Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition)
verstand. Tim war auch traurig, sehr sogar. Da half kein »Ich hab dich lieb, mein Kleiner.« und kein »Ich hab dich auch lieb, Daddy.« Denn das mündete unweigerlich in die Frage: »Und Mummy? Was ist mit Mummy?« Tim hatte seine Tränen unterdrückt und das Gespräch rasch beendet, denn er wusste, wie sehr der Anblick eines weinenden Vaters Kinder erschrecken kann.
Er atmete tief durch.
Während er nach dem Skyponat überstürzt in die Stadt gefahren war, hatte er sich all die Dinge überlegt, die er mit Kyle unternehmen konnte, wenn der bei seinem Daddy schlief.
Die Verkäuferin, die noch den blau-gelben Pareo zusammenfaltete, riss ihn aus seinen Gedanken und blickte ihn erwartungsvoll an. »Monsieur?«
Jodi und er – das konnte noch was werden!
Tim deutete auf das Tuch. »Er ist sehr schön.«
»Oui.«
»Darf ich?«
Sie zögerte kurz und blickte zur Tür. Dann lächelte sie ihn an, entfaltete den Pareo wieder und breitete ihn schwungvoll vor ihm aus. »Bien sûr.«
Das Muster gefiel ihm! Und die Farben! Der Pareo war ein echter Hingucker. Sie sähe darin richtig toll aus. Er ließ seine Finger über den Stoff gleiten. »Ist das Seide?«
Sie nickte mit Blick auf seinen Ehering. »Pour votre femme?«
Tim überlegte nicht lange. Was soll’s! »Er gefällt mir. Ich nehme ihn.«
Wieso? Schwer zu sagen. Er war weder romantisch noch sentimental – würde Jodi sagen. Er hatte auch nicht die Absicht, sie zu beeindrucken, um sie rumzukriegen. Das schaffte er vermutlich sowieso nicht. Nein, seine Entscheidung, wie immer ziemlich spontan, hatte etwas mit dem Blick zu tun, mit dem sie ihn zuletzt angesehen hatte. Es war albern, das wusste er. Total durchgeknallt, würde Jodi sagen. Aber er wollte es so.
»Ça fait 11.900 Francs Pacifiques.« Als er zögerte, rechnete sie schnell um. »99 Euros.«
Das war es ihm wert. Er gab ihr seine Platin Card.
»Merci, Monsieur. Un moment, s’il vous plaît!«
»Okay, ich warte ...«
Die knusprige Waffeltüte mit dem Mango- und Vanilleeis tropfte, aber zum Glück auf ihre Finger, nicht auf ihr Shirt. Shainee stellte ihre Tasche in den Schatten einer Palme, hockte sich ins Gras und schleckte erst einmal ihr Eis, das in der schwülen Hitze viel zu schnell schmolz.
Der Pareo ging ihr nicht aus dem Kopf.
Seit Monaten freute sie sich darauf, ein solches Tuch zu tragen. Es war so schön. Und von den Narben war doch gar nichts zu sehen ...
Komm schon, Shainee! Ein bisschen mehr Mut!
Mit klebrigen Fingern knusperte sie an der Eiswaffel herum.
Okay, also schön, ich tu’s!
Sie würde den Pareo heute Abend im Hotelrestaurant tragen. Mit einer Tiare-Blüte im Knoten. Selbstbewusst und sexy. So wollte sie sich fühlen. War sie nicht genau deshalb nach Tahiti gekommen? Also los!
Sie sprang auf, schnappte sich ihre Strandtasche und ging zurück zum Laden. Da vorn war er schon!
Ihr Herz klopfte vor Aufregung, und die Vorfreude beschleunigte ihre Schritte ...
... doch in der Tür des Ladens, neben den Verkaufsständern mit den Sonnenbrillen und den Strohhüten, blieb sie so abrupt stehen, als wäre sie gegen eine Wand geprallt.
Das darf doch nicht wahr sein!
Die Verkäuferin gab dem Aussie gerade seine Kreditkarte zurück. Während er sie einsteckte, faltete sie den Pareo zusammen und schob ihn in eine Papiertüte.
Der Typ hat meinen Pareo gekauft!, dachte sie. Das kann er doch nicht tun! In diesem Laden hängen nun wirklich Hunderte von Tüchern! Wieso kauft er ausgerechnet das eine, das ich haben will ... Ihr Blick fiel auf den Ring an seinem Finger ... für seine Frau?
Einen Augenblick lang war sie so fassungslos, so enttäuscht, so wütend, dass sie sich nicht rühren konnte. Sie zitterte, so aufgeregt war sie.
Aber wieso eigentlich? Weil er ihren Pareo kaufte? Oder weil er verheiratet war?
Jetzt hob der Kerl die Tüte mit dem Spielzeug auf und griff nach dem Papierbeutel mit dem Pareo. Gleich würde er sich zu ihr umwenden und sie im Eingang stehen sehen.
Schon wieder den Tränen nah.
O nein, das brauchte sie jetzt wirklich nicht!
Nichts wie weg!
Shainee drehte sich um und flüchtete aus dem Laden.
Mit den Tüten schlenderte Tim am Boulevard Pomare entlang und genoss den Blick über die Blechlawine von ›Le Traffic‹ hinweg auf die weißen Segelboote, die an der Marina ankerten. Auf der Suche nach einem kühlen Bier entdeckte er in einem Shopping Center den kleinen Spielzeugladen. Der Teddybär Tahiti Style mit
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