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Lady Chesterfields Versuchung

Lady Chesterfields Versuchung

Titel: Lady Chesterfields Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Willingham
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drückte sie tröstend, während er fieberhaft nachdachte.
    Er wollte nicht, dass sie litt, aber er musste die Wahrheit erfahren. „Sie haben mich entführt“, sagte er ruhig. „Weil man Ihren Ehemann als Geisel genommen hatte.“
    Sie nickte. „Ich stand in Diensten der Fürstin und gehörte zu den wenigen Menschen, die dir nahe kommen durften.“
    „Wer waren die Männer? Wer hatte sie beauftragt?“
    „Das weiß ich nicht“, entgegnete sie verzweifelt. „Sie kamen in der Nacht zu Allerheiligen. Am Abend hatte ein Maskenball stattgefunden, und alle trugen Masken – selbst die Männer der Leibgarde.“
    Sie wischte sich die Tränen ab, dann fuhr sie fort zu erzählen. „Vermutlich schafften sie es deswegen, unerkannt ins Schloss zu kommen. Sie verlangten, dass ich dich der Amme wegnehme und zu einer Kutsche bringe, die vor dem Schloss wartete und unter den Kutschen der übrigen Gäste nicht auffiel.“
    „Wie gelang es Ihnen, an den Wachen vorbeizukommen?“
    „Ich behauptete, ich hätte die Anweisung, dich in den Garten zu bringen, wo die Fürstin auf dich wartete.“ Schuldbewusst senkte sie den Blick. „Sie ließen mich gehen. Erst viel später erfuhr ich, dass die Männer dich gegen einen anderen Jungen ausgetauscht hatten.“
    Michael versuchte, sich seine Wut nicht anmerken zu lassen. Die ganzen Jahre hatte Mrs Turner von seiner Vergangenheit gewusst und niemals ein Wort darüber verloren. Sie hatte gewusst, dass Paul und Mary Thorpe nicht seine leiblichen Eltern gewesen waren.
    Doch er hütete sich, seinem Ärger Ausdruck zu verleihen, denn es stand zu befürchten, dass sie wieder einen Anfall erlitt und er dann nie die volle Wahrheit erfahren würde.
    „Was geschah, nachdem Sie mich von der Amme fortgeholt hatten?“, erkundigte er sich ruhig.
    Weinend verschränkte sie die Hände ineinander. „Beinahe hätte ich getan, was sie von mir verlangten, Gott möge mir verzeihen. Du hast fest geschlafen, als wir in die Kutsche stiegen.“ Sie legte sich die Hand auf den Bauch. „Doch kurz zuvor hatte ich erfahren, dass ich selbst ein Kind erwarte. Henry.“ Traurig lächelte sie. „Und ich fragte mich, wie es mir erginge, wenn jemand meinem Kind etwas antun würde. Ich brachte es nicht übers Herz. Auch wenn ich dadurch Gefahr lief, Sebastian – meinen Mann – zu verlieren.“
    Sie trocknete ihre Tränen. „Ich bestach den Kutscher, mich nach Hause zu fahren. Ich schätze, auch er kämpfte mit seinem Gewissen.“ Sie seufzte. „Dann nahm ich mein Geld und meinen Schmuck, um die Überfahrt nach London bezahlen zu können. Ich behielt dich ein paar Monate bei mir, bis ich kurz vor der Niederkunft stand. Zu dem Zeitpunkt lernte ich Paul und Mary Thorpe kennen. Sie waren kinderlos und versprachen mir, sich um dich zu kümmern und mir und meinem Sohn beizustehen.“
    Abermals seufzte sie. „Ich hatte entsetzliche Angst, dass man uns finden würde. Und mir war klar, dass ich bis ans Ende meiner Tage in Armut würde leben müssen. Aber das war der einzige Weg, um unerkannt zu bleiben.“
    Schon oft hatte Michael sich gefragt, wie Mrs Turner ganz ohne die Hilfe eines Ehemannes ihr Auskommen bestritt. „Wussten meine Eltern über meine Herkunft Bescheid?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Nein, es hätte sie verunsichert zu wissen, dass du ein Prinz bist. Dann hätten sie dich übervorsichtig behandelt, und was für ein Mann wäre dann aus dir geworden?“
    Sie schnäuzte sich geräuschvoll. „Ich erzählte ihnen, du wärst ein Waisenkind aus Lohenberg und ich hätte gelobt, ein neues Zuhause für dich zu finden. Deine Erziehung habe ich ihnen überlassen, aber ich bestand darauf, dass du die bestmögliche Schulbildung erhalten solltest. Ich konnte Mary davon überzeugen, dass du als Sohn eines Fischhändlers eine bessere Zukunft verdient hättest.“
    „Wie konnten sie sich das Schulgeld leisten?“, fragte Michael stirnrunzelnd. „Das war mir immer schleierhaft.“
    „Ich verkaufte einen Teil des Schmucks, den ich aus Lohenberg mitgebracht hatte, und gab Mary das Geld. Paul erzählte sie, dass sie etwas von einer entfernten Verwandten geerbt hätte.“ Mrs Turner tätschelte seine Wange. „Du hast es nötiger gebraucht als ich.“
    „Was wurde aus Ihrem Ehemann?“
    Tränen stürzten ihr aus den Augen. „Ich weiß es bis heute nicht. Seit jenem Abend habe ich Sebastian nicht mehr gesehen.“ Sie erschauderte. „Ich hoffe immer noch, dass es ihm irgendwie gelungen ist zu entkommen, aber

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