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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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mich nicht irren. Und wie sie lacht.«
    Ja, Melanie lachte wirklich. Aber wer sie die folgenden Tage gesehen hätte, der hätte die Beauté jenes
    Ballabends in ihr nicht wiedererkannt, am wenigsten wär' er ihrem Lachen begegnet. Sie lag leidend und
    abgehärmt, uneins mit sich und der Welt, auf dem

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    Sofa und las ein Buch, und wenn sie's gelesen hatte, so durchblätterte sie's wieder, um sich einigermaßen zurückzurufen, was sie gelesen. Ihre Gedanken
    schweiften ab. Rubehn kam, um nach ihr zu fragen,
    aber sie nahm ihn nicht an und grollte mit ihm, wie mit jedem. Und ihr wurde nur leichter ums Herz,
    wenn sie weinen konnte.
    So vergingen ein paar Wochen, und als sie wieder
    aufstand und sprach und wieder nach den Kindern
    und dem Haushalte sah, schärfer und eindringlicher
    als sonst, war ihr der energische Mut ihrer früheren Tage zurückgekehrt, aber nicht die Stimmung. Sie
    war reizbar, heftig, bitter. Und was schlimmer, auch kapriziös. Van der Straaten unternahm einen Feldzug gegen diesen vielköpfigen Feind und im einzelnen
    nicht ohne Glück, aber in der Hauptsache griff er
    fehl, und während er ihrer Reizbarkeit klugerweise
    mit Nachgiebigkeit begegnete, war er, ihrer Caprice gegenüber, unklugerweise darauf aus, sie durch
    Zärtlichkeit besiegen zu wollen. Und das entschied
    über ihn und sie. Jeder Tag wurd' ihr qualvoller, und die sonst so stolze und siegessichere Frau, die mit dem Manne, dessen Spielzeug sie zu sein schien und
    zu sein vorgab, durch viele Jahre hin immer nur ih-
    rerseits gespielt hatte, sie schrak jetzt zusammen
    und geriet in ein nervöses Zittern, wenn sie von fern her seinen Schritt auf dem Korridore hörte. Was
    wollte er? Um was kam er? - Und dann war es ihr,
    als müsse sie fliehen und aus dem Fenster springen.
    Und kam er dann wirklich und nahm ihre Hand, um
    sie zu küssen, so sagte sie: »Geh. Ich bitte dich. Ich bin am liebsten allein.«

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    Und wenn sie dann allein war, so stürzte sie fort, oft ohne Ziel, öfter noch in Anastasiens stille, zurückge-legene Wohnung, und wenn dann der Erwartete
    kam, dann brach alle Not ihres Herzens in bittre Trä-
    nen aus, und sie schluchzte und jammerte, daß sie
    dieses Lügenspiel nicht mehr ertragen könne. »Steh
    mir bei, hilf mir, Ruben, oder du siehst mich nicht lange mehr. Ich muß fort, fort, wenn ich nicht sterben soll vor Scham und Gram.«
    Und er war mit erschüttert und sagte: »Sprich nicht so, Melanie. Sprich nicht, als ob ich nicht alles wollte, was du willst. Ich habe dein Glück gestört (wenn es ein Glück war), und ich will es wieder aufbauen. Ü-
    berall in der Welt, wie du willst und wo du willst. Je-de Stunde, jeden Tag.«
    Und dann bauten sie Luftschlösser und träumten und
    hatten eine lachende Zukunft um sich her. Aber auch wirkliche Pläne wurden laut, und sie trennten sich
    unter glücklichen Tränen.
    15

Die Vernezobres
    Und was geplant worden war, das war Flucht. Den
    letzten Tag im Januar wollten sie sich an einem der Bahnhöfe treffen, in früher Morgenstunde, und dann
    fahren, weit, weit in die Welt hinein, nach Süden zu, über die Alpen. »Ja, über die Alpen«, hatte Melanie gesagt und aufgeatmet, und es war ihr dabei gewesen, als wär' erst ein neues Leben für sie gewonnen, 132
    wenn der große Wall der Berge trennend und schüt-
    zend hinter ihr läge. Und auch darüber war gespro-
    chen worden, was zu geschehen habe, wenn van der
    Straaten ihr Vorhaben etwa hindern wolle. »Das wird er nicht«, hatte Melanie gesagt. - »Und warum nicht?
    Er ist nicht immer der Mann der zarten Rücksichts-
    nahmen und liebt es mitunter, die Welt und ihr Ge-
    rede zu brüskieren.« - »Und doch wird er sich's er-
    sparen, sich und uns. Und wenn du wieder fragst,
    warum? Weil er mich liebt. Ich hab' es ihm freilich schlecht gedankt. Ach, Ruben, Freund, was sind wir
    in unserem Tun und Wollen! Undank, Untreue... mir
    so verhaßt! Und doch... ich tät' es wieder, alles, alles. Und ich will es nicht anders, als es ist.«
    So vergingen die Januarwochen. Und nun war es die
    Nacht vor dem festgesetzten Tage. Melanie hatte
    sich zu früher Stunde niedergelegt und ihrer alten
    Dienerin befohlen, sie Punkt drei zu wecken. Auf die-se konnte sie sich unbedingt verlassen, trotzdem
    Christel ihren Dienstjahren, aber freilich auch nur diesen nach, zu jenen Erbstücken des Hauses gehör-te, die sich unter Duquedes Führung in einer stillen Opposition gegen Melanie gefielen.
    Und kaum, daß es drei geschlagen, so war

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