Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen
sich Suthrannas Worte durch den Sinn gehen: Caelian brauchte Zeit, seine Trauer zu verarbeiten? Was, bei Zarads Gemächt, hatte die beiden verbunden? Jedenfalls mehr als er geglaubt hatte. Und er konnte Caelian sogar verstehen. Dieser Jaryn! Jetzt, wo er als Rivale nicht mehr im Wege stand, sah er nur noch einen verflucht hübschen jungen Mann in ihm, den er leider versäumt hatte, an sich zu binden. Wäre es ihm gelungen? Gaidaron lächelte selbstgefällig vor sich hin. Ihre Begegnung war frostig gewesen, aber wenn er gewollt hätte … Er hatte aber nicht gewollt, weil Jaryn der Thronerbe gewesen war. Doch kaum aus dem Nebel aufgetaucht, war auch schon der Nächste aus dem Boden gewachsen: Rastafan! Gaidaron war sich darüber im Klaren, dass er mehr über diesen Mann erfahren musste. Er wirkte kühn und unerschrocken, eine Kämpfernatur, aber jeder Mensch hatte Schwächen. Wenn er diese herausfand … Nur wie sollte ihm das gelingen? Zwischen ihnen gab es keine Berührungspunkte, sie hatten nichts miteinander zu tun. Zwar hatte Gaidaron seine Zuträger; jedoch half in solchen Dingen nur der persönliche Eindruck weiter.
Unlustig zog er Dorons Hochzeitskontrakt zu sich heran. Sein Schreiber hatte aufgelistet, was Gaidaron bei der Abfassung berücksichtigen sollte. Er überflog das Ganze, nickte hin und wieder und machte sich bereits im Kopf Notizen, wie er die Sache am besten anging. Sein Blick fiel auf den Namen ›Zahira‹ – Rastafans Mutter. Eine Frau, die ihr Leben bei den Gesetzlosen verbracht hatte. Das musste sie stark gemacht haben, aber sie war bereits über vierzig. In diesem Alter pflegten Frauen ihre Vergänglichkeit zu bemerken.
Gaidaron grinste, und plötzlich begann ein Gedanke in ihm zu reifen. Frauen wie Zahira mochten noch so zäh und unerschütterlich, ehrgeizig und kalt sein, sie hatten alle eine Schwäche: Sie waren anfällig für Aufmerksamkeiten und Schmeicheleien von attraktiven und zuvorkommenden Männern. Und Gaidaron wusste, dass er bezaubernd sein konnte – wenn er es wollte.
Er hatte die Verbindung zu Rastafan gefunden!
Freilich, Zahira würde Doron heiraten. Der war ein gut aussehendes Mannsbild, besaß Reichtum und Macht, aber er wirkte kalt wie ein Fisch. Ob er Zahiras Leidenschaft befriedigen konnte? Gaidaron konnte sich die beiden schlecht im Bett vorstellen, aber er hatte auch nicht vor, sich zwischen die Eheleute zu drängen. Er hatte noch nie mit einer Frau geschlafen und würde es auch in Zukunft nicht tun. Dieses Vergnügen gönnte er gern anderen Männern. Er wusste Frauen auf andere Weise zu bestricken. Dieser Hochzeitskontrakt könnte ihm – bildlich gesprochen – die Tür zu Zahiras Kammer öffnen. Befand er sich erst einmal darin, musste er nur noch zusehen, dass er dort zum Hausherrn wurde.
Er nahm sich ein frisches Pergament, tauchte die Feder in das Tintenfass und begann zu schreiben.
32
Im Palast wurden die Hochzeitsfeierlichkeiten für Doron und Zahira in aller Stille vorbereitet. Natürlich musste die Trauerzeit abgewartet werden, aber ein Jahr erschien Doron viel zu lang. Seiner Meinung nach hatte Jaryn außer im Sonnentempel keine größere Lücke im Gedächtnis der Menschen hinterlassen.
Nur einen gab es, der sich seiner Meinung nach überspannt verhielt und von dem er ein anderes Verhalten erwartet hätte. Er hatte Rastafan härter eingeschätzt. Stattdessen hatte er die feierliche Zeremonie durch diesen unangemessenen Kuss und sein empörendes Gelächter entwertet. Doron hatte darüber mit Zahira gesprochen und zu seinem Entsetzen erfahren müssen, dass zwischen den Brüdern eine Liebschaft wie zwischen Frau und Mann bestanden hatte. Selbstverständlich hatte er seinen Sohn sofort zu sich zitiert, aber Rastafan war nicht Jaryn. Er war einfach nicht erschienen. Auch auf die Bitten seiner Mutter rührte er sich nicht. Er hatte sich in seine Gemächer eingeschlossen, und das ging nun schon seit vier Tagen so.
Dorons Zorn über diesen Ungehorsam war beträchtlich, aber ihm war klar, dass er sich zurücknehmen musste, denn er hatte nur diesen einen Sohn, und den durfte er nicht auch noch verlieren. Irgendwann wäre selbst die Geduld der Marganer erschöpft, von jener der Priester ganz zu schweigen. Also sagte sich Doron, Rastafan werde schon wieder zur Besinnung kommen. Auch Zahira bat ihn, ihrem Sohn diese Zeit der Trauer zu gestatten.
Während Saric seine Zuflucht zur Vernunft nahm, Caelian verschwunden war und Gaidaron neue Intrigen spann, lag
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