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Lacunars Fluch, Teil 4: Rastafans Buße (German Edition)

Lacunars Fluch, Teil 4: Rastafans Buße (German Edition)

Titel: Lacunars Fluch, Teil 4: Rastafans Buße (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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als ihm ununterbrochen die Zeilen durch den Kopf gingen und er hin und her überlegte, wie er sich verhalten sollte, suchte ihn eine Abordnung der Sonnenpriester auf. Voran Annakim, der Oberaufseher mit empörter Miene, in seinem Tross zwei Männer, die auf Rastafan den Eindruck machten, als seien sie gegen ihren Willen aus ihren Gräbern gezerrt worden, so leer und starr waren ihre Gesichter. Rastafan hatte wenig Lust, sie zu empfangen, aber mit den Tempeln durfte er sich nicht anlegen. Er nahm an, dass Annakim in eigener Sache kam und Sagischvar nichts davon wusste, denn von diesem war er freundschaftlich geschieden.
    Er schaffte ein mühsames Lächeln, aber es wurde nicht erwidert. Kurz erwog er, ob er Saric dazurufen sollte, der sich nebenan in seinem Arbeitszimmer aufhielt, doch da polterte Annakim schon los: »Ich habe gehört, Ihr wollt Euch in Dinge des Tempels einmischen, die Euch nichts angehen, König Rastafan. Die Sonnenpriester sind und bleiben unantastbar. Sie sind heilig und dürfen nicht von gewöhnlichen Leuten berührt werden, es sei denn, sie erlauben es.«
    Rastafan stöhnte innerlich. »Das ist mir bekannt. Jedoch halte ich diesen Brauch für überholt. Vor allem die strengen Strafen, die auf versehentlicher Berührung stehen, sind völlig absurd.«
    »Ihr dürft darüber denken, wie Ihr wollt, es ist nicht Eure Angelegenheit. In spirituellen Dingen sind die Tempel unabhängig.«
    Rastafan musterte Annakim verächtlich, der sich vor ihm aufführte wie ein wütender Gockel. »Euch dürfte bekannt sein, dass ich angetreten bin, einiges in Margan zu ändern«, erwiderte er kühl. »Dazu gehört es auch, unsinnige Bräuche abzuschaffen, wenn sie die Bevölkerung belasten. Ich habe allerdings viel zu tun und diese Angelegenheit einstweilen aufgeschoben. Doch glaubt nicht, ich würde sie vergessen. Also geht nach Hause.«
    Annakim streckte den Arm gegen Rastafan aus, als wolle er ihn verfluchen. »Ihr begreift nicht«, keifte er, »was der Sonnentempel für Margan bedeutet. Ihr seid ein gottloser Mensch. Das beweist schon, dass Ihr unseren Mitbruder Jaryn abgeschlachtet habt wie ein Stück Vieh.«
    »Hinaus!«, flüsterte Rastafan heiser. »Sonst vergesse ich mich und ihm werden drei weitere Mitbrüder folgen.«
    Annakim riss entsetzt die Augen auf, während seine Begleiter stöhnende Laute von sich gaben. So hatte noch nie jemand mit ihm gesprochen, auch kein König. Doron hatte dem Sonnentempel stets jene Ehrfurcht gezollt, die ihm gebührte. »Ja, wir gehen«, erwiderte er mit verhaltenem Zorn. »Aber Achay wird Eure Drohung gegenüber seinen Dienern nicht ungestraft lassen.«
    Kaum waren sie fort, ließ sich Rastafan missmutig in einen Sessel fallen. Saric öffnete die Tür einen Spalt und schaute heraus. Rastafan winkte ihn gereizt fort. »Ich will nichts hören.« Saric schloss die Tür leise wieder. Doch Rastafan blieb nicht viel Zeit zum Durchatmen. Frantes meldete, dass Orchan ihn sprechen wolle.
    »Nicht jetzt«, brummte Rastafan.
    »Er ist aus Caschu zurück«, meldete Frantes näselnd.
    »Das glaube ich gern, denn dort hatte ich ihn hingeschickt. Also gut, er soll hereinkommen.«
    »Er hat schlechte Laune«, raunte Frantes dem Kaufmann zu, als dieser in das Zimmer trat.
    »Sie wird noch schlechter werden, fürchte ich.«
    Frantes schloss die Tür hinter ihm, und Orchan verneigte sich.
    Rastafan betrachtete ihn missvergnügt. »Bringst du gute oder schlechte Nachrichten?«
    »Wie man es nimmt«, erwiderte Orchan diplomatisch und wartete darauf, dass Rastafan ihm einen Platz anbot, aber dieser war mit seinen Gedanken woanders. Auch Orchans lautstarkes Räuspern half da nichts.
    »Ich habe mit vielen Leuten in Caschu gesprochen«, begann Orchan. »Wirklich mit vielen.«
    Rastafans Finger trommelten auf der Sessellehne, und Orchan gab sich einen Ruck. »Was soll ich Euch sagen, Herr. Das mit den Wahlen, wie sich das Prinz Jaryn vorgestellt hatte, das wird wohl nichts.«
    Mit den Wahlen? Rastafan hatte nur »Jaryn« gehört und umklammerte die Lehne, als müsse er sich irgendwo festhalten. Spricht heute jeder nur von Jaryn?, dachte er. Oder bilde ich mir das ein? Er versuchte, seine verstreuten Gedanken zu sammeln. »Die Wahlen sagtest du? Richtig. Weshalb wird das nichts?«
    »Als ich die Leute fragte, wen sie sich als Statthalter vorstellen könnten, erwähnten einige ihre Verwandten oder Nachbarn, manche auch sich selbst. Natürlich, ohne sich die geringsten Gedanken darüber zu machen, wie

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