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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Vorsicht mahnen läßt. Sie müssen nämlich
    wissen, Rubehn, was wir letzten Sommer in dieser
    erbärmlichen Glaskastensammlung, die den stolzen
    Namen Aquarium führt, schaudernd selbst erlebt
    haben. Nicht mehr und nicht weniger als einen Aus-
    bruch, Eruption, und ich höre noch Anastasias Auf-
    schrei und werd' ihn hören bis ans Ende meiner Ta-
    ge. Denken Sie sich, eine der großen Glasscheiben
    platzt, Ursache unbekannt, wahrscheinlich aber, weil Gryczinski seinem Füsiliersäbel eine falsche Direktive gegeben, und siehe da, ehe wir drei zählen können,
    steht unser ganzer Aquariumflur nicht nur handhoch
    unter Wasser, sondern auch alle Schrecken der Tiefe zappeln um uns her, und ein großer Hecht umschno-105
    pert Melanies Fußtaille mit allersichtlichster Vernachlässigung Tante Riekchens. Offenbar also ein Kenner.
    Und in einem Anfalle wahnsinniger Eifersucht hab'
    ich ihn schlachten lassen und seine Leber höchstei-
    genhändig verzehrt.«
    Anastasia bestätigte die Zutreffendheit der Schilderung, und selbst Melanie, die seit längerer Zeit ähnlichen Exkursen ihres Gatten mit nur zu sichtlichem
    Widerstreben folgte, nahm heute wieder an der all-
    gemeinen Heiterkeit teil. Sie hatte sich schon vorher in dem mit Rubehn geführten Gespräche derartig
    heraufgeschraubt, daß sie wie geistig trunken und
    beinahe gleichgiltig gegen Erwägungen und Rück-
    sichten war, die sie noch ganz vor kurzem gequält
    hatten. Sie sah wieder alles von der lachenden Seite, selbst das Gewagteste, und faßte, ohne sich Rechenschaft davon zu geben, den Entschluß, mit der gan-
    zen nervösen Feinfühligkeit dieser letzten Wochen
    ein für allemal brechen und wieder keck und unbe-
    fangen in die Welt hineinleben zu wollen.
    Van der Straaten aber, überglücklich, mit seinem
    Aquariumshecht einen guten Abgang gefunden zu
    haben, griff nach Hut und Handschuh und versprach,
    auf Eile dringen zu wollen, soweit sich, einem Minister gegenüber, überhaupt auf irgend etwas dringen
    lasse.
    Das waren seine letzten Worte. Gleich darauf hörte
    man das Knirschen der Räder und empfing von au-
    ßen her, über das Parkgitter hin, einen absichtlich übertriebenen Feierlichkeitsgruß, in dem sich die

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    ganze Bedeutung eines Mannes ausdrücken sollte,
    der zum Minister fährt. Noch dazu zum Finanzminis-
    ter, der eigentlich immer ein Doppelminister ist.
    12

Unter Palmen
    Die Nachmittagstunden vergingen, wie's Melanie ge-
    plant und van der Straaten gebilligt hatte. Dem an-
    derthalbstündigen Musizieren folgte das kleine Diner, opulenter als gedacht, und die Sonne stand eben
    noch über den Bosquets, als man sich erhob, um
    draußen im »Orchard« ein zweites Dessert von den
    Bäumen zu pflücken.
    Dieser für allerhand Obstkulturen bestimmte Teil des Parkes lief, an sonnigster Stelle, neben dem Fluß
    entlang und bestand aus einem anscheinend endlo-
    sen Kieswege, der nach der Spree hin offen, nach
    der Parkseite hin aber von Spalierwänden eingefaßt
    war. An diesen Spalieren, in kunstvollster Weise behandelt und jeder einzelne Zweig gehegt und ge-
    pflegt, reiften die feinsten Obstarten, während kaum minder feine Sorten an nebenherlaufenden niederen
    Brettergestellen, etwa nach Art großer Ananaserd-
    beeren, gezogen wurden.
    Melanie hatte Rubehns Arm genommen, Anastasia
    folgte langsam und in wachsenden Abständen; Heth
    aber auf ihrem Velocipède begleitete die Mama, bald weit vorauf, bald dicht neben ihr, und wandte sich
    dann wieder, ohne die geringste Ahnung davon, daß

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    ihre rückseitige Drapierung in ein immer komische-
    res und ungenierteres Fliegen und Flattern kam. Me-
    lanie, wenn Heth die Wendung machte, suchte je-
    desmal durch ein lebhafteres Sprechen über die klei-ne Verlegenheit hinwegzukommen, bis Rubehn end-
    lich ihre Hand nahm und sagte: »Lassen wir doch
    das Kind. Es ist ja glücklich, beneidenswert glücklich.
    Und Sie sehen, Freundin, ich lache nicht einmal.«
    »Sie haben recht«, entgegnete Melanie. »Torheit und nichts weiter. Unsere Scham ist unsere Schuld. Und
    eigentlich ist es rührend und entzückend zugleich.«
    Und als der kleine Wildfang in eben diesem Augenblicke wieder heranrollte, kommandierte sie selbst:
    »Rechts um. Und nicht zu nah an die Spree! Sehen
    Sie nur, wie sie hinfliegt. Solange die Welt steht, hat keine Reiterei mit so fliegenden Fahnen angegriffen.«
    Unter solchem Gespräch waren sie bis an die Stelle
    gekommen, wo, von der Parkseite her, ein breiter,
    avenueartiger Weg

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