Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition)
ich«, sagte er leise und drückte ihre Hand.
Seine Hand war weich und warm, seine Finger streichelten sanft ihre, und es fühlte sich richtig gut an. Die Berührung wärmte sie innerlich, und die Anspannung fiel von ihr ab. Sie wollte ihn nicht mehr loslassen.
Hand in Hand gingen sie weiter, und während sie in die quälenden Erinnerungen eintauchte, stellte sie sich vor, wie es wohl wäre, wenn seine Hände ihren Körper berührten, wie Mark es immer tat, und wenn seine Finger ihre Haut streichelten. Bei dieser Vorstellung wurde ihr wieder ganz heiß, und sie sah Tim von der Seite an, ob er ahnte, was in ihr vorging. Nein, er hörte betroffen zu, als sie von dem Schock der Diagnose erzählte. Von der Ohnmacht, der Angst, der Wut. Von dem Schmerz, mit dem Lebensträume zerplatzt waren. Von der Resignation, die die vielen Operationen hervorgerufen haben. Von der Verzweiflung über die Narben, die nicht nur ihren Körper entstellten, sondern auch ihre Seele.
»Sieben Operationen!«, stöhnte er.
»Der Krebs wurde zuerst in der linken Brust gefunden. Eine Handvoll weißer Staub auf der Mammografie. Von einem Tumor war noch gar nicht die Rede. Es gab nichts zu sehen und nichts zu tasten. Eine Biopsie sollte den Befund abklären. Der erste Schnitt war nicht groß, nur ein paar Inches, nicht mehr. Noch während der Narkose wurde das entnommene Gewebe untersucht. Der Befund: ein invasiv duktales Karzinom. Wie du weißt, bedeutet das, dass der Krebs in das umliegende Gewebe eingebrochen ist und dort weiter wuchert. In dieser ersten OP wurden mir die Lymphknoten in der linken Achsel entnommen.«
»Und?«, fragte Tim gespannt.
»Einer war bereits durchgebrochen.«
»Der Krebs streut in den Körper.«
»Ja.«
»Verdammt! Wie aggressiv ist er?«
»Ziemlich.«
Tim atmete langsam aus. »Und weiter?«
»Das pathologisch-histologische Gutachten ergab, dass – ich zitiere – im Resektionsrandgebiet weitere Ausläufer des Tumors bis auf einen Millimeter an den Resektionsrand heranreichten.«
»Nach den Leitlinien ist das viel zu wenig.«
»Das hat meine Ärztin auch gesagt: Von einer Tumorentfernung kann nicht sicher ausgegangen werden. Zweite OP: Nachschnitt.«
»Und?«
»Sie haben noch viel mehr gefunden. In allen Stadien. Der Tumor, so hieß es im Gutachten, war mikroskopisch erheblich ausgedehnter als im makroskopischen Erscheinungsbild. Mit anderen Worten: Der Pathologe war überrascht, wie ausgedehnt der Tumor war. Er war so groß wie ein Golfball.«
»Und das alles war im bildgebenden Verfahren nicht sichtbar?«, fragte Tim bestürzt.
»Und auch nicht zu ertasten. Deshalb habe ich solche Angst. Mein Krebs ist nicht sichtbar, nicht fühlbar und auch im Blutbild nicht nachweisbar. Er streut. Und er ist aggressiv.«
»Mein Gott!«, stöhnte Tim.
Vor ihnen lagen Hunderte schmaler weißer Auslegerboote auf dem Strand, dicht an dicht nebeneinander, wie ein Schwarm Fische im Netz. Tim führte sie dorthin. »Wollen wir uns setzen?«
»Gute Idee.«
Er stellte ihre Strandtasche in ein Boot und half ihr hinein. Shainee setzte sich auf die Ruderbank, und Tim kletterte zu ihr ins Boot und hockte sich ihr gegenüber. Er wirkte ziemlich angespannt. Einen Augenblick lauschte er auf das Rauschen der Brandung, dann fragte er: »Okay, und weiter?«
»In einer dritten OP wurde mir die linke Brust amputiert und ein Expander eingesetzt.«
»Und dann die Chemo.«
»TAC«, sagte sie. »Taxotere, Adriblastin, Cyclophosphamid. Und natürlich Kortison.« Sie konnte die Namen der Medikamente immer noch nicht aussprechen, ohne dabei zu würgen. Erinnerungen an die Chemo kamen wieder hoch: der Stuhl, auf dem sie alle drei Wochen sieben Stunden lang Infusionen bekommen hatte, die Nadel in ihrem Arm, durch die das Gift in ihren Körper rann, die Schläuche, die Infusionsbeutel, das Piepsen der Pumpen. Sie musste schlucken, so nah ging ihr das alles immer noch.
Lass es raus, Shainee, lass es endlich raus! Es tut dir gut, mit Tim darüber zu reden! Er kann damit umgehen.
»TAC ist schlimm, mehr geht nicht«, meinte er behutsam.
»Und das gilt auch für die Nebenwirkungen«, sagte sie. »Aber was mich nicht umbringt, bringt meinen Krebs um. Ich bin erst fünfundvierzig. Ich habe mir in den Kopf gesetzt, sechsundvierzig zu werden, und ich bin ziemlich stur und eigensinnig. Ich habe bald Geburtstag.«
»Wann?«
»In sieben Tagen. Ich feiere auf Bora Bora. Mein Leben, Upgrade 2.0.«
Tim verzog die Lippen, und seine Augen
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