Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition)
Amelia.«
»Hi, ich ... wollte mich für Ihr letztes Buch bedanken. Und die wundervolle Widmung. Sie hat mich sehr berührt.«
»Das freut mich, ehrlich.«
Mit ruhiger Stimme las Dr Ryan ihren Schlusssatz vor. »Egal, was nun geschieht, Amelia, denken Sie immer daran: Wir haben ihn besiegt. Nicht mit dem Skalpell, nicht mit Medikamenten, Hormonen oder Strahlen. Nein, Amelia, mit Würde. Sie erhebt uns über ihn. Shainee.« Amelia stockte. »Das hat mir ... Kraft geschenkt ... Stärke ... Mut.«
»Sie denken an Jen«, sagte Shainee sanft.
»In den letzten Tagen, seit ich Ihr Buch gelesen habe, erinnere ich mich ständig an sie.« Amelia klang traurig.
»Tut mir leid, das wollte ich ni...«
»Schon gut«, fiel Amelia ihr ins Wort. »Es tut gut sich zu erinnern ... an die Liebe ... an das Glück. Und es ist wichtig, seinem Leben einen Sinn zu geben. Egal, wie lange es noch währt.«
»Stimmt, das habe ich geschrieben.«
»Seite 410, letzter Absatz. Ich hab geweint, als ich das Buch am Ende zugeklappt habe.« Amelia holte tief Atem. »Haben Sie schon ein neues Projekt begonnen?«
»Nein, noch nicht. Aber ich hab ein paar Ideen, über die ich während des Rückflugs nachdenken will.«
»Wo sind Sie gerade?«
»Papeete, Tahiti. Ich fliege in drei Stunden zurück nach San Francisco.«
»Und wie war Ihr Urlaub?«
»Viel zu kurz. Aber unbeschreiblich schön.«
»Das freut mich. Nach all den Strapazen der Thera...«
»Ich habe mich verliebt«, platzte sie heraus.
»Oh. Das ist ...« Ein leises Schnaufen. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll ...«
Nach kurzem Schweigen fragte sie: »Amelia? Wieso haben Sie neun Mal versucht, mich zu erreichen? Beim ersten Mal haben Sie mir eine Voicemail hinterlassen, dass Sie mit mir über mein Blutbild sprechen wollen.«
»Ich ... ja ...«
»Aber darum geht’s nicht, stimmt’s?«
»Nein ...«
»Okay, Amelia, raus damit: Was ist es?«
»Shainee ... Ich weiß, es ist nicht gut, am Telefon zu reden ... Ich würde Ihnen gern in die Augen schauen, um zu sehen, wie Sie das, was ich Ihnen gleich sagen werde, verkraften. Ich würde Sie gern hier bei mir haben, um Sie zu umarmen und zu trösten.«
Shainee atmete langsam ein und aus. »Also ein Rezidiv.«
»Tut mir leid.«
»Amelia, bitte!«
»Okay, wir konnten den Krebs nicht aufhalten. Er wächst sehr aggressiv weiter. Auf dem MRT, das vor einigen Tagen im UCSF Medical Center gemacht wurde, habe ich eine Lungenmetastase entdeckt, und vielleicht ist sie nicht die einzige. Ich habe vorgestern mit Dr Mandy Margolis und Dr Lynn McLeod telefoniert, und wir haben ...«
Shainee hörte nicht mehr zu.
Wie eine graue Betonwand schloss die Realität sie ein, und sie konnte dem Todesurteil nicht mehr entkommen. Sie konnte nur stehen bleiben und es mit Gelassenheit und Würde entgegennehmen.
Wie gelähmt stand sie am Fenster und blickte in eine Welt hinaus, in der sie nicht mehr lange leben würde. Das war so sicher wie die Tatsache, dass sie die Welt nicht anhalten und in die andere Richtung drehen konnte, damit die Sonne im Westen aufging und ihr letzter Tag niemals endete.
Ihr Körper schmerzte vor Anspannung, ihre Kehle brannte, aber ihre Augen blieben trocken.
Jetzt war es also so weit.
»Wie viel Zeit bleibt mir noch?«, unterbrach sie Amelia, die immer noch versuchte, sie mit medizinisch-therapeutischer Rationalität zu trösten. Worte, die wie die bitteren Pillen während der Chemo schmeckten. Gefühle, die so kalt waren wie die klimatisierte Luft im Bestrahlungsraum. Das alles noch mal? Aber wozu?
Amelia stockte, offenbar schockiert von ihrer Gefasstheit.
»Wochen?«, fragte Shainee.
»Ja klar, auf jeden Fall. Lynn und ich können Sie schon am Freitag operieren. Mandy und ich werden alles Menschenmögliche versuchen, um Sie ...«
»Monate?«
Atmen. »Nein, Shainee. Metastasierender Brustkrebs, der so aggressiv ist wie Ihrer, kann nur noch palliativ behandelt werden. Vor allem, wenn sich die Krebszellen wie bei Ihnen über die Blutgefäße ausgebreitet haben – ein Lymphknoten war ja bereits vor einem Jahr durchgebrochen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann der Krebs in andere Organe als die Lunge streut, in die Knochen oder ins Gehirn. Wir sprechen jetzt nicht mehr über Heilung, sondern nur noch über den Erhalt der Lebensqualität, so lange es eben geht. Wir werden versuchen, es Ihnen zu angenehm wie möglich zu machen, mit lebensverlängernden und schmerzlindernden Medikamenten.«
»Verstehe.«
Die
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