Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
Der Standard wurde gewahrt, und von Evelyn Waugh ist die Redewendung überliefert, etwas sei »sehr Highclere«, was so viel hieß wie »hervorragend umgesetzt«. Der Schriftsteller war gelegentlich zu Gast: Er heiratete zuerst die Nichte des 5. Earls, Evelyn, Winifreds Tochter, und in zweiter Ehe Laura, wiederum Carnarvons Nichte, allerdings Aubrey Herberts Tochter.
Obwohl der 6. Earl 1939 weniger Personal beschäftigte als sein Vater (23 Hausbedienstete und natürlich sämtliche Arbeiter in den diversen Bereichen des Guts und der Forstwirtschaft), lief im Schloss und auf dem Anwesen dennoch alles in etwa so ab wie früher. Es war der Zweite Weltkrieg, nicht der Erste, der die britische Gesellschaft unwiderruflich änderte. Vorerst jedoch blieb in Highclere alles mehr oder weniger beim Alten.
Am 17. Januar 1924 wurde Almina Großmutter. Catherine brachte einen gesunden Jungen zur Welt, den nächsten Erben des Titels und Anwesens, der Henry George Reginald Molyneux Herbert genannt wurde. In derselben Wiege, in der schon sein Vater und seine Tante gelegen hatten, begann das Leben des neuen Lord Porchester in Highclere in der liebevollen Obhut seiner Eltern und der ganzen Familie. Eve und Brograve kamen fast jedes Wochenende zu Besuch, und so standen sich Eve und Catherine bald sehr nahe. Neue Freunde brachten Leben in die Repräsentationsräume und übernachteten in den Gästezimmern. Statt der alten Walzer und Polkas drangen nun Jazz und Charleston durch die offenen Fenster in manch lauen Sommerabend hinaus.
Der neue Lord Porchester wurde im April 1924 getauft. Man fuhr ihn in einem eleganten, leichten Zweispänner, den schon sein Großvater für Ausflüge durch den Park benutzt hatte, zur Highclere Church hinunter. Viele Anwohner von Highclere Newtown und Newbury hatten sich versammelt, um die junge Familie zu begrüßen und der Tauffeier beizuwohnen. Der kleine Wonneproppen wuchs mit viel Liebe auf und sollte später zu seiner Großmutter Almina eine besondere Zuneigung entwickeln.
Ein Jahr später brachte Eve eine Tochter zur Welt: Patricia Evelyn war damit eine fast gleichaltrige Cousine des zweiten Kindes von Lord und Lady Carnarvon, das auf den Namen Penelope getauft wurde.
Almina war entzückt angesichts der wachsenden Zahl an Enkelkindern und dem fröhlichen Treiben, das nun wieder in ihrem geliebten Highclere herrschte. Bei ihren Besuchen hielten sich Stolz und Wehmut die Waage, doch ihr Lebensmittelpunkt lag nun an einem anderen Ort. Ihr Mann war oft krank, und Almina pflegte ihn hingebungsvoll. Dies war der Anstoß, den sie brauchte, um sich der Krankenpflege erneut als ihre große Berufung zu entsinnen.
Seit dem Ende des Ersten Weltkriegs hatte so vieles ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch genommen: der immer labilere Gesundheitszustand ihres ersten Ehemanns, seine Entdeckung von Tutanchamuns Grab, die ihre Familie von heute auf morgen ins Rampenlicht beförderte; und natürlich sein tragischer, niederschmetternder Tod. Das nächste Jahr hindurch hielt ein quälend langes, rufschädigendes Gerichtsverfahren Almina und Ian Dennistoun in Atem, das Ians geschiedene Frau Dorothy angestrengt hatte. Doch bei all diesen Wechselfällen und dramatischen Wendungen in ihrem Leben verlor Almina nie ihre Vision von einem neuen Krankenhaus aus den Augen. Sie musste sich bis 1927 gedulden, doch als es schließlich seine Pforten öffnete, nannte sie es »Alfred House« – zu Ehren ihres geliebten Vaters, der ihr dieses außergewöhnliche Leben ermöglicht hatte.
EPILOG
Alminas Vermächtnis
100 Jahre nachdem das 19-jährige Mädchen mit Truhen und Reisekoffern voller Kleider, Seidenwäsche, Hüte, Muffs und zierlicher Schuhe in Highclere eintraf, ist Highclere Castle noch immer das Zuhause der Carnarvons. Vom 3. Earl in einem Höhenflug der Fantasie errichtet, wurde der stolze, prächtige Bau zu einem Symbol der britischen Geschichte.
Almina nahm an der Beerdigung von sowohl Queen Victoria als auch deren Sohn, Edward VII., teil und erlebte zwei Krönungsfeiern. Dem Kreis ihrer Familie und ihrer Freunde, darunter Politiker, Abenteurer, Generäle, Chirurgen, Ägyptologen, Rennpferdtrainer, Bankiers und Pioniere der Luftfahrt, war sie bei zahlreichen Anlässen eine großzügige Gastgeberin.
Dabei gab sie das Geld, ohne zu zögern, mit vollen Händen aus. Die meisten von uns müssen mit der frustrierenden Erfahrung leben, Ideen und Ziele zu haben, die sie aufgrund unzureichender Mittel nicht verwirklichen
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