Lady Almina und das wahre Downton Abbey: Das Vermächtnis von Highclere Castle (German Edition)
Gast hielt sich in jenem Jahr auf dem Anwesen auf, ein junger Mann namens Brograve Beauchamp, der später 14 Jahre lang als konservativer Abgeordneter des Wahlkreises Walthamstow East dem Unterhaus angehörte. Dieser hatte über seinen Vater, der ebenfalls Politiker war, die Bekanntschaft Aubreys gemacht, und Aubrey hatte ihn – in seiner typisch großzügigen Art – nach Highclere eingeladen.
Eine Person freute sich ganz besonders, ihn näher kennenzulernen. Eve, die sich nun bereits in ihrer dritten Saison der hochherrschaftlichen Festlichkeiten befand, war Brograve bereits auf mehreren Bällen begegnet. Sie liebte es, mit ihm zu tanzen. Da Eve nicht nur schön und charmant, sondern auch reich war, mangelte es ihr nicht an Verehrern. Doch sie legte es nicht darauf an, sich der erstbesten Gelegenheit zu versichern. Sie hatte ihrer Mutter geholfen, verwundete Soldaten zu pflegen, als sich das Krankenhaus in Highclere Castle befunden hatte. Sie hatte ihren Vater jahrelang nach Ägypten begleitet und teilte dessen Leidenschaft für antike Kunstobjekte. Sie war belesen, hatte einen liebenswürdigen Charakter und ein gesundes Selbstwertgefühl, so wie ihre Eltern auch. Lord und Lady Carnarvon hatten Eve ausdrücklich dazu ermuntert, sich bei der Wahl eines Ehemannes Zeit zu lassen. Und das tat sie.
In jenem Sommer in Highclere weckte Brograve ihr Interesse. Wie hätte es auch angesichts seiner stattlichen Größe von 1,83 Metern anders sein können? Er war der Sohn des liberalen Politikers und ehemaligen Vorsitzenden des internationalen Versicherungsmarkts Lloyd’s of London, Sir Edward Beauchamps, gut aussehend, besonnen und gewandt. Die beiden jungen Leute flirteten behutsam im Salon, und Eve stellte fest, dass Brograve eindeutig eine Vorliebe für sie entwickelt hatte. Dennoch beschloss sie, einige Monate abzuwarten, um zu beobachten, wie sich Brograves Interesse entwickeln würde. Sie würden sich sicher über kurz oder lang in London begegnen.
In jenem Sommer verbrachte Lord Carnarvon außerdem ein paar Tage mit seinem Sohn in Paris. Beide liebten die Stadt. Porchys Karriere beim Militär schritt voran, und er hatte den größten Teil des Jahres in Gibraltar verbracht. Dort hatte er ein Mädchen namens Catherine Wendell kennengelernt, eine Amerikanerin, die kein nennenswertes Vermögen besaß, jedoch charmant und attraktiv war. Porchy spielte, egal, wo er sich aufhielt, auf dem gesellschaftlichen Parkett stets eine bedeutende Rolle – er war ein großer Frauenschwarm. Doch er war sich vollkommen darüber im Klaren, dass Catherine »die Einzige ist, die ich mir als zukünftige Lady Porchester vorstellen kann«. Wie Eve war er nicht dazu geneigt, eine schnelle Entscheidung zu treffen, und obwohl er eine Präferenz hatte, wartete er ab.
Ende 1921 half Howard Carter Lord Carnarvon dabei, einen Katalog für eine Ausstellung anzufertigen, die vom Komitee der Egypt Exploration Society veranstaltet wurde, bei der der Earl ein bedeutendes Mitglied war. Für die Exposition, die im Burlington Fine Arts Club stattfand und ein grandioser Erfolg wurde, stellte Lord Carnarvon der Stiftung den Großteil seiner Artefakte zur Verfügung. Im Januar brachen die Männer dann zu ihrer alljährlichen Reise auf. Sie verbrachten fast die gesamten ersten drei Monate des Jahres 1922 in Ägypten.
Auch Aubrey war an einen seiner beliebtesten Tummelplätze zurückgekehrt – nach Konstantinopel. Dort befand sich auch Porchy, der soeben von seinem Regiment zeitweilig an die britische Botschaft versetzt worden war. Da Aubreys unverhohlene Kritik an der Position Großbritanniens zum Nahen Osten ihn in den Augen der Regierung Seiner Majestät verdächtig gemacht hatte, hatte man nun ein jüngeres Mitglied des Botschaftsstabs abgestellt, um zu kontrollieren, was er vorhatte. Wer auch immer mit der Organisation dieses Vorhabens betraut gewesen war, hatte seine Hausaufgaben nicht gemacht, denn er übertrug diese Aufgabe Lord Porchester, dem Neffen Aubreys. Die beiden Männer freuten sich sehr, sich wiederzusehen, und Porchy erzählte seinem Onkel gleich am ersten Abend beim gemeinsamen Abendessen von seiner Mission. Sie beschlossen, ein paar Geschichten zu erfinden, um Porchys Vorgesetzte bei Laune zu halten.
Porchy hatte wie immer eine vergnügliche Zeit. Einmal begegnete er zufällig General Baratoff, dem Oberbefehlshaber der weißrussischen Streitkräfte, dem er 1917, als die Briten immer noch versucht hatten, die russische Armee zu
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