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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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oder? Kannst du das nicht auch für Vika tun?«

    Endlich erwidert der Loser meinen Blick. »Leonid, ich habe dir nichts gegeben. Ich habe nicht das Recht, mich in euer Leben einzumischen.«
    »Aber …«
    »Du hast das selbst geschafft. Allein. Du hast früher nur nicht daran geglaubt, dass es möglich ist. Du brauchtest ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt. Als du mich getroffen hast, da hast du dieses Ziel gefunden. Mit einem Mal hast du geglaubt, dass die Zukunft noch offen ist, dass die Welt kein Kartenhaus ist, dass sie nicht in die Tiefe stürzt. Ich habe dir lediglich geholfen, zu diesem Glauben zu gelangen.«
    Ich schüttle den Kopf. Nein, das stimmt nicht! Allein hätte ich das nie im Leben geschafft!
    Der Loser hält meinem Blick stand.
    »Du verdankst mir nichts, Leonid. Nichts, außer Schwierigkeiten. Tut mir leid. Aber ich habe nicht das Recht, solche Geschenke zu machen.«
    »Hör mal, Freundchen, bring ihn nicht auf die Palme!«, interveniert Vika in scharfem Ton.
    »Loser … Alien …« Ich lege ihm die Hand auf die Schulter. »Irgendwann musst du sowieso mit der Sprache herausrücken. Du musst sagen, wer du bist, und zwar nicht uns, sondern Wissenschaftlern und Politikern …«
    Ich verstumme mitten im Satz.
    Der Loser schüttelt den Kopf. »Das muss ich keineswegs. Das ist sinnlos und unnötig.«
    »Aber der Kontakt …«
    »Der Kontakt?« Er lächelt. »Meinst du nicht, dass dafür ein funkelndes Raumschiff nötig ist, das auf der Wiese
vorm Weißen Haus landet? Eine langbeinige Blondine, die einem violetten Krokodil im Raumanzug Blumen überreicht? Mit Rechnern und Geräten vollgestopfte Laderäume, eine galaktische Enzyklopädie, die in den tausendundersten synthetischen Diamanten graviert ist? Ein Mittel gegen Krebs und eine Technik, um das Wetter zu beherrschen? Oder nein, ich glaube dieser Kontakt sollte doch anders aussehen. Da sollten fliegende Untertassen ganze Städte verbrennen, und die Menschheit einen Partisanenkrieg gegen intelligente Quallen führen. An dieses Szenario würdet ihr vermutlich eher glauben, oder, Leonid? Denk nur an diesen Mann, der die interstellaren Armeen kommandiert hat! Denk ans Labyrinth! Also, was ist ein Kontakt? Ein Kontakt ist, wenn du daran glaubst. Du hast an mich geglaubt. Du hast mich für einen Außerirdischen gehalten. Du hast daran geglaubt, dass es einen Kontakt gegeben hat …«
    »Aber wenn du zu uns gekommen bist«, schreie ich, »dann ja wohl, weil du uns etwas zu sagen hast!«
    »Nein.«
    Das war’s. Es hat keinen Sinn, diese Diskussion fortzusetzen.
    »Ich bin nur gekommen, um eine Weile hier zu leben. Du ahnst ja nicht einmal, wie verschieden wir sind, Leonid. Ich betrete die Erde nie, denn ich habe nichts, womit ich auftreten könnte. Ich reiche dir nicht die Hand, denn ich habe keine Hände.«
    »Trotzdem bist du in dieser Welt ein Mensch!«, insistiert Vika.
    »Natürlich. Denn wenn du wissen willst, was der Himmel ist, musst du zum Himmel werden. Wenn du wissen
willst, was ein Stern ist, musst du zu einem Stern werden.« Der Loser schielt zu mir herüber und lächelt. »Und wenn du wissen willst, was die Tiefe ist, musst du zur Tiefe werden. Ich bin zu einem Menschen geworden – soweit mir das möglich war.«
    »Und das ist deine Methode, etwas zu begreifen?«, fragt Vika ironisch.
    »Ja.«
    »Aber wieso solltest du uns überhaupt verstehen wollen, wenn wir so verschieden sind? Wenn wir einander sowieso nicht brauchen?«
    »Weil ich müde war. Weil ich zu lange allein war.« Das klingt, als entschuldige der Loser sich. Oder als wolle er Vika endgültig überzeugen. »Ich brauchte Erinnerungen … wie die an die Stadt und die Menschen, den Geschmack von Kaffee und den Geruch eines Lagerfeuers. Das war fremd für mich, wird jetzt aber für immer meins bleiben. Genau wie dein Unglaube und Leonids Glaube. Oder diejenigen, die mich getötet haben, und diejenigen, die mich gerettet haben. Ich wollte euch keine Schwierigkeiten machen und mich nicht in euer Leben einmischen. Das ist eine feste Regel … keinen Schaden anrichten.«
    »Deine Regel …«, bemerke ich.
    »Ja. Ihr lebt nach anderen Gesetzen. Ich maße mir nicht an zu entscheiden, welche besser sind.«
    »Du hättest keinen besseren Ort für deinen Besuch auf der Erde wählen können«, murmele ich. »Hier hast du Freiheit, hier mischt sich niemand in deine Angelegenheiten ein. Du findest alle Farben des Lebens, von Schwarz bis Weiß.«

    »Natürlich.«
    »Nur dass

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