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Lackschaden

Lackschaden

Titel: Lackschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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nicht fair. Soll er es halt noch einmal versuchen, wenn es dann nicht hinhaut, kann ich immer noch anrufen.
    Mein Handy brummt. Eine SMS von Christoph.
    Habe eine tolle Überraschung für Dich! Komme heute später, gehe noch ein paar Löcher nach der Arbeit!
    Schlau eingefädelt: Erst ein Leckerchen und dann die Hiobsbotschaft. Gehe noch ein paar Löcher. Wenn ich das schon höre! Übersetzt bedeutet das: Wartet nicht auf mich. Esst allein! Schon das zweite Mal in dieser Woche. Wäre auf Dauer wahrscheinlich praktischer, er würde sich ein Zimmer im Golfclub mieten. Pardon: Im Golf- und Country-Club. Da legt mein Mann Wert drauf.
    Vielleicht könnte ich doch noch schnell zurück zu Anita gehen – die Alternative wäre, das Chaos hier zu lichten. Anita ist verlockender. Obwohl wahrscheinlich keine der Frauen mehr lange da sein wird. Gegen halb zwei kommen die meisten Kinder aus der Schule und die gute Mama hat dann das Essen selbstverständlich auf die Minute fertig. Aber ein halbes Stündchen geht auf jeden Fall noch. Die Tür lasse ich eben offen. Wird schon nicht ausgerechnet in der halben Stunde ein potentieller Einbrecher vorbeikommen.
     
    Ich bin zu spät für die Sexberichte. Die Damen sind schon eins weiter und ziemlich angeschickert. Kati hält gerade ein flammendes Plädoyer für unten ohne: »Heute trägt eigentlich niemand mehr Schambehaarung!«
    Ich möchte nicht schon wieder die Erste sein, die Einspruch einlegt oder sozial auffällig wird. Kein Sex – aber dafür Schamhaare. Genaugenommen möchte ich auch gar nicht wissen, wie meine Freundinnen im Detail ihr Schamhaar tragen.
    »Brazilian Waxing ist phantastisch«, kommt Kati ins Schwärmen, »nichts Störendes, gerade wenn man – na ja ihr wisst schon.«
    Wir wissen nicht, aber ahnen, was sie meint.
    Tamara, anscheinend keine Angehörige der Nacktschneckenfraktion, muckt auf. »Das hat für mich was Pädophiles. Ich bin doch kein Kind mehr und muss deshalb untenrum ja wohl auch nicht so aussehen!«, argumentiert sie.
    »Das tut doch bestimmt sauweh!«, sagt Anita und Kati grinst.
    »Na ja, ein Spaß ist es nicht, aber das Ergebnis ist es allemal wert. Siegmar geht auch hin.«
    Hilfe! Wie soll ich ab heute reagieren, wenn ich Siegmar beim Einkaufen oder auf der Straße treffe? Ich werde an nichts anderes mehr denken können. Kahlschlag bei Siegmar! Eine grausige Vorstellung, die ich sofort aus meinem Kopf bekommen muss.
    Anita scheint auch nicht begeistert:
    »Also, ich weiß nicht, so Haare haben ja durchaus auch was Dekoratives, man will doch nicht immer alles so genau sehen. Ich finde das, sagen wir mal, gewöhnungsbedürftig.«
    Anita kann sehr verbindlich sein. Gewöhnungsbedürftig ist ja gelinde gesagt etwas untertrieben.
    »Und, ist das teuer?«, zeigt Franzi Interesse.
    »Knapp vierzig Euro, aber mit Pofalte!«, kommt prompt die Antwort von Kati.
    Mit Pofalte! Es gibt wirklich Berufe, die ich um nichts in der Welt ausüben wollte! Pofaltenhaarentfernung bei Wildfremden! Oder bei Siegmar!
    »Du kannst ja auch eine harmlosere Variante wählen«, kichert Kati, »manchmal mache ich Landing Stripe oder lasse mir ein Herzchen stehen!«
    »Das muss doch etwas peinlich sein, ich meine vor der Angestellten so alles zu zeigen, das ist ja wie beim Gynäkologen«, wirft Tamara ein.
    Ausgerechnet Tamara. Der ist normalerweise doch so schnell nichts peinlich.
    Jacky, bisher ziemlich schweigsam, meldet sich zu Wort: »Ich sehe das ja oft bei uns im Studio, mittlerweile sind die meisten rasiert. Kahlrasiert. Für junge Leute ist das normal.«
    Für mich nicht. Ich bin allerdings, selbst wohlwollend gesehen, nicht mehr jung. Vielleicht an guten Tagen für Rudi, das war es dann aber auch.
    Jenseits der vierzig ist jung der falsche Ausdruck. Das ist nicht weiter schlimm, man kann eben nicht immer jung sein. Das Blöde ist nur, man soll immer so aussehen. Das ist anstrengend. Und wenn man sich dazu noch Familie und sogar Beruf leisten will oder – was Letzteres angeht – muss, dann ist es fast schon eine unlösbare Aufgabe. Oder jedenfalls eine, bei der man immerzu ein wenig hinterherhinkt.
    Ich gehe mittlerweile regelmäßig zur Fußpflege – aber Brazilian Waxing habe ich noch nie ausprobiert. Sieht ja eh kaum einer. Eigentlich keiner außer mir. Und selbst mir ist der Blick durch den Bauch teilweise versperrt. Ich lege den Fokus eben auf die Dinge, die offensichtlich sind. Das hat ein bisschen was von außen hui und innen pfui, aber man muss im

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