Lady in Rot
er zurück, immer noch lächelnd.
„Dann entschuldige uns bitte.“ Sie wartete seine Antwort nicht ab, nahm eine Papierserviette vom Tisch, warf ihm ein nichtssagendes Lächeln zu, und ging zur Tür.
„Ich erwarte dich gegen Mittag hier unten, damit wir zu meiner Mutter fahren können“, kam Damons Order.
Rebecca verließ hastig den Raum, doch T.J. winkte Damon zu und flüsterte ihr ins Ohr: „Ich mag den Mann.“
Rebecca erschrak, als sie Soula so blass und reglos in dem weiß bezogenen Krankenhausbett liegen sah. Sie vermied es, Damon anzusehen. Auf der Fahrt ins Hospital war er betont kühl und schweigsam gewesen. Seine Mutter hatte die Augen geschlossen, obwohl der Fernseher lief. Immerhin glich der Raum mehr einer luxuriösen Hotel-Suite als einem Krankenzimmer.
Als die Tür geschlossen wurde, öffnete Soula die Augen. Erfreut lächelte sie Rebecca und Damon entgegen. „Wie schön, Sie zu sehen, Rebecca! Damon, du bist zurück?“ Sie versuchte sich aufzurichten. Eine Kanüle, die zu einem Tropf gehörte, steckte in ihrem Handrücken.
„Mama!“ Damon trat ans Bett. „Nein, Mama, du sollst still liegen.“
„Sei kein Dummkopf. Ich bin noch nicht tot, mein Sohn. Mach den Fernseher aus.“ Damon gehorchte. „Jetzt drück auf den Knopf, damit die Rückenlehne des Bettes hochfährt.“ Auch das tat Damon. Dann warf die alte Dame Rebecca einen Blick zu. „Ich sehe aus wie ein Wrack, nicht wahr?“
Rebecca lächelte schuldbewusst, weil ihr keine Plattitüde einfiel, die diese Feststellung Lügen gestraft hätte.
„Na, keine Antwort, Rebecca? Immerhin sind Sie ehrlicher als der Rest meiner Familie. Heute Morgen kam meine älteste Schwester Iphegenia und behauptete, ich sähe besser aus als manche Fünfzigjährige. Alles Lügen! Aber ich sage Ihnen etwas: Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Weiß ist eine fürchterliche Farbe. Schauen Sie …“ Soula machte eine ausholende Armbewegung. „Weißes Nachthemd, weiße Bettwäsche. Das kleidet ältere Frauen nicht. Und es passt überhaupt nicht zu meinem Teint.“
Rebecca beugte sich spontan vor und küsste Soula auf die Wange. Sie entdeckte ein paar Falten mehr als vor vier Jahren. „Unsinn“, flüsterte sie der Älteren ins Ohr. „Wahre Schönheit kommt von innen. Hat Ihnen das noch niemand gesagt?“
Ihre Blicke trafen sich. Soula zog Rebecca näher zu sich. „Ich bin so froh, dass Sie hier sind, meine Liebe. Ich war schon kurz davor, zu verzweifeln.“
Rebecca erwiderte die Umarmung mit aller Herzlichkeit. „Ich … ich kann es kaum ertragen, Sie so zu sehen“, sagte sie, ihre Stimme erfüllt von Wärme. „All diese Maschinen und Schläuche … Wann kommen Sie hier wieder raus?“
Damon baute sich auf der anderen Seite des Bettes auf. „Raus?“, wiederholte er. „Meine Mutter braucht …“
„Bald!“, unterbrach Soula ihren Sohn. „Ich bleibe hier nicht ena lepto … länger als nötig. Nicht eine Minute. Schaut mich doch an! Ich bin nicht frisiert, meine Fingernägel brauchen dringend eine Maniküre …“
„Warum hast du mir nichts gesagt?“, fragte Damon. „Ich hätte dir jemanden geschickt.“
„Ach, weder du noch Savvas versteht mich! Ihr seid Männer! Ich trage mitten am Tag ein Nachthemd. Und ich rieche nach antibakterieller Seife.“ Sie machte eine Pause, um Atem zu holen. „Und ich hasse diesen Geruch.“
„Das geht mir genauso“, erwiderte Rebecca. Als James, ihr Bruder, kurz vor seinem Tod mehrmals im Krankenhaus gewesen war, hatte sich ihr dieser durchdringende Geruch ins Gedächtnis eingebrannt.
Soula warf ihr einen aufmerksamen Blick zu. „Nur die Erfahrung von Alter und Krankheit führt zu solch einer Abneigung.“
„Vielleicht“, antwortete Rebecca ausweichend.
Die alte Frau strich ihr über die Hand. „Eines Tages wirst du mir mehr darüber erzählen, pethi.“
Rebecca vermied es, sie anzusehen. Mit niemandem würde sie je über diese Erfahrungen sprechen. Es tat zu weh. Alle Menschen, die ihr nahegestanden hatten, waren gestorben.
Ihre Eltern.
James.
Aaron.
Fliss.
Der Einzige, der ihr geblieben war, war T.J., und sie liebte ihn mehr als ihr Leben.
„Rebecca, ich wollte Ihnen nicht zu nahetreten. Lassen Sie uns über andere Dinge reden.“ Soula schaute bedeutungsvoll zu ihrem Sohn hinüber. „Damon, hör auf, schlechte Stimmung zu verbreiten, und mach dich nützlich. Hol Kaffee für dich und Rebecca.“
Rebecca erwartete eine heftige Reaktion, doch Damon gehorchte widerspruchslos
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