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Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen

Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen

Titel: Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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Zopf für ihn löste. Sobald er nackt vor ihm stand, tat er verschämt und glühte doch nur für ihn. In seinen türkis schimmernden Augen lag eine aufregende, fremde Welt: Margan. Er schenkte sie ihm. Mit jeder Faser seines Körpers sagte er ihm, ich gehöre dir, einem verschwitzten, staubigen, ehrlosen Räuberhauptmann …
    Rastafans Vorstellungen wurden von einer großen Kanne Marfanderwein beflügelt, aus der er in Ermangelung eines Bechers in kurzen Abständen einen Schluck zu sich nahm. Dem süßen Marfander war eine scharfe, aus vergorenem Getreide gewonnene Flüssigkeit beigemengt, weshalb man ihn nur aus kleinen Henkelbechern zu trinken pflegte, was Rastafan nicht kümmerte. Seit man ihn mit diesem vorzüglichen Getränk bekannt gemacht hatte, trank er kaum noch etwas anderes, denn es entführte ihn, den handfesten Trinker, rascher in die Welt der farbigen Nebel, die ihm halfen, den stets wiederkehrenden Schmerz zu ertragen.
    Im nüchternen Zustand waren die Nebel schwarz, und aus ihren Tiefen stieg immer dasselbe Bild: Der heilige Rock, glutrot, durchbohrt, blutbefleckt, das geliebte Gesicht so bleich. Gemordete Schönheit. Totenstille. Die Erinnerung – eine einzige Anklage.
    Rastafan trank und wankte hinaus. Die leere Kanne entglitt seinen Händen und fiel scheppernd auf die Marmorfliesen. Er beachtete sie nicht. Auch die Türwächter rührten sich nicht. Irgendein Diener würde sich später um die Kanne kümmern. Rastafan torkelte seinem Schlafgemach entgegen, rempelte die Türwächter an, die nicht rechtzeitig zur Seite gesprungen waren, und warf sich auf das breite Bett. Nach dem reichlichen Genuss des Marfanders würde er lange und traumlos schlafen.
    Am späten Nachmittag erwachte er mit Kopfschmerzen, Übelkeit und einem sauren Geschmack im Mund. Sein langes Haar war verfilzt, seine Kleider waren zerdrückt und fleckig vom Wein. Das war der Zustand, in dem er jedes Mal erwachte. Eine Weile blieb er auf der Bettkante sitzen, den schmerzenden Schädel in die Handflächen gestützt. Was kümmerte ihn sein augenblickliches Befinden? Ein Wink von ihm, und er konnte ein warmes oder kaltes Bad nehmen. Neue Kleider würden bereitliegen. Ebenso diverse Mittelchen, um seine Kopfschmerzen zu lindern. Dann wartete ein reichhaltiges Mahl auf ihn, sofern er das wünschte.
    Eine reibungslos funktionierende Dienerschaft nahm ihm jegliche Verrichtung ab. Rastafan wusste, dass er auf diese Weise immer träger und nutzloser wurde, doch in seinen lichten Momenten fragte er sich, wozu er sich denn aufraffen sollte? Nachdem er sich um seine Berglöwen gekümmert hatte, gab es für ihn nichts mehr zu tun. Er hatte noch keine Kraft gefunden, sich mit seinen prinzlichen Pflichten vertraut zu machen. Im Kampf hätte er es mit zehn Männern gleichzeitig aufgenommen, mit den tückischen Feinden in seinem Kopf aber wurde er nicht fertig.
    Doch diesmal war er mit einem neuen Gedanken aufgewacht. Vielleicht hatte er ihn geträumt, jedenfalls ging er ihm nicht aus dem Sinn: Caelian! Wo war er? Wie mochte es ihm nach dem Tode Jaryns gehen? Vielleicht, so dachte Rastafan, fand er in ihm einen Gefährten im Leid? Ruckartig erhob er sich. Er wollte ihn sehen, ihn sprechen. Natürlich würde Caelian ihn beschimpfen, sogar verfluchen, und doch würden sie gemeinsam um denselben Freund trauern, und Rastafan würde ihn seiner Reue versichern.
    Eine gute Stunde später war Rastafan frisch gebadet, hatte sein Haar sorgfältig im Nacken gebunden und trug eine goldbestickte Tunika aus dunkelroter Wolle. Er warf einen kurzen Blick auf die frisch gefüllte Kanne neben seinem Bett, rührte sie aber nicht an. Er steckte noch einen kostbaren Dolch in den Gürtel, um seine Erscheinung abzurunden. Eine Waffe, die im Grunde nur der Zierde diente, aber auch töten konnte. Dann marschierte er mit festen Schritten hinaus. Er fühlte sich besser als sonst, vielleicht, weil er ein Ziel hatte und sich auf Caelian freute.
    In der Halle des Mondtempels erkannte man ihn, und gleich fragte einer der Priester nach seinen Wünschen. »Richte Caelian aus, dass ich ihn sprechen möchte!«, verlangte er ohne zu zögern.
    »Herr, Caelian ist nicht da. Er ist fortgegangen.«
    »Wann kommt er wieder?«
    »Das wissen wir nicht, Herr. Er hat den Tempel schon vor vielen Tagen verlassen. Eine Woche nach diesem …« Der Priester zögerte. »Nach Eurem Zweikampf.«
    Das war für Rastafan eine arge Enttäuschung. Er hatte das Gefühl, der letzte Halt sei ihm genommen

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