Labyrinth der Spiegel
beäugte.
»Noch nicht.«
»Ich hab ein paar Flaschen Baltika.«
»Hier ist Guinness drin«, erklärte ich stolz.
Maniac warf einen skeptischen Blick auf den Kanister. »Banause!«, brummte er.
Ich folgte ihm in die pieksaubere Küche und fragte ängstlich: »Wo ist denn Galka?«
»Bei ihrer Familie.«
»Habt ihr euch gestritten oder was?«
»Warum sollten wir?«, ging Maniac in die Luft. »Kaum ist die Frau mal nicht da, heißt es gleich: gestritten! Sie wollte ihre Mutter besuchen … allerdings haben wir uns auch ein bisschen gefetzt.«
»Wieso das?«
»Ich … bin im Puff gewesen.«
Ich nickte. Es war schwer, in der Tiefe zu leben und gleichzeitig verheiratet zu sein.
Aber was sollte das schon für ein Seitensprung sein, wenn man in ein virtuelles Bordell ging? Da ist doch sowieso nichts echt!
Wir setzten uns an den Tisch. Maniac kramte im Kühlschrank und holte ein Paket Würstchen und ein Stück
Käse heraus. Aus seinem Zimmer schleppte er zwei große Tonkrüge an. Feierlich goss ich das Bier ein.
»Das ist ja tatsächlich Guinness«, sagte Maniac. »Hätt ich nicht gedacht!«
»Auf die Liebe, Schurka!«
»Mhm«, knurrte Maniac. Er leerte den Krug und rülpste. »Ja. Die Liebe. Scheiße, ich hab echt Mist gebaut! Ich musste ein paar Typen loswerden, die ich an der Backe hatte … ein Paar Lamer … da bin ich einfach in die Wilden Erdbeeren rein …«
»Aber das hat nichts gebracht?«
»Hör mal! Bei dem Sicherheitssystem, das ein virtuelles Bordell hat!«, entgegnete Maniac. »Da tauchen doch ständig Senatoren auf, Dumaabgeordnete, Geschäftsleute … jede Menge Geldsäcke halt. Da wird schon dafür gesorgt, dass dir niemand folgt.«
Ich schüttelte den Kopf. Das hatte ich tatsächlich nicht gewusst. So peinlich es auch war, das zuzugeben, aber diese Etablissements besuchte ich nie.
»Ich wollte ein halbes Stündchen warten«, fuhr Maniac mit seinem Bericht fort. »Und ich wollte nicht wie ein Idiot dastehen, indem ich allein blieb! Also hab ich ein Mädchen kommen lassen. Wir haben zusammengesessen, Bier getrunken … Guinness übrigens!«, präzisierte er in einem Anfall von Offenheit. »Alles Weitere … hat sich irgendwie ganz von selbst ergeben … und genau im interessantesten Moment … batz!, krieg ich eins in die Fresse! Die Frau küsst mich, und mir tut alles weh! Es folgt ein außerprogrammmäßiger Austritt aus der Tiefe … denn Galka hat einfach den Helm aus der Schnittstelle gezogen.«
Er schenkte sich nach. Ich nickte mitleidig. Ein außerprogrammmäßiger Austritt, das war ziemlich unangenehm.
Für einen Non-Diver.
»Ihr werdet euch schon wieder zusammenraufen«, tröstete ich ihn. »Ist doch nicht das erste Mal, dass ihr euch zofft.«
»Aber das letzte Mal, wenn es nach ihr geht«, erwiderte Maniac finster. »Ein ganzes Jahr lang habe ich keinen Blick in einen der Puffs geworfen! Mein Anzug hat nicht mal einen Sexstimulator!«
»Meiner schon«, gestand ich. »Aber ich gehe trotzdem nicht in Puffs.«
»Solltest du aber. Solange du noch jung bist …«
Eigentlich war Maniac zwei Jahre jünger als ich. Aber er war ein ausgebuffter Hacker, ich ein Newbie. Außerdem war er verheiratet, sogar schon zum zweiten Mal.
»Komm schon, ist doch halb so wild. Morgen vertragt ihr euch garantiert wieder!«
»Klar«, bestätigte Maniac. »Und den Tag heute werd ich vermutlich auch rumkriegen …«
Wir grinsten uns wissend an und nippten an unserem Bier.
»Kaufe Galka doch einen Sensoranzug für Frauen«, schlug ich vor. »Nimm sie mit in die Tiefe , dann ist das alles kein Problem mehr!«
»Soweit kommt’s noch!«, polterte Maniac, den die Aussicht offensichtlich erschreckte. »Hast du mal die Weiber erlebt, die virtuellen Sex ausprobiert haben? Die haben
plötzlich eine andere … Psyche. Kein normaler Mann kann es ihnen danach noch richtig besorgen!«
Ich nickte, obwohl ich mir eigentlich keine Frau vorstellen konnte, die verrückt nach Cybersex war. Männer schon. Viele von ihnen hatten danach einen Knacks weg. Vielleicht ließ es mich deshalb kalt. Es ist eine Sache, mit einer abenteuerlustigen Frau herumzuexperimentieren, eine andere, sich mit einer Professionellen aus einem virtuellen Puff einzulassen.
»Prost!«, sagte ich.
Wir stürzten die Gläser auf ex hinunter und schenkten uns zum dritten Mal nach. Der Kanister wurde leerer, unsere Laune besser.
»Auf den Node 5030/207«, brachte Maniac den Toast aus. »Auf das gute alte Fido.«
Wir tranken
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