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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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bin ich wieder«, teile ich ihr mit.
    Vika schließt ganz kurz die Augen, um in die Tiefe zurückzukehren.
    »Wirklich komisch«, wiederholt sie. »Irgendwie habe ich …«
    »… einen Palast erwartet?«
    »Nicht unbedingt. Aber doch etwas …«
    »Etwas wie deine Berghütte?«
    Sie nickt bloß. Ich verstehe ihre Verwirrung gut, schließlich ist sie sicher gewesen, ich sei ebenfalls ein Raumdesigner. Und dann diese ärmliche Wohnung! Okay, sie ist ordentlich designt – aber sie verdient es weiß Gott nicht, in der virtuellen Welt verewigt zu werden.
    »Komm, ich zeig dir was«, fordere ich sie auf. »Loser, wir sind mal kurz weg! Wenn was ist, du findest uns im Treppenhaus!«

    Vika folgt mir ohne Widerspruch.
    Auf dem Treppenabsatz ist es sauber und ruhig. »Pst!« Ich lege den Finger an die Lippen. »Wir wollen doch niemanden stören!«
    »Aber du hast doch gesagt, hier ist niemand«, flüstert Vika.
    »Und wenn doch?«, antworte ich geheimnisvoll. Ich gehe zur Tür gegenüber und ziehe einen gebogenen Draht aus der Hosentasche. Ungefähr so stelle ich mir einen Dietrich vor.
    Vika beobachtet mich gespannt.
    Ich stochere mit dem Draht im Schloss herum. Natürlich gibt es nach, denn genau daran habe ich gedacht. Wir treten ein.
    Es ist eine große Dreizimmerwohnung. An der Garderobe hängen Mäntel und Jacken, an der Wand lehnt ein Kinderfahrrad, daneben stehen kreuz und quer Schuhe. Ich reiche Vika ein Paar Hausschuhe und ziehe mir selbst welche an. »Bei ihnen ist es üblich, Pantoffeln anzuziehen«, erkläre ich. »Hier wohnt eine große Familie, mit vier Kindern, man würde sonst den ganzen Dreck reinbringen. Außerdem sind die Böden kalt.«
    Schweigend akzeptiert Vika die Spielregeln.
    Ich spähe in die Küche. Eine alte polnische Einrichtung, noch aus Sowjetzeiten. Jede Menge Einweckgläser mit Gemüse und Marmelade. Auf dem Herd kocht ein Topf mit Borschtsch, in einer Pfanne brutzeln Hacksteaks. Durchs Fenster ist eine ruhige grüne Gasse zu erkennen. Vika presst sofort ihre Stirn gegen die Scheibe. Auf dem Spielplatz toben Kinder, eine Frau führt direkt vorm Haus ihren alten, schwerfälligen Pudel spazieren.
    »Wer wohnt hier?«, fragt Vika.

    »Ich kenne nur ihre Namen. Viktor Pawlowitsch und Anna Petrowna. Die älteste Tochter heißt Lida, sie macht gerade ihren Schulabschluss. Dann sind da noch die drei Jungen, Oleg, Kostja und Igor.« Nach kurzem Zögern füge ich hinzu: »Ihr Pudel heißt Gerda. Ich mag es ja eigentlich nicht, wenn man einem Hund einen Menschennamen gibt, aber sie wollten es so.«
    »Und was ist das für eine Stadt?«
    »Wizebsk. Glaube ich jedenfalls.«
    Vika wendet sich von mir ab. »Dreh dich nicht um«, verlangt sie streng.
    Sie verlässt die virtuelle Welt, um die Küche zu begutachten. Dann taucht sie erneut in die Tiefe ein und sieht mich an. »Und so ist es überall?«
    Ich nicke.
    »Wohnungen, die leben, in denen es aber keine Menschen gibt?«, flüstert Vika. »Ein Hemd über der Stuhllehne, Spielzeug auf dem Boden, ein verstopfter Wasserhahn und Müll … den ein Junggeselle unters Sofa geschoben hat? Ist es das, was du willst?«
    Ich hülle mich in Schweigen.
    »Ist mit dir eigentlich alles in Ordnung, Ljonka?«, fragt sie leise. »Ich habe Berge geschaffen, die nie ein Mensch betreten hat und auch nicht betreten sollte. Das ist vermutlich auch etwas merkwürdig. Aber ich mag Menschen nun mal nicht besonders.«
    »Das ist gelogen«, widerspreche ich.
    »Aber du hast ein Haus gebaut, in dem nie ein Mensch wohnen wird. Nein, ein Haus, in dem es aussieht, als ob ein Mensch darin wohnt. Denn im Aschenbecher qualmt
eine Pfeife und auf dem Herd kocht der Teekessel. Was ist das, ein Plattenbau à la Mary Celeste ? Wozu brauchst du das, Ljonja?«
    »Ich hatte nicht das Recht, hier tatsächlich Menschen einzuquartieren. Mir ihre Charaktere und Figuren, mir ihren Kummer und ihre Freude auszudenken. Deshalb soll es ruhig so sein. Nur mit Sachen. Sie erzählen schließlich auch eine Menge.«
    Da ich fürchte, dass sie mich nicht versteht, jedenfalls nicht hundertprozentig, platze ich heraus: »Ein Stockwerk unter mir wohnt ein junger Typ, ein Musikfan. Er ist aus Podolsk. Manchmal vergisst er alles um sich herum und dreht seinen CD-Player derart auf, dass ich auf den Boden klopfen muss. Aber er ist kein schlechter Junge, er macht die Musik dann sofort leiser. Er hat eine vorzügliche Sammlung, Kassetten und Vinyl und CDs, von allem etwas, aber hauptsächlich Vinyl. Platten sind

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