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Lady Helenes skandaloeser Plan

Lady Helenes skandaloeser Plan

Titel: Lady Helenes skandaloeser Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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wahr?«
    »Nein«, entgegnete Tom, »das war nicht Johannes. Und ich vermute, Sie wissen das, denn Sie haben Ihre erstaunliche Bibelkenntnis ja schon unter Beweis gestellt.«
    »Ach, dann meine ich den Johannes, der jahrelang in der Wüste gelebt hat. Wie lange, sagten Sie, sind Sie schon Vikar, John?«
    Er begegnete ihrem Blick. Ihre Augen waren wie Abgründe aus schokoladenbraunem Schalk und wirkten dennoch eine Spur verletzlich. Das Etikett
Hure
hatte Lina sehr getroffen.
    »Ich hätte Sie nicht so nennen dürfen«, sagte Tom. »Ich habe Ihnen nur wehtun wollen. Es tut mir leid.«
    »Es war schwer, aus eigener Kraft in London Fuß zu fassen«, erzählte Lina und schälte einen Apfel mit Händen, die durchaus nicht zitterten. »Wissen Sie, dass ich eines Nachts allen Ernstes überlegt habe, ob es besser sei, in Armut zu leben oder in Sünde zu sterben? Doch ich habe mich für das Leben in Armut entschieden, Reverend. Ob Sie es glauben oder nicht, als ich in dieses Haus zog, war es, weil ich glaubte, Ihren Bruder zu lieben.« Nun war ihr Lächeln voller Selbstironie.
    »Ich bin sicher, dass er das Gleiche für Sie empfand«, versicherte Tom – und verfluchte Rees insgeheim.
    »Nein. Er hat mich nie geliebt, obwohl er anfangs von meiner Stimme betört war.« In ihrem Ton lag nicht die Spur von Selbstmitleid.
    »Ich … es tut mir leid«, sagte Tom schließlich.
    Lina hob gelassen die Schultern. »Er behandelt mich gut. Denn Ihr Bruder ist ein Gentleman, auch wenn die vornehme Gesellschaft etwas anderes behauptet. In den letzten zwei Jahren hat Rees mich oft zum Teufel gewünscht, aber er ist ein Opfer seiner Rechtschaffenheit. Er kann mich nicht auf die Straße setzen, weil er ein ehrenwerter Mann ist, will aber eigentlich auch nicht, dass ich hier wohne, weil er ein ehrenwerter Mann ist.«
    »Und wollen Sie denn fort?« Eine der Kerzen flackerte und Linas Tischhälfte lag im Schatten. So konnte er das Funkeln ihrer Augen nicht mehr sehen. Beinahe wirkte es so, als ob sie … Tom konnte es nicht ertragen, dass sein verfluchter Bruder ihr vielleicht das Herz gebrochen hatte.
    »Ich werde wohl in nächster Zukunft in die Oper zurückkehren, und ja, es stimmt, ich freue mich darauf.«
    »Aber gefällt es Ihnen in London? War es so spannend, wie Sie es sich als junges Mädchen in Schottland vorgestellt haben?«
    »Nein«, gestand Lina. »London ist, wie so vieles im Leben, letzten Endes enttäuschend. Sind Sie nicht auch dieser Meinung, John?«
    »Manchmal.«
    »Ich finde alles ständig enttäuschend«, gestand sie leicht zerstreut. »Ihr Bruder ist dafür ein erstklassiges Beispiel.«
    »Das tut mir leid«, sagte Tom und empfand plötzlich Dankbarkeit für die Unzulänglichkeiten seines Bruders.
    Lina erhob sich. »Ich bin ganz erschöpft von dieser langen Beichte, John. Ich werde mich jetzt lieber zurückziehen.«
    Er stand ebenfalls auf und trat neben sie, um sie bis zur Tür zu begleiten. Als ihre Hand auf dem Knauf lag, berührte er ihren Arm. »Bitte nennen Sie mich nicht John.«
    Sie schaute ohne die geringste Traurigkeit zu ihm auf. Die musste er sich im flackernden Kerzenschein wohl eingebildet haben. Im Gegenteil, nun stellte sie sich auf die Zehenspitzen und streifte leicht seinen Mund. Tom stand wie erstarrt.
    »Tun Sie das nicht.« Er war erschrocken über den heiseren Klang seiner Stimme.
    Lina schien die Gefahr, in der sie schwebte, nicht einmal zu bemerken. Für sie war alles nur Spiel. »Was tue ich denn? Führe ich den Vikar in Versuchung?«, sagte sie kess. »Das ist sicherlich ein Verbrechen. Aber Sie könnte ich doch niemals zur Sünde verführen, Mr Holland! Denn vor Jahren, als wir noch miteinander sprachen, hat Rees mir erzählt, dass Sie der vollkommene, brave Sohn seien.«
    Tom biss die Zähne zusammen und ballte seine Fäuste, damit sie nicht auf Abwege gerieten.
    »Immer freundlich, immer voller Vergebung, immer der wahre Christ. Ich vermute, dass Meggin nicht die erste Streunerin ist, die Sie aufgelesen haben. Sie haben wohl niemals einen Fehltritt getan, nicht wahr?« Und sie lächelte ihn an, die sinnlichste Frau, der er je begegnet war.
    Und mit einem Mal verlor Tom die Beherrschung: Er riss das Mädchen in seine Arme. Das Blut rauschte in seinen Ohren wie die unbezähmbaren Wogen des Meeres. Und alles, was er sehen konnte, waren ihre verführerischen vollen Lippen.
    Es war ein Kuss, wie er Ertrinkende wieder zum Leben zu erwecken vermag. Tom presste Lina an sich, genoss jeden Zoll ihres

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