Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lacunars Fluch, Teil 1: Der Auftrag (German Edition)

Lacunars Fluch, Teil 1: Der Auftrag (German Edition)

Titel: Lacunars Fluch, Teil 1: Der Auftrag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
Vom Netzwerk:
»Ich hasse Fisch.«
    Orchan schwieg. Dieser Mensch hasst sich selbst, dachte er, aber wenn ich Borrak wäre, würde ich mich auch hassen.
    »Wieso lässt du die Knaben in den Fluss? Wenn einer ertrinkt, zahlst du den Verlust aus der eigenen Tasche.«
    »Es ist ihr letzter schöner Tag. Lass ihnen doch den Spaß.«
    »Lass ihnen doch den Spaß!«, höhnte Borrak. »Die Bengel sind dazu da, anderen Spaß zu bereiten. Die hüpfen herum wie die Flöhe. Jetzt, wo wir hier sind, hätten wir sie auf den Karren festbinden sollen. Was willst du tun, wenn sie in der Gegend herumlaufen, und Nemarthos steht plötzlich vor dir. Pfeifst du dann, um sie wieder einzufangen?«
    »Nemarthos wird sich nicht in eigener Person herbemühen«, spottete Orchan. »Er wird seinen Sklavenmeister schicken. Und um die Knaben sorge ich mich nicht, weshalb sollten sie weglaufen? Sie ahnen doch nichts.«
    »Richtig«, grinste Borrak, und es war ihm anzusehen, dass er diese Tatsache genoss.
    An diesem Abend blieb alles ruhig. Auch am nächsten Morgen regte sich noch nichts. Am frühen Nachmittag sahen sie am anderen Ufer ein Boot ablegen. Als es bei ihnen anlegte, durften Orchan und Borrak einem Vorgang beiwohnen, der selbst ihnen als Marganern fremd war. In dem Boot stand ein großer, dicker Mann. Über seinem Gewand aus edelstem Tuch trug er reichen Schmuck und an jedem Finger einen Ring. Seine Begleitung hingegen bestand aus halb nackten Ruderern, die ganz offensichtlich Sklaven waren. Die Ruderer sprangen aus dem Boot, knieten sich nebeneinander in den Morast, damit ihr Gebieter trockenen Fußes über ihre Rücken hinwegsteigen konnte.
    Borrak grinste. »Das gefällt mir, ich werde es Doron vorschlagen.«
    Als der Mann ihn jedoch überhaupt nicht beachtete und das Wort an Orchan richtete, verging Borrak das Grinsen. Der Mann war Thuaighan, ein Eunuch und Oberaufseher der königlichen Sklaven. Unter schweren Lidern schaute er hochmütig auf den kleinen Kaufmann herab. »Wo ist die Ware?«, schnarrte er.
    »Hier bei uns im Lager«, versicherte Orchan rasch.
    »Lass sie nackt in einer Reihe antreten. Ich muss mir ein Urteil bilden können. Mein König kauft keine Katze im Sack.«
    »Wo ist denn das Gold?«, warf Borrak ungeduldig ein, denn er hatte in dem Boot keine Ladung entdeckt.
    Ihn traf ein eisiger Blick. »In Khazrak natürlich. Sobald ich zurück bin, werde ich meinem König Bericht erstatten. Von diesem hängt es ab, wie viel und ob er überhaupt zahlen wird.«
    Borrak war es nicht gewohnt, dass man so mit ihm redete. »Was heißt, ob und wie viel?«, schnaubte er. »Fünfhundert Goldringe je Knabe waren ausgemacht.«
    Thuaighan hatte den Blick wieder von ihm abgewandt, als sei Borraks Schnauben nur Mückensurren. »Ja, wenn die Ware dem Preis entspricht«, redete er an ihm vorbei, während er Orchan ungeduldig ansah. »Nun, wo sind die Objekte?«
    Aus allen Teilen des Lagers ließ Orchan nun hektisch von seinen Helfern die Knaben zusammentreiben. Sie kamen willig und stellten sich auch in einer Reihe auf, wobei sie immer noch nicht den Ernst der Lage begriffen hatten. »Zieht euch aus, alles!«, befahl Orchan, während er unruhig hin und her lief. Doch die Knaben regten sich nicht; sie hatten ihn nicht verstanden. Vielleicht hatte er auch zu leise gesprochen. Deshalb trat Borrak nach vorn und brüllte: »Alle nackt ausziehen, ihr Krötenärsche, habt ihr verstanden?«
    Die Knaben zuckten zusammen, starrten sich gegenseitig an, starrten auf den Hauptmann und richteten dann ihre fragenden Blick auf Orchan. Doch dieser duckte sich weg, während Borrak vor den Knaben auf und ab schritt, sichtlich zufrieden mit sich selbst. Der fette Eunuch sollte nicht glauben, einen Schwachkopf vor sich zu haben.
    Zögernd kamen die Knaben dem Befehl nach, einige weinten, andere liefen schamrot an. Ihre ärmlichen Kittel fielen, und sie bedeckten ihre Blößen zitternd mit den Händen. Thuaighan wandelte an ihnen entlang, die lüsternen Lippen erwartungsvoll gespitzt. »Sie sollen die Hände da wegnehmen«, wandte er sich leise an den Hauptmann, wobei er ihn abermals nicht ansah. Er war ein Krieger, und Thuaighan verachtete diese waffenvernarrten, hirnlosen Kampfkolosse. Borrak hatte ihn trotz des Flüsterns so gut verstanden, als hätte Thuaighan gebrüllt. Was hatte dieser wandelnde Fettkloß an sich, dass er sich von ihm Befehle geben ließ und es ihm ein Bedürfnis war, diesen alsbald nachzukommen?
    »Hände weg da!«, schrie er, lief an den Knaben

Weitere Kostenlose Bücher