Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
waren vollkommen überfordert, und die Deutschen stießen rund fünf Kilometer vor. Sie wiederholten den Gasangriff – mit der gleichen verheerenden Wirkung – beim britischen Expeditionskorps. Insgesamt starben 100 000 Männer, die meisten von ihnen alliierte Soldaten – und Tausende wurden mit einer neuen Palette von Symptomen zur ärztlichen Behandlung nach Großbritannien zurückgeschickt.
Im Mittelmeerraum war die Lage nicht besser. Drei Tage nachdem die Deutschen zum ersten Mal Gas eingesetzt hatten, erreichten britische und französische Streitkräfte sowie das ANZAC die hohen Felsen von Gallipoli und gingen an den Stränden der Halbinsel an Land. Die Türken hatten ausreichend Zeit gehabt, auf den Klippen Artillerie zu stationieren und an den Stränden zum Schutz ihrer Maschinengewehrposten Stacheldraht zu verlegen. Als die ersten Soldaten von ihren Schiffen an Land wateten, eröffnete die türkische Armee das Feuer. Hunderte alliierter Soldaten starben, ihr Blut färbte das Meer rot. Von den 200 Männern, die als Vorhut die Schiffe verließen, gelangten nur 21 an Land. Diejenigen, die sich bis zum Strand durchschlagen konnten, gerieten in den Kugelhagel der Maschinengewehre, und selbst als diesen bald die Munition ausging, büßten die Türken nicht an Kampfgeist ein. Das 57. Infanterieregiment des Osmanischen Reichs wurde ausgelöscht – nur mit Bajonetten bewaffnet, verlor es jeden einzelnen Mann. Ihre Selbstopferung verschaffte Zeit, weitere Truppen heranrücken zu lassen und die Schlacht fortzusetzen.
Die wenigen Überlebenden der alliierten Streitkräfte mussten, während sie sich an schmalen Felsvorsprüngen in den Klippen festklammerten, dabei zusehen, wie Kameraden um sie herum starben. Sanitäter durchkämmten das chaotische Schlachtfeld auf der Suche nach Verwundeten. Schon nach den ersten Tagen der Invasion war klar, dass der erwartete schnelle Sieg nicht eintreten würde. Im weiteren Verlauf verwandelte sich der Feldzug in ein barbarisches Gemetzel, in dem beide Seiten enorme Verluste erlitten. Die Schiffe, auf denen die alliierten Truppen angekommen waren, wurden in schwimmende Krankenhäuser und Leichenhallen verwandelt.
Aubrey Herbert war vor Ort und bahnte sich einen Weg durch die Schlacht, vorbei an Schützengräben voller Männer, die versuchten, trotz der Hölle, die sich um sie entfaltete, bei Verstand zu bleiben, um weiterzukämpfen. Aubrey versuchte, zu den türkischen Befehlshabern vorzudringen, um einen Waffenstillstand für die Bestattung der Toten zu vereinbaren. Einen Monat nachdem er in Gallipoli angekommen war, verhandelte er mit Mustafa Kemal, der später als Atatürk und erster Präsident der Republik Türkei berühmt werden sollte. Aubrey stellte sich als Geisel zur Verfügung, während die türkische Armee in Kabatepe 3000 Gefallene barg. Aubrey berichtete in seinen Briefen, die er an Elsie in Alexandria schickte, dass die engen, mit Thymian bewachsenen Schluchten in den Hügeln hinter dem Strand nach Tod rochen.
Die Schlacht zog sich trotz der hohen Verluste und der Tatsache, dass es kein Vorwärtskommen gab, monatelang hin. Aubrey überlebte den Sommer auf dem Schlachtfeld, wurde aber Anfang September schwer krank. Das war kaum verwunderlich, denn die auf Gallipoli herrschenden Bedingungen waren berüchtigt. Da in den glühend heißen Sommern die über die Halbinsel verstreuten Toten noch schneller verwesten, stieg die Anzahl der Infektionen. Die Winter waren eisig kalt, Stürme legten die flachen Gräber frei und wehten aufgedunsene Leichen in die Schützengräben.
Aubrey wurde nach Alexandria gebracht und dort von seiner Mutter in ihrer Funktion als Koordinatorin der Lazarettschiffe in Empfang genommen. Aubreys Mutter war überglücklich, ihn zu sehen, doch sandte sie ihn, nachdem sie sich überzeugt hatte, dass er nicht in unmittelbarer Lebensgefahr schwebte, zur Erholung nach Kairo und setzte ihre Arbeit fort. Aubrey verbrachte ein paar Tage im Shepheard’s Hotel, das inzwischen fast vollständig geschlossen war und von der Erinnerung an glücklichere Tage zehrte. Mary stieß zu ihm, und das Paar verbrachte eine kurze Erholungspause. Aubreys Fieber sank, doch er fand keine Ruhe und wurde angesichts der Tatsache, dass er es sich in einem der letzten luxuriösen Rückzugsorte in Ägypten bequem machte, von Schuldgefühlen geplagt. Sobald er dazu in der Lage war, kehrte er nach Gallipoli zurück, erkrankte aber kurz nach seiner Ankunft erneut und wurde
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