Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
Vom Netzwerk:
runter.«
    »Ach, du willst Tonic dazu?«, erkundigt sich Romka. »Mir schmeckt er so ja ganz gut.«
    Kurzerhand schüttet er einen Großteil des Gins auf den Boden, um das Glas mit Tonic aufzufüllen. Als er mir den Drink erneut hinhält, lehne ich nicht ab, sondern trinke und spüre, wie sich eine wohlige Wärme in meinem Körper ausbreitet.
    »Wie bist du reingekommen?«, fragt Romka. »Die Tür war doch abgeschlossen!«
    Es würde zu weit führen, ihm zu erklären, warum verschlossene Türen für mich kein Hindernis mehr darstellen. Deshalb fege ich die Frage mit einer lässigen Handbewegung gleichsam vom Tisch und leere das Glas.
    »Und wie hast du mich gefunden?«
    »Also … da habe ich mir was einfallen lassen«, antworte ich vage. Zum Glück freut sich Romka zu sehr über mein Auftauchen, als dass er nachhaken würde.
    »Bist du diesem Dreckskerl entwischt?«, will er wissen.
    »Mhm.«
    »Dieses Schwein«, poltert Romka. »Der hat mir ordentlich was verpasst!«
    »Und? Wie bist du mit dem Virus fertiggeworden?«
    »Das Ding war okay, alles im Rahmen der Konvention. Meine Kiste ist abgestürzt, aber nach dem Rebooten war das Virus runter. Fies war’s trotzdem!« Romka lacht gezwungen. »Tolle Feinde hast du dir da ausgesucht, Ljonja!«

    »Neidisch?«
    »Klar«, gesteht Romka. »Aber ich habe wirklich Angst gehabt, dass ihr es nicht schafft abzuhauen.«
    »Doch, haben wir.«
    »Deine Freundin ist klasse.« Romka zwinkert mir zu.
    Ich nicke und sehe mich nun aufmerksamer um.
    Es ist wirklich etwas merkwürdig, wie Romka haust. All diese Playmates an den Wänden, der ganze Alk und die Zigarren auf dem Tisch, die neuesten Nummern des Playboy und die Musikmagazine für Teenies auf dem Bett …
    Romka wendet den Blick ab.
    »Stör ich eigentlich?«, frage ich.
    Der Werwolf schielt zum Rechner, über dessen Bildschirm die Zeilen eines einfachen Programms laufen.
    »Nein … ich bereite mich auf eine Prüfung vor … halb so wild.«
    »Was für eine Prüfung?«
    »In Informatik.«
    »Wie alt bist du, Romka?«, frage ich.
    »Fünfzehn.«
    Ich kriege einen Lachanfall und schere mich nicht mehr darum, dass der Mann mir gegenüber finster die Zähne aufeinanderbeißt. Ich kann überhaupt nicht mehr aufhören. Romka steht auf, zündet sich eine Zigarre an und gießt sich Gin ein. »Was ist daran so komisch?«, fragt er schließlich.
    »Romka …« Ich weiß, wie mies dieses Gelächter ist, aber ich kann es einfach nicht unterdrücken. »Hast du je gläserweise Wodka oder puren Gin in dich reingeschüttet?«
    »Nein.«

    »Dann versuch es auch gar nicht erst. Ich bin ein Idiot, dass ich das nicht gleich begriffen habe. Du … du verhältst dich viel zu männlich, um ein erwachsener Mann zu sein!«
    »Dann merkt man mir also an, dass ich erst fünfzehn bin?«, will Romka bedrückt wissen.
    »Nicht sehr. Allerdings ist es irgendwie ungewöhnlich …«
    »Wieso das? Unter den Werwölfen gibt es etliche, die noch zur Schule gehen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Also … wir sind untereinander wahrscheinlich offener. Wer über achtzehn ist, kann in der Regel nicht in einen Tierkörper schlüpfen. Für uns ist das aber überhaupt kein Problem.«
    Die Elastizität. Das liegt an der Elastizität ihrer Psyche. Ich sehe Romka an und begreife mit einem Mal, dass unter meinen Diverfreunden vermutlich viele Teenies sind. Sie sind so begeistert, wenn sie dreckige Witze erzählen und ihre Coolness zur Schau tragen. In diesem Alter überwindest du die Hürden des Deep-Programms viel selbstverständlicher. Außerdem sind diese Teenies mit Filmen und Büchern über die virtuelle Welt groß geworden, sie wissen, dass Deeptown nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herzen gezeichnet ist. Deshalb ertrinken sie nicht.
    Vielleicht wird es in Zukunft mehr von ihnen geben, vielleicht werden wir Diver uns dann nicht mehr verstecken.
    »Gehst du von deinem Rechner aus in den virtuellen Raum, Romka?«

    »Von dem meines Vaters. Ich kriege immer was zu hören, wenn sie mich in der virtuellen Welt erwischen. Mein Vater denkt, dass es hier nur wilden Sex und Schlägereien gibt. Deshalb muss ich immer mit einem Bein in der Realität bleiben, um mitzukriegen, was um mich herum passiert oder ob jemand nach Hause kommt.«
    »Jedenfalls freue ich mich, dass du so glimpflich davongekommen bist.«
    »Und ich erst!«, erwidert der Werwolf. »Ich hab zwar einen Streamer, trotzdem war es schwer, wieder alles hinzukriegen. Bist du extra gekommen, um

Weitere Kostenlose Bücher