Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
bis Sie zum Management kommen. Es ist im Goldenen Turm.«
»Ich mag keine Aufzüge.«
»Keine Sorge. Die hier sind sehr schnell. Und sie haben Musik.«
Ich beiße mir auf die Zunge und zwinge mich, ihr zu folgen. Alles wird gut, nichts wird passieren. Ich tue, was sie von mir verlangen, passe mich an, spiele nach den Regeln. Ich werde von einer von ihnen begleitet. Es gibt keinen Grund, zu befürchten, dass sie jetzt irgendwelche komischen Sachen mit mir anstellen.
Die Musikberieselung im Aufzug hält sich im Hintergrund. Colt starrt blicklos die Türen an und fummelt müßig an ihrem Haar herum, das über die Wunde an ihrem Hals hängt, während sie die Panflöten-und-Synthesizer-Version von Nine to Five mitsummt. Es gibt keine Anzeige, die uns verrät, in welcher Etage wir uns befinden. Eine oder zwei Minuten surrt der Fahrstuhl gleichförmig, dann öffnen sich zu meiner großen Erleichterung die Türen. Wir treten in einen geräumigen Rezeptionsbereich mit edlem Marmorboden. Auf einem großen Schild hinter einem langen Empfangstresen steht ›Personal‹. Mein Herz hämmert. Wir sind in der Höhle des Löwen. Ich kann es fast spüren, kann beinahe den Geruch des Bösen wittern, der aus der Marmorfassade zu sickern scheint.
Helles Licht fällt durch eine Reihe von Fenstern zu unserer Linken. Ich lasse Colt am Empfang allein und eile dorthin, in der Hoffnung, einen Blick auf Johannesburg werfen zu können, mich zu orientieren, irgendeine Vorstellung davon zu bekommen, wo ich verflucht noch mal bin – oder sogar einen Fluchtweg zu finden. Aber die Fenster sind lediglich auf eine andere Häuserwand mit beleuchteten Werbeplakaten ausgerichtet. Auf einem von ihnen ist das amputierte Uhren-Model zu sehen, diesmal rekelt sie sich auf Sitzbank und Lenker eines verrosteten Motorrads. Als ich zum Empfangstresen zurückkehre, redet Colt gerade mit einer Person, die eine orangefarbene Perücke und einen teuren maßgeschneiderten Anzug trägt. »Ich bürge für einen Braunen bei einer Bewerbung.«
»Wie heißt es?«
»Daniel ...«
»Jacobson«, ergänze ich. Die Frau – ich glaube, es ist eine Frau – sieht mich nicht an.
»Und es ist ein Er«, fügt Colt hinzu. Sie sagt es in so neutralem Ton, dass ich nicht weiß, ob sie vorlaut ist oder nur eine demografische Tatsache festhält.
»Wirtschaftseinheit?«, fragt die Rezeptionistin.
»Einzelhandel. Bücher.«
Die Rezeptionistin tippt etwas in ihren Computer ein, dann sieht sie mich schließlich an. Ich blicke in leere, schwarze Augen in einem grauen Gesicht unter der absurden Neon-Perücke. Ihr steinernes Gesicht bestätigt mir, was ich bereits über das Management weiß: Wenn man sich mit ihm anlegt, wird man es bereuen. Es ist grausam und unerbittlich.
Sie richtet einen Klumpen Gel auf mich, anschließend stochert sie noch einmal auf der Tastatur herum. »Ja. Okay. Es ist eines von zwei Braunen, die heute hereingekommen sind. Wir werden seinen Status entsprechend des Ergebnisses der Bewerbung aktualisieren. Das andere wurde als Shopper eingestuft.«
»Wow!«, ruft Colt. »Das haben Sie mir gar nicht erzählt, Daniel! Sie ist ein Shopper! Wow!« Sie strahlt verträumt, wie ein Teeniegirl vor dem Poster eines halb nackten Filmvampirs. »Ich gäbe alles dafür, ein Shopper zu sein. Und Sie kennen sogar einen!« Orangehaar räuspert sich mit einem Geräusch, das wie eine Kollision von Käsereibe und Musikknochen klingt, und Colt verstummt.
»Ich habe den Kontakt zu ihr verloren«, sage ich. »Ich dachte, sie wollte das Einkaufszentrum verlassen.«
»Verlassen?«, fragt Colt in ihrem üblichen verwirrten Ton.
Die Rezeptionistin wirft Colt einen finsteren Blick zu und verzieht das Gesicht. Braune! Alles Lügner und Dummköpfe.
»Bitte erscheinen Sie in fünf Momenten in Begrüßungsraum 387.« Sie schickt uns in die Wartezone.
Colt flüstert mir zu: »Ich hätte nie gedacht, dass Ihre ... Bekannte ... eine Shopperin sein könnte. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber sie erschien mir ein wenig ... rau. Aber jetzt, wo ich so darüber nachdenke, scheint sie mir das richtige Aussehen zu haben. Sie hat eine perfekte Hungerfigur und sogar natürliche Vernarbung. Gott, manche Leute zahlen ein Vermögen, um so etwas machen zu lassen! Wissen Sie, als ich ...«
Sie beginnt zu schwafeln, aber ich unterbreche sie. »Ich weiß nicht, was das bedeutet – Shopper. Heißt das, dass es ihr gut geht? Was passiert mit ihr? Kann sie hier raus? Wo kann ich sie finden?«
»Sie
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