Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen
Stimme.
Suthranna nickte gleichmütig. »Hat es dich erleichtert?«
»Nein!«, erwiderte Caelian mit einer für ihn ungewohnten Schärfe. »Jaryn ist tot und bleibt tot. Wie sollte mich das erleichtern? Ihr hingegen scheint mir wenig betroffen zu sein.«
Noch nie hatte er sich Suthranna gegenüber einen solchen Tonfall erlaubt. Aber dieser schien es nicht zu bemerken. »Wir weinen und beten, weil wir so den Schmerz besser ertragen, aber Tote vermögen wir damit nicht aufzuwecken.« Er lächelte so gütig, wie es oft seine Art war, doch in diesem Augenblick hasste Caelian ihn dafür.
»Ja, das liegt nicht in Eurer Macht!«, fuhr er ihn an. »Nicht einmal Anamarna konnte Jaryn retten. Es waren alles nur Worte …«
Suthranna hob die Hand. »Beruhige dich. Ich achte deinen Schmerz, aber du wirst ihn überwinden, glaube mir. Komm, wir gehen jetzt in den Mondtempel hinüber. Da sollst du mir deine legendäre Wildpastete zubereiten, von der ich schon so viel gehört, die ich aber noch nie probiert habe.«
Caelian starrte ihn an, als habe Suthranna den Verstand verloren.
Der erhob sich und lächelte. »Ja, ja, du wirst sehen, danach wird es dir viel besser gehen.«
Caelian blieben vor verzweifelter Hilflosigkeit die Worte im Halse stecken. Schweigend und halb benommen folgte er Suthranna.
31
Gaidaron hatte Caelian schon am Tag der Aufbahrung vermisst, und als er ihn nicht finden konnte, beschlossen, der Zeremonie ebenfalls fernzubleiben. Er vermutete, dass Caelian in irgendeiner Ecke hockte und heulte. Aber als er auch nach dem Begräbnis nicht wieder auftauchte, musste Gaidaron Suthranna fragen, denn keiner seiner Mitbrüder hatte eine Ahnung, wo Caelian steckte. Suthranna war in Eile, doch Gaidaron gelang es, ihn für einen Augenblick zu erwischen.
»Ich dachte mir schon, dass du nach Caelian fragen würdest«, sagte Suthranna. »Und obwohl ich dir keine Auskunft schuldig bin, will ich dir sagen, dass er sich auf eigenen Wunsch zurückgezogen hat. Er braucht Zeit, um über Jaryns Tod hinwegzukommen, und diese Zeit habe ich ihm gegeben.«
»Aber wohin ist er gegangen?«
»Gaidaron! Caelian braucht Ruhe und keinen Liebhaber, der ihm nachsteigt. Selbst, wenn ich es wüsste, würde ich es dir nicht sagen. Du musst Caelian vergessen.«
Gaidaron erschrak. »Er kommt nie wieder?«
»Das weiß ich nicht. Es liegt allein in seinem Ermessen.«
Gaidaron war nach diesem Gespräch sehr niedergeschlagen. Er hatte Caelian noch einmal auf ihr Zerwürfnis ansprechen wollen und sich vorgenommen, die Angelegenheit zu bereinigen. Ihre Entfremdung hatte ihn zur Besinnung kommen lassen. Soweit seine Gefühle es zuließen, war er entschlossen, Caelian jene Liebe zu schenken, von der dieser gesprochen hatte. Er wollte ihn nicht verlieren, weder als Freund noch als Geliebten. Dafür war er bereit, sich zurückzunehmen, denn nichts war schlimmer als die Einsamkeit.
Doch Caelian war nicht mehr da, und der Mondtempel zu einem öden Ort geworden. In der Küche würde jetzt ein anderer stehen. Niemand mehr würde ihm ausgesuchte Leckerbissen in den Mund stecken und sich danach lüstern die Finger ablecken lassen. Caelian würde nicht mehr unverhofft auftauchen, wenn Gaidaron die Halle durchquerte, oder sich hinter einer Säule verstecken, um dahinter hervorzuspringen – leichtfüßig und stets gut gelaunt. Der gute Geist des Tempels war aus seinen Mauern entschwunden. Gaidaron wusste, die Leere würde ihn ersticken.
Er begab sich in sein Arbeitszimmer und starrte missmutig auf den Berg von Arbeit, die auf ihn wartete. Gaidaron galt als fähiger Kopf, war in der Gesetzgebung bewandert und hatte eine schöne Handschrift. Deshalb wurde er mit Anträgen aus dem Palast, aber auch von reichen Edelleuten aus dem ganzen Land überhäuft. Sein neuestes Projekt war das Aufsetzen einer Hochzeitsurkunde für König Doron und Zahira. Denn Gaidaron war auch einer der besten Fälscher. Es kostete ihn wenig Mühe, aus einer Räuberbraut eine Prinzessin aus fernen Landen zu machen. Samandrien kam natürlich nicht infrage, aber jenseits des großen Ozeans existierten genug Länder, die so unbekannt waren, dass sie beinah der Sagenwelt angehörten.
Sein Ellenbogen schob die Pergamente zur Seite. Er ertappte sich dabei, dass er das in letzter Zeit schon des Öfteren getan hatte. Sein Kopf beschäftigte sich mit anderen Dingen, vorzugsweise mit Niederlagen und Enttäuschungen. Er wusste, so konnte es nicht weitergehen. In diesem Augenblick ließ er
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