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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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saß mit ein paar Kumpels im Regenbogen , wir haben Bier getrunken und Räucherfisch gegessen … Als mein Fisch alle war, wollte ich mich bei Max bedienen …«
    »Max trinkt doch gar kein Bier!«
    »Er hatte eine Fiesta.«

    »Und dazu hat er Räucherfisch gegessen?«
    »Um nicht aufzufallen.« Maniac seufzte. »Jedenfalls habe ich mich zum Teller rübergebeugt … und plötzlich bin ich in echt zusammengezuckt. Ich bin sofort raus aus der Tiefe , und da habe ich gemerkt, dass ich das Kabel von der Maus durchgebissen habe! Und anscheinend sogar ein Stück verschluckt!«
    »Hast du Bauchschmerzen?«
    »Nein, bisher nicht …«
    Wir schenkten uns noch einmal ein.
    »Oder zum Beispiel das Labyrinth des Todes«, fuhr Maniac fort. »Kennst du es?«
    »Ja.« Im Nu war ich nüchtern.
    »Vor einer Weile wollte ich mal ein bisschen spielen. Ich habe mich sofort im siebzehnten Level eingeloggt. Was die da alles von dir wollen! Das ist ein Alptraum, kein Spiel! Jedenfalls bin ich völlig abgekackt!«
    »Das heißt?«
    »Ich konnte das nächste Level nicht erreichen. Und ohne das baut sich das Menü zum Verlassen des Spiels nicht auf.«
    »Und dann?«
    »Ich habe sechsunddreißig Stunden vor der Kiste gesessen«, knurrte Maniac. »Wir waren eine ganze Gruppe von … Idioten. Erst haben wir einfach rumgeballert, danach haben wir uns in irgendeinem Kellerloch verbarrikadiert, gesungen und Monster abgeschossen … bis endlich der Timer losging.«
    »Du hast deinen Timer auf sechsunddreißig Stunden eingestellt?«

    »Jetzt nur noch auf vierundzwanzig.«
    »Und was sagt Galka dazu?«
    »Also … sie war bei meiner Schwiegermutter … Ljonka, welches Zeitlimit stellst du auf deinem Timer ein?«
    »Den benutze ich gar nicht mehr«, gab ich zu.
    »Na klar… als Diver …« Schura lachte gezwungen. »Scheiße! Das hätte ich nie gedacht, auch wenn ich dich im Verdacht hatte!«
    »Mich?«
    »Wozu braucht ein Newbie denn Kampfviren und Gegengifte?«
    Meine gute Laune verflog. Etwas hatte sich in unserer Beziehung verändert. Zu schnell. Aber vielleicht renkte es sich mit der Zeit ja wieder ein …
    »Trotzdem habe ich von dem ganzen Computerkram keine Ahnung. Ich weiß bloß, wie du aus dem virtuellen Raum rauskommst, mehr nicht! Für mich ist ein Programm nichts weiter als ein Haufen sinnloser Symbole und eine exe-Datei.«
    »Schon gut«, erklärte Maniac. »Sag mal ehrlich, würdest du mit mir tauschen wollen? Was ist denn interessanter, die Tiefe zu kreieren – oder sie zu beherrschen?«
    Darauf erwiderte ich kein Wort.
    »Schenk mir ein!«, verlangte Maniac mit einem Stoßseufzer.

111
    Ich blieb bis zum späten Abend bei Maniac. Dem Guinness folgte Baltika 6, zum Nachtisch grub Schura eine Dose Kronenburg aus Roshdestwenskoje aus. Aber wir hätten auch irisches, Petersburger oder französisches Bier nicht verschmäht.
    Tief in meinem Herzen war ich froh, dass ich wenigstens einem Menschen die Wahrheit gesagt hatte. Meine Hackerfreunde teilten sich in zwei Gruppen: Die ersten konnten ein Geheimnis bis zur ersten Flasche Bier für sich behalten, die zweiten auch danach noch, denn sie schienen jedes Geheimnis einfach zu vergessen. Schura gehörte zur zweiten Gruppe.
    Zumindest er wusste jetzt, wofür ich all die Virensoftware brauchte, die ich ihm ständig aus den Rippen leierte.
    Wenn die Tiefe doch bloß nicht über diese Anziehungskraft verfügen würde!, sinnierte ich, als im Taxi nach Hause fuhr. Wie viel gerechter und einfacher dann alles wäre.
    Dann gäbe es diese unüberwindliche Trennung in Winner und Loser nicht mehr. Dann gäbe es diesen Wahnsinn
nicht – dass ein phänomenaler Programmierer nicht imstande ist, die Grenze zwischen Illusion und Realität zu überschreiten, während ein Blödmann wie ich diese Barriere nicht mal registriert.
    Es gäbe keinen Neid aufeinander, es gäbe nicht diese ewige Jagd.
    Aber bin ich etwa daran schuld? Ich weiß ja selbst nicht, warum das alles so ist, welcher Fehler im Bewusstsein dahintersteckt, der aus einem Menschen einen Diver macht. Und ein Fehler muss es sein, schließlich sind wir in der Minderheit. Andererseits wäre es völlig bescheuert, meine Fähigkeiten nicht zu nutzen. Und es wäre grauenerregend, sie der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen.
    Also müssen wir uns wohl damit abfinden. Der eine springt acht Meter weit, der andere schreibt Gedichte, und ein Dritter zeigt sich gegenüber dem virtuellen Raum immun. Aber warum sind wir so wenige? So wenige,

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