Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
vor Ende der Pause. Noch fünf Momente.
»Warum, Sir? Warum sollte ich das tun?«
»Was würden sie mit dir machen? Das Management, meine ich.«
»Machen? Nichts, Sir. Ich bin keine Braune – das ist nicht böse gemeint –, ich muss nicht arbeiten. Aber ich muss konsumieren. Und ohne Arbeit kann ich nicht konsumieren. Wirklich, Sir, was sollte ich sonst tun?« Versuchen ihre Augen, mich zu erreichen? Fleht sie mich an, ihr einen Rettungsanker zuzuwerfen? Ihr eine Alternative zu bieten?
»Colt. Vielen Dank für alles. Ich wollte nur ... Danke sagen.«
»Es war mir eine Freude, Ihnen behilflich zu sein. Beehren Sie uns bald wieder.«
Ich will es nicht dabei belassen. Erneut verspüre ich diesen mächtigen Drang, an die Arbeit zurückzukehren. Ich kann mich mit Colt in den Speisenpausen treffen. Ihr wird nichts zustoßen. Aber ich blicke aus dem Fenster und sehe Rhoda vor einer Art Plakattafel stehen, und ich erinnere mich an ihre Worte und an den winzigen Funken in ihren düsteren Augen, als sie sie ausgesprochen hat:
Wenn wir es jetzt nicht tun, tun wir es nie.
Ich verlasse den Telefonladen und gehe zu Rhoda.
»Das bringt nichts. Sie ist eingeklickt und kann uns nicht helfen.«
»Macht nichts«, sagt sie mit einem Grinsen in der Stimme – die erste normale Rhoda-Reaktion, die ich von ihr mitbekomme, seit sie mich gefunden hat. Sie deutet auf das Plakat, und ich erkenne, dass es in Wirklichkeit gar kein Plakat ist, sondern ein Lageplan. »Da ist es.« In fröhlich geschwungenen blauen Buchstaben stehen dort die Worte ›Tür 72, Zweites Untergeschoss‹, und ein Pfeil weist netterweise auf eine schmale Nische zwischen zwei Läden. So einfach kann das doch nicht sein, oder? Es ist nicht das Wie, es ist das Warum . In meinem Kopf sind noch immer zu viele Stimmen.
»Kommst du?«, fragt Rhoda. Sie ist schon ein Stück vorausgegangen. Diesmal werde ich sie nicht entwischen lassen. Ich trotte hinter ihr her. Sie lächelt – ein müdes, angestrengtes Lächeln –, schält sich die Stiefel von den Füßen und lässt sie mitten auf dem Weg liegen.
»Mein Gott, diese Napumla ist wirklich völlig verkorkst«, meint sie, als wir zur abwärtsführenden Rolltreppe joggen. »Man sollte doch meinen, dass sie froh ist, mal wieder andere Leute von ... da oben zu sehen. Andere Braune. Ich weiß nicht, ob sie sauer gewesen ist oder Angst hatte – oder ob es ihr einfach nur peinlich war.«
»Vielleicht wird sie nur nicht gerne daran erinnert, woher sie stammt. Du verspürst doch wohl nicht den Wunsch, so zu werden wie sie, oder?«
»Ich bin schon wie sie«, flüstert Rhoda, und eine Sekunde lang bin ich mir nicht sicher, ob ich sie richtig verstanden habe.
Rhoda bleibt wie angewurzelt stehen. »Scheeeeiße«, haucht sie.
Wir haben es gefunden. Von der Rolltreppe runter, zweimal links abbiegen, genau wie auf der Karte eingezeichnet. In einer kleinen, schmalen Nische eine Tür: U II 72.
Rhoda ist bereits dabei, eine Nachricht in ihr Handy zu tippen. Sie zeigt mir das Display: Wir möchten gehen. Öffnen Sie die Tür .
»Ist das gut so?«, fragt sie. Aber sie drückt bereits auf Senden, bevor ich antworten kann. »Meinst du, ich hätte Bitte sagen sollen?«
Ich mache mir mehr Sorgen darum, was hinter der Tür liegt. Der Hüter? Nennen sie so das sabbernde Monster, das durch die Gänge schleicht? Ich weiß nicht, ob ich genügend Nervenstärke habe, um das alles noch einmal durchzustehen. Wann habe ich das letzte Mal etwas gegessen oder getrunken? Ich muss meine Kräfte schonen. Essen und Ruhen müssen oberste Priorität besitzen. Wir müssen der Kreatur aus dem Weg gehen, statt uns ihr zu stellen. Irgendwie habe ich auf diesem Level des Spiels ein zusätzliches Leben bekommen. Dieses Mal muss ich mich schlauer anstellen und schneller reagieren.
»Bist du wirklich bereit dafür?«, frage ich Rhoda. Mein Handy summt leise. Ich ziehe es in der Jackentasche nach oben und sehe nach.
zeit abgelaufen
Ich stopfe es zurück in die Tasche, ohne Rhoda die Nachricht zu zeigen.
Sie schaut auf. »Ich weiß es nicht.«
»Ich auch nicht.«
Rhoda lächelt und drückt meinen Arm. »Wir schaffen das. Wir sind ein gutes Team. Außerdem habe ich Kippen mitgebracht.« Sie schüttelt die große Tragetasche, die über ihrer Schulter hängt. »Ziemlich starkes Zeug. Und sieh mal, was ich noch habe.« Sie wühlt darin herum und holt das Messer heraus.
»Cool«, sage ich. »Kippen und ein Messer, perfekte Items zur Steigerung der
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