Lady Chesterfields Versuchung
dass sie seinen Antrag annehmen würde? Und waren ihre Eltern so geblendet von seinem Reichtum und dem wohlklingenden Familiennamen, dass sie es vorzogen, so zu tun, als wäre nichts geschehen?
„Wir freuen uns, dass Sie unsere Tochter immer noch heiraten wollen.“ Lady Rothburne lächelte strahlend. „Und ich bin sicher, Hannah weiß, was sie zu tun hat, um ihren guten Ruf zu schützen.“ Mit einem noch strahlenderen Lächeln fuhr die Marchioness fort: „Ich habe einen Picknickkorb richten lassen, Lord Belgrave, damit Sie und Hannah Ihre Hochzeitspläne draußen im Garten besprechen können. Das Wetter ist schön, und es wäre eine gute Gelegenheit, besser miteinander bekannt zu werden.“
„Das würde ich sehr begrüßen“, erwiderte Belgrave mit undurchdringlicher Miene.
„Aber, Mutter, ich …“
„Was halten Sie von kommendem Dienstag als Hochzeitstermin, Lord Belgrave?“, fiel Lady Rothburne ihrer Tochter ins Wort.
„Bis dahin kann ich die Sondergenehmigung besorgen.“ Belgrave nickte. „Der Erzbischof wird Verständnis haben für die Eile.“
Sag es. Sag ihm, dass du nie einen Mann wie ihn heiraten wirst.
Hannah umklammerte die Stuhlkante. „Nein“, brachte sie endlich hervor, doch sie schien so leise gesprochen zu haben, dass weder ihre Mutter noch Belgrave es gehört hatten.
„Und das Beste wäre eine Heirat in aller Stille“, fuhr der Baron fort. „Meinen Sie nicht auch, Mylady?“
„Nein“, versuchte Hannah es wieder, diesmal lauter und energischer. „Ich glaube nicht.“
Lord Belgrave erhob sich, trat hinter sie und legte ihr seine klobigen Hände auf die Schultern. Die Geste hatte nichts Tröstliches. Sie war eine Warnung.
Entsetzt zuckte Hannah zusammen. Als Ehemann würde er das Recht haben, uneingeschränkt über ihren Körper zu bestimmen, aber bei der Vorstellung, unter ihm zu liegen und ihn tun lassen zu müssen, was ihm beliebte, spürte sie Übelkeit in sich aufsteigen. Von einer Ehefrau wurde erwartet, dass sie sich ihrem Mann unterwarf, aber die Vorstellung, von Belgrave berührt zu werden, war ihr unerträglich. Sie sprang auf.
„Es wird keine Hochzeit geben.“ Ihre Stimme klang zittrig, und sie wusste nicht, woher sie den Mut nahm, überhaupt zu sprechen. „Ich heirate Sie nicht. Wenn Sie mich nun entschuldigen würden, ich möchte mich zurückziehen.“
Ihre Mutter erhob sich halb, doch Belgrave hielt sie auf. „Verzeihen Sie, Lady Rothburne. Vielleicht lassen Sie mich einen Augenblick allein mit Lady Hannah sprechen? Ich bin sicher, sie von der Lauterkeit meiner Absichten überzeugen zu können.“
Die Marchioness zögerte, und Hannah hoffte inständig, dass ihre Mutter seiner Bitte nicht stattgeben würde.
„Warten Sie im Arbeitszimmer Seiner Lordschaft“, bat Lady Rothburne schließlich. „Ich möchte zuerst mit meiner Tochter reden.“ Sie bedeutete Hannah mit einer Handbewegung, wieder Platz zu nehmen, während Lord Belgrave einem Diener aus dem Raum folgte.
Beim Anblick der grimmigen Miene ihrer Mutter verließ Hannah der Mut. Matt ließ sie sich wieder auf den Stuhl sinken.
„Hannah, du musst doch wissen, dass Vater und ich nur das Beste für dich wollen.“ Lady Rothburne änderte ihre Taktik. Sie lächelte zittrig und betupfte sich die Augenwinkel. „Wir wünschen uns eine wundervolle Ehe für dich, in der du alles haben kannst, was dein Herz begehrt.“
„Aber nicht mit ihm“, beharrte Hannah. „Mutter, ich will ihn nicht heiraten.“
„Was ist denn so schrecklich an ihm?“, fragte ihre Mutter sanft. „Er sieht gut aus und besitzt ein Vermögen. Ich gebe zu, euer erstes Beisammensein stand unter keinem guten Stern, aber willst du ihm denn nicht eine zweite Chance geben? Es geht schließlich nicht nur um deine Zukunft – ein Skandal zöge auch den guten Namen deines Vaters in Mitleidenschaft.“
„Es muss eine andere Lösung geben.“
Lady Rothburne stand auf. „Sprich mit ihm, Hannah“, sagte sie und umarmte ihre Tochter. „Um mehr bitte ich dich nicht. Wenn du ihn danach immer noch nicht heiraten willst …“ Sie verstummte, doch in ihren Augen glänzten Tränen.
Ich will nicht, hätte Hannah am liebsten gesagt, aber da sie wusste, dass sie Belgrave am ehesten loswerden würde, wenn sie dem Wunsch ihrer Mutter nachkam, schwieg sie. „Also gut. Ich spreche mit ihm.“
Abermals nahm die Marchioness sie in die Arme und wischte sich über die Augen. „Ich danke dir, meine Liebe. Es ist bestimmt halb so schlimm, du
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