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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Heiligabend, und im ersten Saale der
    Bildergalerie waren all unsre Freunde, mit Ausnahme Rubehns, um den brennenden Baum her versam-melt. Elimar und Gabler hatten es sich nicht nehmen lassen, auch ihrerseits zu der reichen Bescherung
    beizusteuern: ein riesiges Puppenhaus, drei Stock
    hoch, und im Souterrain eine Waschküche mit Herd
    und Kessel und Rolle. Und zwar eine altmodische
    Rolle mit Steinkasten und Mangelholz. Und sie rollte wirklich. Und es unterlag alsbald keinem Zweifel, daß das Puppenhaus den Triumph des Abends bildete,
    und beide Kinder waren selig. Sogar Lydia tat ihre
    Vornehmheitsallüren beiseit und ließ sich von Elimar in die Luft werfen und wieder fangen. Denn er war
    auch Turner und Akrobat. Und selbst Melanie lachte
    mit und schien sich des Glücks der andern zu freuen oder es gar zu teilen. Wer aber schärfer zugesehen
    hätte, der hätte wohl wahrgenommen, daß sie sich
    bezwang, und mitunter war es, als habe sie geweint.
    Etwas unendlich Weiches und Wehmütiges lag in
    dem Ausdruck ihrer Augen, und der Polizeirat sagte

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    zu Duquede: »Sehen Sie, Freund, ist sie nicht schö-
    ner denn je?«
    »Blaß und angegriffen«, sagte dieser. »Es gibt Leute, die blaß und angegriffen immer schön finden. Ich
    nicht. Sie wird überhaupt überschätzt, in allem, und am meisten in ihrer Schönheit.«
    An den Aufbau schloß sich wie gewöhnlich ein Sou-
    per, und man endete mit einem schwedischen
    Punsch. Alles war heiter und guter Dinge. Melanie
    belebte sich wieder, gewann auch wieder frischere
    Farben, und als sie Riekchen und Anastasia, die bis zuletzt geblieben waren, bis an die Treppe geleitete, rief sie dem kleinen Fräulein mit ihrer freundlichen und herzgewinnenden Stimme nach: »Und sieh dich
    vor, Riekchen. Christel sagt mir eben, es glatteist.«
    Und dabei bückte sie sich über das Geländer und
    grüßte mit der Hand.
    »Oh, ich falle nicht«, rief die Kleine zurück. »Kleine Leute fallen überhaupt nicht. Und am wenigsten,
    wenn sie vorn und hinten gut balancieren.«
    Aber Melanie hörte nichts mehr von dem, was Riek-
    chen sagte. Der Blick über das Geländer hatte sie
    schwindlig gemacht, und sie wäre gefallen, wenn sie nicht van der Straaten aufgefangen und in ihr Zimmer zurückgetragen hätte. Er wollte klingeln und
    nach dem Arzte schicken. Aber sie bat ihn, es zu
    lassen. Es sei nichts, oder doch nichts Ernstes, oder doch nichts, wobei der Arzt ihr helfen könne.

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    Und dann sagte sie, was es sei.

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    Entschluß
    Erst den dritten Tag danach hatte sich Melanie hin-
    reichend erholt, um in der Alsenstraße, wo sie seit Wochen nicht gewesen war, einen Besuch machen zu
    können. Vorher aber wollte sie bei der Madame Gui-
    chard, einer vor kurzem erst etablierten Französin, vorsprechen, deren Confektions und künstliche Blumen ihr durch Anastasia gerühmt worden waren. Van
    der Straaten riet ihr, weil sie noch angegriffen sei, lieber den Wagen zu nehmen, aber Melanie bestand
    darauf, alles zu Fuß abmachen zu wollen. Und so
    kleidete sie sich in ihr diesjähriges Weihnachtsge-
    schenk, einen Nerzpelz und ein Kastorhütchen mit
    Straußenfeder, und war eben auf dem letzten Trep-
    penabsatz, als ihr Rubehn begegnete, der inzwischen von ihrem Unwohlsein gehört hatte und nun kam,
    um nach ihrem Befinden zu fragen.
    »Ah, wie gut, daß Sie kommen«, sagte Melanie.
    »Nun hab' ich Begleitung auf meinem Gange. Van
    der Straaten wollte mir seinen Wagen aufzwingen,
    aber ich sehne mich nach Luft und Bewegung. Ach,
    unbeschreiblich... Mir ist so bang und schwer...«
    Und dann unterbrach sie sich und setzte rasch hinzu:
    »Geben Sie mir Ihren Arm. Ich will zu meiner
    Schwester. Aber vorher will ich Ballblumen kaufen,

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    und dahin sollen Sie mich begleiten. Eine halbe
    Stunde nur. Und dann geh' ich Sie frei, ganz frei.«
    »Das dürfen Sie nicht, Melanie. Das werden Sie
    nicht.«
    »Doch.«
    »Ich will aber nicht freigegeben sein.«
    Melanie lachte. »So seid ihr. Tyrannisch und eigen-
    mächtig auch noch in eurer Huld, auch dann noch, wenn ihr uns dienen wollt. Aber kommen Sie. Sie
    sollen mir die Blumen aussuchen helfen. Ich vertraue ganz Ihrem Geschmack. Granatblüten; nicht wahr?«
    Und so gingen sie die Große Petristraße hinunter und vom Platz aus durch ein Gewirr kleiner Gassen, bis
    sie, hart an der Jägerstraße, das Geschäft der Ma-
    dame Guichard entdeckten, einen kleinen Laden, in
    dessen Schaufenster ein Teil ihrer französischen
    Blumen ausgebreitet lag.
    Und nun

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