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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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da sollen Sie getraut werden.
    Und oben in der Kuppel wollen wir stehn und ein
    schönes Lied singen, einen Choral, ich und Fräulein 114
    Anastasia, und Herr Rubehn hier und Herr Elimar
    Schulze, den Sie ja auch kennen. Und dabei soll Ih-
    nen zumute sein, als ob Sie schon im Himmel wären
    und hörten die Engel singen.«
    »Glaub' ich, Frau Rätin. Glaub' ich.«
    »Und zu vorläufigem Dank für all diese kommenden
    Herrlichkeiten sollen Sie, liebster Kagelmann, uns
    jetzt in das Palmenhaus führen. Denn ich weiß nicht Bescheid und kenne die Namen nicht, und der fremde Herr hier, der ein paarmal um die Welt herumge-
    fahren ist und die Palmen sozusagen an der Quelle
    studiert hat, will einmal sehen, was wir haben und
    nicht haben.« Eigentlich kam alles dieses dem Alten so wenig gelegen wie möglich, weil er seine Kübel
    und Blumentöpfe noch vor Dunkelwerden in das klei-
    ne Treibhaus hineinschaffen wollte. Er bezwang sich aber, schob seine Mütze, wie zum Zeichen der Zustimmung, wieder nach hinten und sagte: »Frau Rä-
    tin haben bloß zu befehlen.«
    Und nun gingen sie zwischen langen und niedrigen
    Backsteinöfen hin, den bloß mannsbreiten Mittelgang hinauf, bis an die Stelle, wo dieser Mittelgang in das große Palmenhaus einmündete. Wenige Schritte
    noch, und sie befanden sich wie am Eingang eines
    Tropenwaldes, und der mächtige Glasbau wölbte sich
    über ihnen. Hier standen die Prachtexemplare der
    van der Straatenschen Sammlung: Palmen, Drakäen,
    Riesenfarren, und eine Wendeltreppe schlängelte
    sich hinauf, erst bis in die Kuppel und dann um diese 115
    selbst herum und in einer der hohen Emporen des
    Langschiffes weiter.
    Unterwegs war nicht gesprochen worden.
    Als sie jetzt unter der hohen Wölbung hielten, ent-
    sann sich Kagelmann, etwas Wichtiges vergessen zu
    haben. Eigentlich aber wollt' er nur zurück und sag-te: »Frau Rätin wissen ja nu Bescheid un kennen die Galerie. Da wo der kleine Tisch is un die kleinen
    Stühle, das is der beste Platz, un is wie' ne Laube, un janz dicht. Un da sitzt ooch immer der Herr
    Kommerzienrat. Un keiner sieht ihn. Un das hat er
    am liebsten.« Und danach verabschiedete sich der
    Alte, wandte sich aber noch einmal um, um zu fra-
    gen, »ob er das Fräulein schicken solle?«
    »Gewiß, Kagelmann. Wir warten.«
    Und als sie nun allein waren, nahm Rubehn den Vor-
    tritt und stieg hinauf und eilte sich, als er oben war, der noch auf der Wendeltreppe stehenden Melanie
    die Hand zu reichen. Und nun gingen sie weiter über die kleinen, klirrenden Eisenbrettchen hin, die hier als Dielen lagen, bis sie zu der von Kagelmann be-schriebenen Stelle kamen, besser beschrieben, als er selber wissen mochte. Wirklich, es war eine phantas-tisch aus Blattkronen gebildete Laube, fest geschlossen, und überall an den Gurten und Ribben der Wöl-
    bung hin rankten sich Orchideen, die die ganze Kup-
    pel mit ihrem Duft erfüllten. Es atmete sich wonnig, aber schwer in dieser dichten Laube; dabei war es,
    als ob hundert Geheimnisse sprächen, und Melanie

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    fühlte, wie dieser berauschende Duft ihre Nerven
    hinschwinden machte. Sie zählte jenen von äußeren
    Eindrücken, von Luft und Licht abhängigen Naturen
    zu, die der Frische bedürfen, um selber frisch zu
    sein. Über ein Schneefeld hin, bei rascher Fahrt und scharfem Ost - da wär' ihr der heitere Sinn, der tap-fere Mut ihrer Seele wiedergekommen, aber diese
    weiche, schlaffe Luft machte sie selber weich und
    schlaff, und die Rüstung ihres Geistes lockerte sich und löste sich und fiel.
    »Anastasia wird uns nicht finden.«
    »Ich vermisse sie nicht.«
    »Und doch will ich nach ihr rufen.«
    »Ich vermisse sie nicht«, wiederholte Rubehn, und
    seine Stimme zitterte. »Ich vermisse nur das Lied,
    das sie damals sang, als wir im Boot über den Strom fuhren. Und nun rate.« »Long, long ago...«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Oh, säh' ich auf der Heide dort...«
    »Auch das nicht, Melanie.«
    »Rohtraut«, sagte sie leis.
    Und nun wollte sie sich erheben. Aber er litt es nicht und kniete nieder und hielt sie fest, und sie flüster-117
    ten Worte, so heiß und so süß wie die Luft, die sie atmeten.
    Endlich aber war die Dämmerung gekommen, und
    breite Schatten fielen in die Kuppel. Und als alles immer noch still blieb, stiegen sie die Treppe hinab und tappten sich durch ein Gewirr von Palmen, erst
    bis in den Mittelgang und dann ins Freie zurück.
    Draußen fanden sie Anastasia.
    »Wo du nur bliebst!« fragte Melanie befangen.

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