Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
Lebenspunkte.«
Sie wirft mir einen ihrer ›Laber-nicht-so-eine-Scheiße‹-Blicke zu. Die alte Rhoda ist zurück. Vielleicht hat sie recht. Vielleicht schaffen wir es.
Ihr Handy piept. Sie gibt es mir. »Ich kann nicht«, sagt sie nur.
Es ist noch warm von ihrer Hand, und für ein paar Sekunden vermeide ich es, hinzusehen. Ich muss mich erst vorbereiten. Ach, egal: Ich weiß doch, was ich zu erwarten habe. Es sind Arschlöcher. Sie werden uns mit irgendeiner Schikane kommen. Ich lese die Nachricht.
seid ihr sicher?
Ich gebe ihr das Telefon zurück.
»Das ist alles?«, fragt sie. »Fuck.«
»Napumla sagte, wir müssen wahrheitsgemäß antworten.«
»Und das werden wir auch tun.« Aber sie macht keine Anstalten, etwas einzutippen. »Also, Dan. Jetzt ist es so weit. Bist du sicher?«
Ihre Augen erforschen mein Gesicht, und ich spüre, dass da ein Teil von ihr ist, ein kleiner Teil, der möchte, dass ich Nein sage. Der hierbleiben möchte.
Ich öffne den Mund, um zu sagen, was ich denke, was ich wirklich denke, nämlich, dass ich mir nicht sicher bin. Dass ich es leid bin, wegzulaufen. Dass ich es leid bin, Angst zu haben. Dass ich jetzt wirklich an meinen Arbeitsplatz zurückkehren sollte.
»Dan? Was ist jetzt? Ja oder nein?«
Dies ist der Moment. Sag die Wahrheit.
»Ja«, flüstere ich. Sie blinzelt, und ich weiß nicht, ob sie erleichtert oder enttäuscht ist.
Sie tippt: ja
Und drückt Senden .
Die Tür klickt und schwingt weit auf. Das Licht, das durch die Öffnung fällt, beleuchtet einen kleinen Streifen nichtssagenden Betons. Wir gehen hindurch. Hinter uns knallt die Tür mit unmissverständlicher Endgültigkeit zu. Rhoda probiert, sie zu öffnen, aber sie ist fest verschlossen. Es gibt kein Zurück.
Rhoda lässt ihr goldenes Zippo aufschnappen und regelt die Flamme hoch. Ich erkenne die Umrisse einer weiteren Tür, einige Schritte vor uns. Ich drücke die Klinke und die Tür lässt sich öffnen. So einfach kann es doch nicht sein, oder? Es ist nicht das Wie, es ist das Warum .
Ich ziehe die Tür auf.
»Das kann doch nicht wahr sein«, keucht Rhoda.
Ich bin sprachlos. Ich weiß genau, wo wir sind. Ich spüre es tief in meinem Inneren.
Wir sind zu Hause.
Teil 2 >>
Kapitel 23: RHODA
Ich zögere eine Sekunde, bevor ich das Zimmer betrete, und lausche, ob das beruhigende Brummen des Staubsaugers noch im Hintergrund zu hören ist. Jepp, alles klar. Ich mache mir keine Sorgen, dass man mich erwischen könnte. Vorhin habe ich gehört, wie Dans Mutter (»Nennen Sie mich Rose«) ihre Instruktionen auf Florence abgefeuert hat, bevor sie das Haus verlassen hat. Aus Erfahrung weiß ich, dass sie mindestens eine Stunde weg sein wird. Ich schiebe die Rattenhunde mit dem Fuß zur Seite, damit sie mir nicht folgen, dann schließe ich die Tür hinter mir und schaue mich um. Roses Schlafzimmer sieht genauso aus, wie ich es erwartet habe: Unmengen an großen Kissen, pfirsichfarbene Seidenvorhänge und ein Teppich, so dick, dass man eine Leiche darin verstecken könnte.
Draußen jaulen die Rattenhunde und kratzen an der Tür, also öffne ich sie einen Spaltbreit, um die verzogenen kleinen Mistviecher reinzulassen. Clarissa, die kleinere der beiden und eine Art Miniatur-Inzuchtpudel, blinzelt mich aus tränenden Augen an, bevor sie ins Zimmer huscht und mühsam aufs Bett krabbelt. Sofort ist der Raum von ihrem ekelhaften Gestank erfüllt. Sie ist weit über ihr Verfallsdatum hinaus und mit Knötchen und Schwellungen übersät, die ganz bestimmt Krebsgeschwüre sind. Die andere – Lulu, eine etwas weniger klapprige Version, aber genauso abstoßend – bleibt zögernd an der Tür stehen und knurrt leise.
»Halt deine verdammte Klappe«, zische ich sie an. Sie jault noch einmal und schleicht sich davon, um am Treppenabsatz zu warten. Ich hätte nicht übel Lust, sie die Treppe hinunterzukicken, aber es ist nicht ihre Schuld, dass sie ein Rassist ist. Schlechte Erziehung.
Wo soll ich anfangen? Ich entscheide mich für den Nachtschrank. Ich muss mich anstrengen, um die Schublade aufzuziehen – sie klemmt nach langer Nichtbenutzung –, doch dann springt sie plötzlich heraus und verteilt fast ihren Inhalt über den Teppich. Es ist nicht viel drin. Ein paar alte Quittungen, zwei Hormonpflaster und ein vergessener Jodi-Picoult-Roman. Kein Bargeld, kein Vibrator, nicht mal ein elendes Tagebuch. Langweilig.
Als Nächstes die Kommode. Roses Unterwäsche gehört überwiegend zur überdimensionalen beigen
Weitere Kostenlose Bücher