viel mit Braunen zu tun hatte, und Sie sind die dunkelste, die ich je gesehen habe«, sagt sie zu Rhoda.
»Hör mal, du blöde Schlampe. Ich hab’s nicht nötig ...«
»Warte, Rhoda. Ganz ruhig. Ich bin sicher, sie ...«
Die Verkäuferin macht ein langes Gesicht voller echter Verwirrung und Zerknirschung. »Offenbar habe ich Ihnen Anlass zur Verärgerung gegeben, Ma’am. Das lag nicht in meiner Absicht. Ich entschuldige mich aufrichtig im Namen meines Repräsentanten und der Last-Call-Firmengruppe.«
»Dämliche bekloppte Kuh«, schimpft Rhoda leise. Das Mädchen wühlt weiter in der Schublade.
»Da!« Sie hält ein normales Nokia-Ladegerät hoch. »Ich wusste doch, dass es hier irgendwo rumliegt. Das hat ein Brau...« Sie schielt zu Rhoda, die noch immer kocht, sich aber unter Kontrolle hat. »... äh, ein Kunde hier zurückgelassen.«
»Danke, ich glaube, das wird gehen«, sage ich. Die junge Frau zieht einen anderen Gallertklumpen aus einer Schublade und beugt sich hinter den Tresen, um das Ladegerät an die Steckdose anzuschließen. Ich verbinde Rhodas Handy mit dem Gerät. Einige Sekunden später erhellt sich das Display des Telefons und das Ladesymbol blinkt.
»Prima, es funktioniert noch«, sage ich zu Rhoda, aber sie geht unruhig umher und steckt den Kopf zur Ladentür hinaus, um nach dem Wachmann Ausschau zu halten.
»Wissen Sie etwas über diese Abriegelung?«, frage ich die Verkäuferin.
»Was meinen Sie bitte?«
»Was glauben Sie, wann sie beendet sein wird? Wann wird das Einkaufszentrum geöffnet?«
»Geöffnet?«
»Mein Gott«, flüstert Rhoda von der Tür her, laut
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