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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D. H. Lawrence
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Ozeans ist: all unsere Bäume sind submarine Gewächse, und wir sind eine unheimliche, schuppenbekleidete submarine Fauna, die sich von verrottetem Fischfleisch nährt wie Garnelen. Nur manchmal steigt die Seele, nach Luft ringend, durch die bodenlosen Tiefen empor, in denen wir leben – weit empor an die Oberfläche des Äthers, dorthin, wo es wirkliche Luft gibt. Ich bin überzeugt, daß die Luft, die wir gewöhnlich atmen, aus einer Art Wasser besteht, und daß Männer und Frauen eine Abart von Fischen sind.
    Aber manchmal taucht die Seele eben auf, schießt wie eine Möwe in Ekstase empor zum Licht, nachdem sie zuvor in den Unterwasserbereichen geräubert hat. Wahrscheinlich ist es unsere sterbliche Bestimmung, daß wir über das gespenstische unterseeische Leben unserer Mitmenschen im submarinen Dschungel der Menschheit herfallen müssen. Aber unsere unsterbliche Bestimmung ist es, in dem Augenblick, da wir unsere schuppige Beute verschlungen haben, wieder in den strahlenden Äther aufzusteigen, hervorzubrechen aus der Oberfläche des alten Ozeans ins wahre Licht. Da werden wir uns dann unserer ewigen Natur bewußt.
    Wenn ich Mrs.   Boltons Erzählungen zuhöre, habe ich das Gefühl, als tauchte ich tief, tief hinab in die Fluten, wo die Fische menschlicher Geheimnisse schwimmen und sich winden. Aus Gier nach Fleisch schnappt man sich einen Schnabelvoll Beute: und dann wieder hinauf, hinauf, heraus aus dem Trüben ins Ätherische, aus dem Nassen ins Trockne. Dir kann ich den ganzen Vorgang erzählen. Aber bei Mrs.   Bolton empfinde ich nur den Sturz in die Tiefe – immer tiefer geht es hinab, greulich hinab zu den Algen und den bleichen Ungeheuern auf dem Grund.
    Ich fürchte, wir verlieren unseren Heger. Der Skandal mit der ehrvergessenen Gattin hat, statt zur Ruhe zu kommen, immer weitere Kreise gezogen. Mellors wird aller nur möglichen unaussprechlichen Dinge beschuldigt, und merkwürdig genug: die Frau hat es erreicht, die Mehrzahl der Bergarbeitersfrauen, schauerliches Fischzeug, hinter sich zu bringen, und das Dorf fault geradezu vor Klatsch.
    Ich höre, daß diese Bertha Coutts nun Mellors im Haus seiner Mutter belagert, nachdem sie vorher das Forsthaus und die Hütte ausgeräumt hat. Eines Tages wurde sie ihrer Tochter habhaft, als dieses Früchtchen von ihrem Stamm aus der Schule heimkam. Aber die Kleine, statt die Hand der liebenden Mutter zu küssen, biß kräftig hinein und bekam von der anderen Hand eine Ohrfeige, die sie kopfüber in der Gosse landen ließ. Von wo sie durch eine empörte und erregte Großmutter gerettet wurde.
    Die Person hat eine erstaunliche Menge Giftgas ausgespien. Sie hat im Detail all die Vorfälle ihres Ehelebens ans Tageslicht befördert, die unter verheirateten Leuten für gewöhnlich im tiefsten Grab matrimonialen Stillschweigens bewahrt werden. Nach zehnjährigem Begrabensein hielt sie es nun für an der Zeit, sie zu exhumieren, und sie hat eine unheimliche Liste zusammengestellt. Ich habe diese Einzelheiten von Linley und dem Arzt. Der letztere ist belustigt darüber. Natürlich ist im Grunde überhaupt nichts dabei. Die Menschheit hat immer eine kuriose Gier nach ungewöhnlichen sexuellen Positionen gehabt, und wenn es einem Mann Vergnügen macht, sich seiner Frau auf die – wie Benvenuto Cellini es nennt – ‹italienische Weise› zu bedienen – nun, dann ist das eine Frage des Geschmacks. Aber ich hatte kaum erwartet, daß unser Waldhüter sich auf so viele Kunststücke versteht. Zweifellos hat Bertha Coutts ihn erst darauf gebracht. Wie dem auch sei, das alles ist auf ihrer beider persönlichstem Mist gewachsen und geht niemanden sonst etwas an.
    Und dennoch hört jeder zu: ich selber auch. Ein Dutzend Jahre zuvor hätte ganz gewöhnlicher Anstand die Sache beglichen. Aber es gibt keinen ganz gewöhnlichen Anstand mehr, und die Bergarbeitersfrauen sind alle in Harnisch und, was die Stimmkraft angeht, durchaus nicht geschamig. Man möchte meinen, daß jedes Kind in Tevershall, das in den letzten fünfzig Jahren geboren wurde, die Frucht einer unbefleckten Empfängnis war und jede einzelne unserer nonkonformistischen Frauen eine strahlende Jeanne d’Arc sei. Daß unser achtbarer Waldhüter einen Rabelaisschen Zug haben soll, macht ihn ungeheuerlicher und entsetzlicher als einen Mörder wie Crippen. Und dabei sind diese Tevershaller ein lockeres Völkchen, wenn man allen Erzählungen Glauben schenken darf.
    Das Bekümmerliche aber ist, daß diese scheußliche

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