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Lady Helenes skandaloeser Plan

Lady Helenes skandaloeser Plan

Titel: Lady Helenes skandaloeser Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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jetzt bin ich ganz zufrieden.«
    Sie zog die Nase kraus. »Sie bewohnen ein zugiges altes Pfarrhaus?«
    »Es gibt schon den einen oder anderen Luftzug, aber …«
    »Und im Frühjahr ist das Dach undicht?«
    »Ich habe …«
    »Viel zu viele Zimmer, die nicht sauber zu halten sind, ein bedauernswertes Dienstmädchen, das sich die blau gefrorenen Finger wundscheuert, und zu wenig Geld, um Kohle zu kaufen!«
    »Nein!«, wehrte er erschrocken ab. »So ist es überhaupt nicht.«
    Ihr Mund verzog sich zu einem anzüglichen Lächeln. »Kennen Sie schon den Witz von dem Vikar, der in ein Bordell stolpert, Reverend?«
    »Mir wäre es lieber, wenn Sie mich nicht mit meinem Titel anreden würden.«
    »Verzeihung. Also: Mr Holland, haben Sie schon den Witz über den naiven Vikar gehört?«
    »Nein«, sagte er gemessen. »Würde er mir denn gefallen?«
    Lina musterte den Mann mit kritischem Blick. Er wirkte wie eine jüngere Ausgabe von Rees, jedoch ohne dessen beißenden Humor. Er besaß Rees’ verstrubbelten Haarschopf und die breiten Schultern, doch er war ein Mann ohne scharfe Ecken und Kanten. »Mögen Sie keine Witze?«, fragte sie und schob sich einen Pfirsichschnitz in den Mund. Er sah ihr zu. Seit Lina die Bühne verlassen hatte, hatte sie nicht mehr so viel Spaß gehabt.
    »Doch, schon, aber ich lege nicht unbedingt Wert auf die, die Sie mir erzählen wollen«, erwiderte er und nahm einen Apfel aus der Obstschale.
    »Und welche Witze meinen Sie?«, fragte sie keck.
    »Ich nehme an, Sie wollen mir Witze erzählen, die für die Ohren eines Vikars unpassend sind«, antwortete er. »Ich kenne solche Witze zur Genüge und finde die meisten nicht gerade lustig. Stets geht es darin um Männer, die sich wie Segelschiffe gebärden und ihre Hauptmasten verlieren, und ich kann nicht behaupten, dass mich das sonderlich interessiert.«
    Lina brach in Gelächter aus. »Ich kenne keine Witze über die Seefahrt, Mr Holland.«
    »Doch zweifellos sind Ihre Witze vom gleichen Format, Miss McKenna.«
    Sie warf sich eine Traube in den Mund. »Für meine Errettung ist es zu spät, Reverend, also sparen Sie sich die Moralpredigt lieber für Ihre Gemeinde auf. Warum nutzen Sie den Aufenthalt in London nicht, um sich in unschicklichen Zerstreuungen weiterzubilden?«
    Tom wurde von einer Welle heißen Zorns übermannt. Sie war so schön, so geistreich, so unglaublich entzückend … Wie abscheulich von seinem Bruder, sie in sein Haus zu bringen und zu seiner Konkubine zu machen!
    Lina schien seine Gedanken zu erraten. »Sie möchten nun wohl eine vollständige Beichte hören«, sagte sie leicht schmollend, »doch die werden Sie nicht bekommen. Falls Sie Ihren Bruder aber abkanzeln wollen, so lassen Sie sich gesagt sein, dass Rees nicht die Schuld an meiner Verderbtheit trifft. Denn meine Unschuld, Reverend, hatte ich bereits in meinem Heimatdorf verloren.« Sie zwinkerte verschmitzt. »Es gibt nun einmal Menschen, die sich nicht gesellschaftlichen Zwängen unterwerfen können, wie Sie sicherlich wissen. Ich habe zwar immer brav zugehört, wenn Mama mir ins Gewissen redete, aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, einen der Dorfjungen zu heiraten. Und ich sah auch keinen Sinn darin, nicht mit Hugh Sutherland zu schlafen, wenn ich es wollte. Also schlief ich mit ihm, lehnte seinen Antrag ab und verließ mein Dorf. Und ich hege gewiss nicht den Wunsch zurückzukehren, denn ich passe nicht in diese kleine Welt.«
    »Sie könnten wahrscheinlich auch gar nicht mehr zurück«, bemerkte Tom düster. Er musste achtgeben, dass er sich nicht von ihrer Heiterkeit anstecken ließ. »Denn es ist Unrecht, sich wie eine Hure zu gebärden. Sie würden Ihrer armen Mama nur Kummer bereiten.«
    Sie erstarrte sichtlich. »
Bin ich das Wort, John?
«
    »Wie ich sehe, kennen Sie Ihren
Othello
. Aber warum nennen Sie mich John?« Tom war nun über die Maßen gereizt. Er leerte sein Glas in einem Zug und füllte es wieder.
    »Nun, Sie
sind
doch Johannes der Täufer, oder etwa nicht?« Im Kerzenschein leuchtete die Haut ihres Halses in einem zarten, köstlichen Weiß. Unter dem Hals lagen die süßen Hügel ihrer Brüste, die schneeweiß unter dem matten Gold ihres Kleides schimmerten. »Meiner Meinung nach hat die kleine Meggin es ganz richtig getroffen«, sagte sie aufgekratzt. »Wenn ich die Hure Babylon bin, sollte ich eine Versuchung für Sie darstellen. Oder irre ich mich vielleicht? Es
war
doch Johannes, der in der Wüste seiner Versuchung begegnete, nicht

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