Lackschaden
halbe Stunde Zeit, kein Problem. Ich stehe zu Ihrer Verfügung.«
Das kann man auch so oder so deuten. Aber das kleine Spielchen macht mir Spaß. Es ist ja nur harmloses Geplänkel, versuche ich mich selbst zu beruhigen. Und für mein, doch reichlich angeschlagenes, Ego auch nicht übel. Würde man sich so verhalten, wenn daheim alles zum Besten stünde? Ist das ein sicheres Zeichen für den Anfang vom Ende? Oder ist das ganz normal? Einfach mal ein kleiner, bedeutungsloser Flirt? Fürs Ego und die allgemeine Stimmung?
»Gut, dann mal los!«, freut er sich.
Wir fragen nach der richtigen Abteilung, fahren eine Rolltreppe hoch und starten die Suche. Herr Reimer tendiert zu einem Modell in Boxershortslänge. Auch ich finde diese Badehosen ›Modell Surfer‹ am schönsten, möchte ihn aber doch auch mal in etwas knapperen Modellen sehen. Er tut mir den Gefallen. Ich weiß nicht, was mich hier treibt! Ein bisschen peinlich ist es schon, wie tief ich gesunken bin – und wie leicht zu erfreuen. Ein nahezu fremder Mann zeigt sich in Badehosen, und Andrea ist aus dem Häuschen.
Ich scheine hormonell tatsächlich auf einem Tiefstand zu sein. Anders lässt sich das hier ja wohl nicht erklären. Aber muss man denn auch alles immerzu erklären? Ist es in einer langen – und oft auch langweiligen – Beziehung nicht völlig normal, dass man Spaß daran hat, nur mal kurz, nach links und rechts zu gucken? Oder ist das ein eindeutiges Zeichen? Dafür, dass etwas nicht mehr im Lot ist.
Herr Reimer in einer kleinen nachtblauen Badehose reißt mich aus meinen Gedanken.
»Und?«, fragt er und posiert freundlich.
Er sieht – ich muss es zugeben – umwerfend aus. Genauso wie ein Mann in Badehose aussehen sollte. Jedenfalls nach meinem Beuteschema. Er ist groß, leicht gebräunt – ohne so durchgebraten wie ein Dieter Bohlen zu sein. Er hat Muskeln an den richtigen Stellen, sieht dabei aber nicht aus wie ein aufgepumptes Michelinmännchen. Er ist angenehm haarig, keiner dieser neuen glattrasierten Modelle, aber auch kein Schimpanse. Ich merke, wie ich schon wieder einen knallroten Kopf bekomme.
»Äh, ja«, stammle ich, »also, die Hose sitzt sehr gut.«
»Freut mich, wenn es gefällt!«, sagt er und auch in diesen Satz könnte man jede Menge hineininterpretieren. Er nimmt die Hose und noch ein längeres Modell mit Streifen dazu.
»Gehen wir noch einen Kaffee trinken?«, fragt er mich an der Kasse.
Die Kassiererin schaut interessiert auf – Mit einem Gesichtsausdruck, der sagt: Mit dem würde ich auf jeden Fall einen Kaffee trinken gehen! Los mach, wer weiß, ob du noch mal so eine Gelegenheit bekommst!
In meinem Kopf rattert es. Darf man das? Oder ist das der kleine Schritt zu weit? Ist das schon Betrug oder eben nur ein harmloser Kaffee? Wie würde ich es finden, wenn Christoph erst mit einer Frau Bademoden begutachtet, vor allem am lebenden Objekt, und anschließend Kaffee trinken geht? Nein – das würde mir gar nicht gefallen. Um nicht zu sagen, ich wäre stinksauer.
»Kaffee?«, fragt Herr Reimer nach.
»Heute ist es schlecht«, ziehe ich mich aus der Affäre, »vielleicht ein andermal.«
So halte ich mir alle Optionen offen und kann erst mal in Ruhe über Herrn Reimer und den Rest nachdenken.
»Schade«, sagt er, und ich fühle mich ausgesprochen geschmeichelt. Herr Reimer zückt einen Stift, nimmt meine Hand, und schreibt mir seine Telefonnummer auf die Haut.
»Dann können Sie nicht sagen, Sie hätten sie verloren! Das ist meine private, die auf der Fußballcamp-Liste ist nur für Eltern!«, grinst er. Mein lieber Scholli, der geht ja ganz schön ran.
»Meine Nummer haben Sie ja eh!«, antworte ich, »Sie steht ja auf der Liste der Fußballeltern.«
»Phantastisch! Wir sehen uns!«, freut er sich und am Ausgang des Kaufhauses verabschieden wir uns. Was für ein denkwürdiges Zusammentreffen. Ich fühle mich wunderbar. Es gibt anscheinend durchaus noch Männer, die an mir interessiert wären. Das macht Hoffnung. Selbst wenn wir niemals zusammen einen Kaffee trinken werden, zu wissen, es gibt einen Mann, der das gerne tun würde, tut gut. Sehr gut sogar!
Ich komme zeitgleich mit Rudi und Claudia zu Hause an. Rudi strahlt.
»Isch hab se untergebracht. Sie nehme sie!«, begrüßt er mich.
Claudia sieht nicht ganz so begeistert aus. Der Aspekt des Geldverdienens gefällt ihr mit Sicherheit, aber so, wie ich meine Tochter kenne, könnte sie auf den Teil mit der Arbeit sehr gut verzichten.
»Und,
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