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Lady Lavinias Liebestraum

Lady Lavinias Liebestraum

Titel: Lady Lavinias Liebestraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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hätte er doch nicht so töricht gehandelt und einem großen Publikum gezeigt, wie er der Dame die Juwelen abgenommen hat.”
    “Ich würde seine Intelligenz nicht überschätzen. Ich bin mir ganz sicher, dass seine kleine Präsentation mir galt. Er wollte zeigen, dass er mir überlegen ist und Lavinia jederzeit gefügig und in sich verliebt machen kann”, erklärte James, wobei sein Lächeln einer düsteren Miene gewichen war.
    “Ich dachte, sie sei bereits in ihn verliebt.”
    “Ich hoffe nicht”, erwiderte James besorgt. “In der Tat stellt er unverhohlen seine Absichten zur Schau. Sein vertrauter Umgang mit ihr kam ja fast einer Verlobung gleich. Wenn wir nicht achtgeben, geht sie auf seinen Antrag ein, ohne sich der Tragweite ihres Tun bewusst zu sein.”
    Der Freund warf ihm einen spitzbübischen Blick zu. “Und Sie haben natürlich nur ihr Glück im Sinn.”
    “Selbstredend. Bezweifeln Sie meine ehrenvollen Absichten?”
    “Sind Sie denn selbstlos genug, die junge Dame auch aufzugeben, wenn es sein muss?”
    James blieb Sir Percy nicht lang die Antwort schuldig. “Wenn dies ihr inniger Wunsch ist und ich sicher sein kann, dass er sie nicht mit unlauteren Mitteln in ihrer Entscheidung beeinflusst hat.” Dass es sein Herz zerreißen würde, offenbarte er dem Freund nicht.
    Sir Percy klopfte ihm wieder väterlich auf die Schulter. “Dann überlassen Sie alles Weitere ruhig mir, mein Junge.”
    “Haben Sie denn sonst noch Schritte in die Wege geleitet, außer Lady Rattenshaw auf Wincote anzusetzen?”
    Der Gentleman lächelte vielsagend. “Es läuft alles nach Plan, mein Freund. Er vertraut ihr bereits und erzählte ihr neulich, dass seine Geschäfte bezüglich des großväterlichen Testaments noch nicht zum Abschluss gekommen seien, er indes ein stattliches Vermögen erwarte. Daher habe er zurzeit einen finanziellen Engpass und benötige Geld, welches Lady Rattenshaw ihm nur allzu gern zur Verfügung stellte. Er erhielt hundert Guineas von ihr, die er angeblich jemandem schuldet, der ihn bei Zahlungsunfähigkeit zum Duell fordern wolle.”
    “Das ist ohne Zweifel der Betrag, den er mir ob seiner verlorenen Wettrennen neulich in Hampstead Heath schuldete”, bemerkte James nachdenklich. “Vorgestern sandte er mir das Geld nach Corringham House.”
    “Hat er jedoch wirklich die Diamantenkette gestohlen, dürfte er kaum gezwungen sein, sich etwas zu leihen, oder?”, gab Percy ihm zu bedenken.
    “Das stimmt wohl”, erwiderte James knapp. Der Freund konnte nicht wissen, dass Lord Graham die Brillanten durch unechte Steine ersetzt hatte und der Dieb nicht in der Lage gewesen war, sie zu verkaufen. Da er Verschwiegenheit auch bei anderen schätzte, behielt er das Geheimnis für sich.
    “Vielleicht tun wir dem Mann auch unrecht.” Sir Percy lachte plötzlich. “Er gab Lady Rattenshaw gegenüber derart unglaubwürdige, aber amüsante Geschichten zum Besten, dass sie ihn heute Abend bewusst ermutigt hat, eine Kostprobe seiner Fähigkeiten als Hypnotiseur unter Beweis zu stellen, um den Gästen die Augen über den Aufschneider zu öffnen. Denn sie nahm an, er habe auch bei dieser Geschichte reichlich übertrieben.”
    “Nun, in dem Punkt können wir ihm leider nichts vorwerfen. Ich bin dennoch dankbar, dass Lady Rattenshaw ihn hat walten lassen in ihrem Haus. Ein Angeber ist er trotzdem.”
    “Erinnern Sie sich, James: ‘Die Liebe sieht mit dem Gemüt, nicht mit den Augen, und ihr Gemüt kann nie zum Urteil taugen. Drum nennt man ja den Gott der Liebe blind, auch malt man ihn geflügelt und als Kind.’”
    James lachte herzhaft. “Ich hätte nicht gedacht, dass Sie sich auch für die Texte der anderen so interessieren, Sir Percy. Wetten, dass Sie die nächsten drei Zeilen nicht zu zitieren wissen?”
    “Täuschen Sie sich nicht”, sagte der ältere Gentleman und machte eine theatralische Geste. “‘Weil er, von Spiel zu Spielen fortgezogen, in seiner Wahl so häufig wird betrogen. Wie Buben oft im Scherze lügen, so ist auch Cupido falscher Schwüre froh.’”
    “Das haben Sie gut gemacht! Sie sind ja richtig talentiert”, lobte James.
    Sir Percy winkte ab. “Sie müssen wissen, ich habe Mari… Lady Rattenshaw nur ein wenig beim Rezitieren der Helena geholfen.”
    “Es ist leider nur allzu wahr: Wer liebt, wird meist betrogen, und sei es mithilfe eines Dr. Mesmer.”
    “Oh, ich glaube, Lady Lavinia lässt sich nicht so ohne Weiteres ins Bockshorn jagen”, beruhigte der Freund ihn.

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