Lacunars Fluch 02 - Die Prinzen
worden. »Wohin ist er gegangen?«
»Niemand weiß es, Herr.«
Rastafan nickte finster. Eine Woche nach dem Zweikampf. Er brauchte Caelian nicht mehr zu fragen, dieser hatte seine Antwort schon gegeben. Er wandte sich ab und strebte dem Ausgang zu. Nie hatte er sich so allein gefühlt. Da vertrat ihm am Tor ein Mondpriester den Weg und sprach ihn an: »Prinz Rastafan? Was für eine glückliche Fügung, Euch hier zu treffen. So lange habe ich vergeblich wegen einer Audienz nachgesucht.«
Rastafan musterte ihn missbilligend. Wegen Caelian war er vergeblich gekommen, und nun störte ein anderer Priester seine Ruhe. Doch augenblicklich verschluckte er die rüde Zurechtweisung, die er bereits auf der Zunge hatte. Vor ihm stand ein hochgewachsener Mann mit schulterlangem, blondem Haar, hohen Wangenknochen und Augen so grau wie Sturmwolken. Er hatte das Gesicht eines Kriegers und den sinnlichen Mund einer Hure. Ein hinreißender Mann, dessen unverschämtes Lächeln mehr verriet als seine höflichen Worte.
»Mit wem habe ich das Vergnügen?«, fragte Rastafan absichtlich distanziert.
»Ich bin Gaidaron, der Neffe des Königs. Unbescheiden möchte ich darauf hinweisen, dass wir Vettern sind.«
»Hm. Man sollte nicht glauben, was für Leute man so in seiner Verwandtschaft hat«, gab Rastafan zur Antwort, aber sein Lächeln war kühl.
»Ich rechne es mir zur Ehre an. Und ich möchte hiermit meine Bitte um Audienz wiederholen.«
Rastafan zog die Brauen hoch. »Audienz? Warum so förmlich, Vetter? Wir können uns dort drüben auf die Bank in den Schatten setzen, wenn es etwas zu bereden gibt.«
Rastafans unüblich direkte Art verunsicherte Gaidaron für einen Moment. »Aber gern, wenn Ihr es wünscht.«
»Ich bin Rastafan und du bist Gaidaron. Wollen wir es so halten, Vetter?«
»Selbstverständlich gern. Das ist auch mein Wunsch.«
Geschraubter Laffe! , dachte Rastafan. Er marschierte auf die Bank zu und setzte sich. »So. Was hast du für ein Anliegen, Gaidaron …?«
Dieser ließ sich in gebührendem Abstand neben ihm nieder und antwortete mit einem Räuspern. Dann: »Woher kennst du Caelian?«
Diese Frage verblüffte Rastafan, zumal Gaidaron sie etwas schroff ausgestoßen hatte. »Er war ein Freund meines … Bruders Jaryn«, gab er belegt zur Antwort. »Weißt du denn, wo er sich aufhält?«
»Nein, ich dachte, du … Hast du eine Ahnung, wohin er gegangen sein könnte?«
»Nicht die Geringste. Was liegt dir an ihm?«
»Wir sind befreundet.«
»Freunde seid ihr? Und er hat sich nicht von dir verabschiedet?«
»Es hängt wohl alles mit der Aufregung zusammen, die es damals um – äh – Jaryns Tod gegeben hat.«
»Ja, eine tragische Geschichte.« Rastafan gab sich hart. »Caelian hat es sehr mitgenommen, mich natürlich auch. Aber die Gesetze waren hier unerbittlich. Kennst du niemanden in Margan, zu dem gegangen sein könnte? Hatte er außer Jaryn keine Freunde?«
»Ich glaube nicht, dass er noch in Margan ist. Vielleicht ist er in seine Heimat zurückgekehrt. Wusstest du, dass er Achladier ist?«
Rastafan glaubte nicht, dass Caelian ausgerechnet in die Arme seines Vaters Lacunar geeilt war. »Er hatte etwas in der Richtung erwähnt.«
»Nun, ich hoffe, er wird sich besinnen und bald zurückkommen. Er war einfach unentbehrlich für uns.«
»Ja, er hatte schon seine Begabungen …« Ein bekanntes, aber lange nicht mehr empfundenes Ziehen in den Lenden ließ Rastafan sich plötzlich erheben. »Ich habe noch dringende Geschäfte zu erledigen«, bediente er sich der üblichen Ausrede. »Solltest du etwas von Caelian hören, dann benachrichtige mich bitte.«
Rastafan war schnell verschwunden. Gaidaron sah ihm nach. Dieser Mann war nicht wie Jaryn. Er war ein harter und gefährlicher Gegner. Ein ehemaliger Räuberhauptmann, jetzt ein Prinz, und wahrhaftig! Er füllte diese Rolle aus, jedenfalls hatte Gaidaron diesen Eindruck gewonnen. Glatte Worte würden ihn nicht beeindrucken. Das war ein Mann der Tat. Bewiesen hatte er das durch die Ablösung Borraks und die Neugliederung der Eisernen Garde. Kein schlechter Zug. In Margan war die Garde das Rückgrat der Macht, und Rastafan hatte sie mit den eigenen Leuten besetzt. Es würde schwierig sein, ihn zu beseitigen.
Aber noch etwas anderes beunruhigte Gaidaron, und das war seine Schwäche für außergewöhnliche Männer. Deshalb hatte er sich Caelian zugewandt. Aber auch Jaryn hatte ihn fasziniert und nun Rastafan. Alle drei hatten etwas, das Gaidaron in den
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