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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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darüber würd' ihm einfach als Pflicht erscheinen, wenn er nicht andererseits den alten Satz wieder bewahrheitet fände, daß jedes neue Recht
    immer nur unter Kränkung alter Rechte geboren
    werden könne. Das neue Recht (wie der Fall hier
    läge) sei durch seinen Freund Rubehn, das alte Recht durch seinen Freund Elimar vertreten, und wenn er
    diesem letzteren auch gerne zugestehe, daß er in
    vielen Stücken er selbst geblieben, ja bei Tische sogar als eine Potenzierung seiner selbst zu erachten sei, so läge doch gerade hierin die nicht wegzuleug-nende Gefahr. Denn er wisse wohl, daß dieses Plus
    an Verzehrung einen furchtbaren Gleichschritt mit
    Elimars innerem verzehrenden Feuer halte. Wes Na-
    mens aber dieses Feuer sei, ob Liebe, Haß oder Ei-

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    fersucht, das wisse nur der , der in den Abgrund sieht.
    In dieser Weise zischten und platzten die reichlich umhergeworfenen van der Straatenschen Schwärmer, von deren Sprühfunken sonderbarerweise die-
    jenigen am wenigsten berührt wurden, auf die sie
    berechnet waren. Es lag eben alles anders, als der
    kommerzienrätliche Feuerwerker annahm. Elimar,
    der sich auf der Stralauer Partie, weit über Wunsch und Willen hinaus, engagiert hatte, hatte durch Rubehns anscheinende Rivalität eine Freiheit wiedergewonnen, an der ihm viel, viel mehr als an Anastasias Liebe gelegen war, und diese selbst wiederum vergaß ihr eigenes, offenbar im Niedergange begriffenes Glück in dem Wonnegefühl, ein anderes hochinteres-santes Verhältnis unter ihren Augen und ihrem
    Schutze heranwachsen zu sehen. Sie schwelgte mit
    jedem Tage mehr in der Rolle der Konfidenten, und
    weit über das gewöhnliche Maß hinaus mit dem alten
    Evahange nach dem Heimlichen und Verbotenen
    ausgerüstet, zählte sie diese Winterwochen nicht nur zu den angeregtesten ihres an Anregungen so reichen Lebens, sondern erfreute sich nebenher auch
    noch des unbeschreiblichen Vergnügens, den ihr au
    fond unbequemen und widerstrebenden van der
    Straaten gerade dann am herzlichsten belachen zu können, wenn dieser sich in seiner Sultanslaune ge-müßigt fühlte, sie zum Gegenstand allgemeiner und natürlich auch seiner eigenen Lachlust zu machen.
    In der Tat, unser kommerzienrätlicher Freund hätte
    bei mehr Aufmerksamkeit und weniger Eigenliebe

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    stutzig werden und über das Lächeln und den
    Gleichmut Anastasias den eigenen Gleichmut verlie-
    ren müssen; er gab sich aber umgekehrt einer Ver-
    trauensseligkeit hin, für die, bei seinem sonst
    soupçonnösen und pessimistischen Charakter, jeder
    Schlüssel gefehlt haben würde, wenn er nicht unter
    Umständen, und auch jetzt wieder, der Mann völlig
    entgegengesetzter Voreingenommenheiten gewesen
    wäre. In seiner Scharfsicht oft übersichtig und Dinge sehend, die gar nicht da waren, übersah er ebenso
    oft andere, die klar zutage lagen. Er stand in der
    abergläubischen Furcht, in seinem Glücke von einem
    vernichtenden Schlage bedroht zu sein, aber nicht
    heut' und nicht morgen, und je bestimmter und un-
    ausbleiblicher er diesen Schlag von der Zukunft er-
    wartete, desto sicherer und sorgloser erschien ihm
    die Gegenwart. Und am wenigsten sah er sie von der Seite her gefährdet, von der aus die Gefahr so nahe lag und von jedem andern erkannt worden wäre.
    Doch auch hier wiederum stand er im Bann einer
    vorgefaßten Meinung, und zwar eines künstlich kon-
    struierten Rubehn, der mit dem wirklichen eine ganz oberflächliche Verwandtschaft, aber in der Tat auch nur diese hatte. Was sah er in ihm? Nichts als ein Frankfurter Patrizierkind, eine ganz und gar auf Anstand und Hausehre gestellte Natur, die zwar in ju-
    gendliche Torheiten verfallen, aber einen Vertrauens-und Hausfriedensbruch nie und nimmer begehen
    könne. Zum Überflusse war er verlobt und um so
    verlobter, je mehr er es bestritt. Und abends beim
    Tee, wenn Anastasia zugegen und das Verlobungs-
    thema mal wieder an der Reihe war, hieß es vertrau-
    lich und gutgelaunt: »Ihr Weiber hört ja das Gras

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    wachsen und nun gar erst das Gras! Ich wäre doch neugierig zu hören, an wen er sich vertan hat. Eine Vermutung hab' ich und wette zehn gegen eins, an
    eine Freiin vom deutschen Uradel, etwa wie Schreck
    von Schreckenstein oder Sattler von der Hölle.« Und dann widersprachen beide Damen, aber doch so klug
    und vorsichtig, daß ihr Widerspruch, anstatt irgend etwas zu beweisen, eben nur dazu diente, van der
    Straaten in seiner vorgefaßten Meinung immer fester zu machen.
    Und so kam

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