Lady Chatterley (German Edition)
Verzweiflung auswuchs. Jetzt mußte sie von diesem viehischen Weib belästigt werden! Jetzt fing der Ärger für sie an! Sie hatte keinen Brief von Mellors. Sie hatten abgemacht, daß sie einander überhaupt nicht schreiben wollten, aber jetzt verlangte sie danach, von ihm selbst zu hören. Denn schließlich war er der Vater des Kindes, das auf die Welt kommen würde. Er sollte schreiben!
Aber wie widerwärtig war das alles! Wie ekelhaft verwickelt war alles! Wie schmutzig diese niedrigen Menschen waren! Wie hübsch es hier war, bei Sonnenschein und Müßiggang, verglichen mit der unerquicklichen Garstigkeit der englischen Midlands! Ein klarer Himmel war wohl fast das Wichtigste im Leben.
Sie erwähnte nichts von ihrer Schwangerschaft, auch Hilda gegenüber nicht. Sie schrieb an Mrs. Bolton und bat um genaue Auskunft.
Duncan Forbes, ein Maler und Freund ihrer Familie, hatte auf seinem Heimweg nach Norden, von Rom aus, in der Villa Esmeralda Station gemacht. Jetzt gab er den Dritten ab bei ihren Gondelfahrten, und er badete mit ihnen drüben in der Lagune und war ständig an ihrer Seite: ein stiller, nahezu wortkarger junger Mann, der es sehr weit gebracht hatte in seiner Kunst.
Connie bekam einen Brief von Mrs. Bolton: «Sie werden erfreut sein, wenn Sie Sir Clifford sehen, Mylady, dessen bin ich sicher. Er sieht ganz blühend aus und arbeitet sehr viel und mit den besten Aussichten auf Erfolg. Natürlich wartet er auf den Tag, da wir Sie wieder in unserer Mitte haben werden. Ohne Mylady ist das Haus sehr trüb, und wir werden alle froh sein, wenn Sie wieder bei uns sind.
Was Mr. Mellors betrifft, so weiß ich nicht, wieviel Sir Clifford Ihnen berichtet hat. Es scheint, daß seine Frau ganz plötzlich eines Nachmittags zurückgekommen ist und er sie auf der Türschwelle sitzend fand, als er aus dem Wald heimkam. Sie sagte, sie sei zu ihm zurückgekehrt und wolle wieder mit ihm zusammen leben, da sie seine rechtmäßige Frau sei und er sich nicht von ihr scheiden lassen könne. Es hat nämlich den Anschein, als ob Mr. Mellors die Scheidung eingereicht hat. Aber er wollte nichts mit ihr zu tun haben und wollte sie nicht ins Haus hineinlassen und ging auch selber nicht hinein. Er ging zurück in den Wald, ohne die Tür auch nur aufgemacht zu haben.
Aber als er nach dem Dunkelwerden heimkam, stellte er fest, daß ein gewaltsamer Zugang zum Haus geschaffen worden war, und er ging die Treppe hinauf, um zu sehen, was sie angestellt hatte, und fand sie ohne einen Fetzen am Leib in seinem Bett. Er bot ihr Geld, aber sie sagte, sie sei seine Frau und er müsse sie wieder bei sich aufnehmen. Ich weiß nicht, was für einen Auftritt sie miteinander hatten. Seine Mutter erzählte mir davon, sie ist furchtbar aufgeregt. Also, er sagte, er möchte lieber verrotten, als je wieder mit ihr zusammen leben, und packte seine Sachen und ging unmittelbar zu seiner Mutter nach Tevershall hinauf. Er blieb dort die Nacht über und ging am nächsten Tag durch den Park in den Wald, ohne dem Forsthaus nahe zu kommen. Anscheinend hat er seine Frau an diesem Tag gar nicht gesehen. Aber am nächsten Tag war sie bei ihrem Bruder Dan in Beggarlee und fluchte und schimpfte und sagte, sie sei seine rechtmäßige Frau und er hätte andere Frauen bei sich im Haus gehabt, weil sie eine Parfumflasche in seiner Kommode gefunden hätte und auf dem Müllhaufen Zigaretten mit Goldmundstück und ich weiß nicht, was sonst noch alles. Und außerdem scheint der Postbote Fred Kirk erzählt zu haben, daß er einmal früh am Morgen in Mr. Mellors’ Schlafzimmer jemand habe reden hören und ein Auto auf dem Heckenweg gestanden hätte.
Mr. Mellors blieb bei seiner Mutter und betrat den Wald nur durch den Park, und es scheint, daß sie weiter im Forsthaus wohnen blieb. Nun, da gab es endloses Gerede. Da gingen dann schließlich Mr. Mellors und Tom Phillips zum Haus und holten das meiste von den Möbeln heraus und das Bettzeug und schraubten den Griff von der Pumpe ab; so war sie also gezwungen, auszuziehen. Aber anstatt nach Stacks Gate zurückzugehen, quartierte sie sich bei dieser Mrs. Swain in Beggarlee ein, weil die Frau ihres Bruders Dan sie nicht haben wollte. Und immer wieder ging sie zum Haus von der alten Mrs. Mellors, um ihn abzufangen, und sie schwor, er sei mit ihr ins Bett gegangen im Forsthaus, und sie ging zu einem Rechtsanwalt, um Mellors zu zwingen, daß er ihr ein monatliches Geld aussetze. Sie ist dick geworden und
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