Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
Einkaufszentrums passt. Nur dass Admirale nicht in eine Shoppingmeile in Joburg gehören, 600 Kilometer vom nächsten Meer entfernt. Und der arme Kerl macht so einen kränklichen Eindruck, dass er ganz bestimmt keinen Ladendieb jagen kann. Sein Gesicht ist tiefrot, als drohe er jeden Augenblick einen Herzinfarkt zu erleiden. Aber im Moment, so wie er sich über das Geländer beugt, fürchte ich eher, dass er gleich herunterfällt.
Wir verlassen vorsichtshalber die potenzielle Absturzregion.
»Rütteln Sie nicht an der Tür!«, ruft der Mann mit bebenden Wangen.
»Entschuldigung. Können Sie uns helfen?«, bitte ich. »Äh, um welche Zeit wird die Tür geöffnet?«
»Geöffnet?«, fragt er, als wäre dieser Gedanke ganz neu für ihn.
»Ja. Wir müssen raus.«
»Sie wissen, dass Sie eine Zugangsberechtigung brauchen. Braune wie Sie haben keine Zugangsberechtigung.«
»Hat der sie noch alle?«, zischt Rhoda.
»Bleiben Sie, wo Sie sind«, befiehlt der Wachmann. Seine Medaillen klimpern, als er auf die Rolltreppe zustapft. »Sie müssen zur Aufsicht. Warten Sie dort. Ich komme runter. Und Sie, Dunkelbraune, treten Sie nicht gegen die Tür!«
»Glaubst du, sie haben das Gebäude wegen mir abgeriegelt?«, fragt Rhoda. »Was werden sie ...«
»Ganz ruhig. Eine Abriegelung ordnen die nur an, wenn etwas wirklich Ernstes passiert ist. Die wollen doch den Umsatz nicht gefährden. Bestimmt gibt es einen anderen Grund. Ein Banküberfall oder so. Passiert zweimal die Woche. Diesen ganzen Aufriss veranstalten sie ganz sicher nicht wegen dir. Du hast ja nicht mal was geklaut.«
»Schon, aber Fingerling und Gelbauge waren echt sauer auf mich. Und diesem Simon-Bastard hab ich in die Eier getreten.«
»Mach dir keinen Stress. Es ist nicht wegen dir. Wir werden alles mit dem Wachdienst klären.«
»Ich habe kein gutes Gefühl dabei, Dan.«
»Okay. Komm. Gehen wir zu Only Books. Da wird uns schon jemand sagen können, warum das Einkaufszentrum abgeriegelt wurde, und danach statten wir dem Wachdienst ’nen Besuch ab.«
Wir machen uns aus dem Staub, bevor Admiral Wichtigtuer uns erreicht. Als wir vor der Filiale ankommen, bemerke ich, dass jemand ein ›L‹ vor das ONLY des großen Ladenschilds gemalt hat: LONLY BOOKS. Einsame Bücher? Sehr witzig. Aber es sieht täuschend echt aus; Schriftart und Farbe passen perfekt. Das ist bestimmt Matt gewesen, der Kunststudent, der ein paar Monate hier gejobbt hat, bevor Bradley ihn rauswarf, weil er hinterm Ladentisch Kaugummi gekaut oder eine Kundin als Schlampe beschimpft hat oder so was Ähnliches.
Aber der Laden ist noch zu, die Glastür verschlossen. Das Licht brennt, aber ich kann drinnen niemanden sehen.
»Wow. Berufswunsch: böser Buchhändler«, sagt Rhoda und zeigt auf die Sachbücher, die im Hauptschaufenster des Ladens ausgestellt sind. Bestimmt Bradleys Idee. Fuck the Poor – Neurolinguistische Gehirnwäsche für faule Arschlöcher im vertrauten gelb-schwarzen Coverdesign. Stinkreich mit Gottes Hilfe und so weiter.
»Von den Büchern habe ich noch nie was gehört«, gestehe ich. »Ich kenne viele ähnliche, ja, aber nicht die.«
Aber Rhoda ist schon weitergegangen und rüttelt an der Tür, wobei sie immer wieder nervös über ihre Schulter blickt. Der Admiral stapft vom anderen Ende der Hauptpassage in unsere Richtung. Ich klopfe an die Tür. Nichts. Ich klopfe lauter. Der Laden öffnet doch bestimmt gleich. Also muss auch jemand da sein. Ich klopfe dreimal, und endlich steht jemand hinter der Ladentheke auf. Aber es ist niemand, den ich kenne. Er trägt einen gottverdammten Anzug mit Schlips. Meine Güte, das muss einer von Bradleys neuen Rekruten sein. Er sieht aus wie ein Zeuge Jehovas und ist – neben Schönheitsköniginnen in Miniröcken – Bradleys feuchter Traum des perfekten Angestellten. Er steht stocksteif und glotzt uns fromm an, rührt sich aber nicht.
Ich gestikuliere ihm, dass er uns reinlassen soll, aber er bewegt sich nicht. Wichser.
»Verdammt, Dan«, schnaubt Rhoda. Der Admiral kommt immer näher. »Wir können hier nicht den ganzen Tag rumstehen! Lass uns abhauen.« Ich flitze hinter ihr her in einen Seitengang.
»Hier rein.« Rhoda deutet auf den einzigen geöffneten Laden, den wir bisher gesehen haben. Ich zögere und betrachte das Ladenschild. Es ist dasselbe blaue Logo wie von Vodacom, aber der Name lautet Last Call . Was ist das denn nun wieder? Den Werbefritzen, der sich das ausgedacht hat, sollte man fristlos feuern.
Wir flüchten
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