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Lady Lavinias Liebestraum

Lady Lavinias Liebestraum

Titel: Lady Lavinias Liebestraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols
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Ihnen nichts geschehen wird.”
    Nachdem zwei Gentlemen sich vor ihm hingesetzt hatten, bat er Lavinia zu sich.
    “Nein!”, zischte James ihr ins Ohr.
    Er hätte jedoch wissen müssen, dass Verbote sie seit jeher zur Missachtung inspirierten, und ehe er es sich versah, leistete sie, gefolgt von der Gastgeberin, den beiden Probanden vor versammelter Runde Gesellschaft.
    Wincote zog ein pendelähnliches Gebilde aus der Rocktasche und bat die vier, sich ganz darauf zu konzentrieren, sobald es sich in Bewegung setzte. Während er den juwelengleichen Stein zum Schwingen brachte, murmelte er fast unhörbar für die anderen Gäste Laute vor sich hin, bis die Auserwählten sich merklich entspannten und teilnahmslose Gesichter machten, als schliefen sie mit offenen Augen. James wurde angst und bange, als er Lavinia sah, wie sie den selbst ernannten Hypnotiseur willenlos anstarrte.
    Mit zufriedener Miene wandte Wincote sich nun dem Publikum zu. “Die Herrschaften befinden sich jetzt in einem traumähnlichen Zustand, aber sie schlafen nicht. Sie hören jedes Wort, das ich sage, können sich indes an nichts erinnern, wenn ich sie aufwecke.”
    Er begann nun, den einen Freiwilligen wie einen Hund bellen, den anderen wie eine Katze miauen zu lassen. Beide gehorchten überaus eilfertig und mit dem Anspruch, so gut wie möglich dem Vorbild Genüge zu leisten. Als er Lavinia mit einer Aufgabe bedenken wollte, konnte James nicht länger an sich halten. “Wir haben genug gesehen. Sie werden Lady Lavinia doch nicht solch einen peinlichen Auftritt zumuten wollen!”, protestierte er energisch.
    Der Gescholtene lenkte ein. “Nun gut. Bitte, Lady Lavinia, würden Sie folgende Passage aus ‘Ein Sommernachtstraum’ zitieren …”
    “Er soll aufhören”, flüsterte Frances dem Stiefsohn besorgt ins Ohr, während auch das übrige Publikum unruhig zu werden begann.
    James schritt hastig auf Lord Wincote zu. “Das reicht. Sie haben uns Ihr Können unter Beweis gestellt. Den Gentlemen wird es nachher sehr unangenehm sein zu erfahren, was Sie von ihnen verlangt haben. Im Übrigen kann ich es ganz und gar nicht gutheißen, dass Sie andere Menschen zu willenlosen Werkzeugen machen, sie Dinge tun lassen, die sie bei vollem Bewusstsein niemals machen würden.”
    Pikiert wandte Wincote sich seinen Probanden zu und zählte langsam bis drei.
    “Was ist geschehen?”, riefen sie fast im Chor, derweil die übrigen Gäste zaghaft Beifall klatschten.
    James griff nach Lavinias Arm und zog sie einigermaßen unsanft zu der Duchess of Loscoe zurück.
    “James, du tust mir weh! Was regst du dich so auf?”
    “Wenn ein Unerfahrener versuchen würde, Menschen zu hypnotisieren, könnte dies unvorhersehbare Folgen haben und sehr gefährlich werden, besonders dann, wenn jemand unlautere Absichten verfolgt”, gab James ihr zu verstehen. “Du kannst von Glück sagen, dass du nicht wie die anderen beiden bellen oder miauen musstest.”
    “Er hat doch überhaupt nicht zu mir gesprochen!”
    Die Stiefmutter lächelte. “Und ob er das tat.”
    “Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, wen ich zuerst gesehen habe, als ich aufwachte”, murmelte Lavinia mit nachdenklicher Miene.
    “Mich, zum Glück”, seufzte James.
    Lavinia verstand James’ Erleichterung nicht; sie konnte nicht wissen, dass er unwillkürlich an ihr Theaterstück denken musste, in dem dank eines Zaubertranks die Hauptpersonen sich in den Erstbesten verliebten, dessen sie beim Erwachen aus tiefem Schlummer ansichtig wurden.

7. KAPITEL
    I m Anschluss an Lady Rattenshaws Soiree beschlossen der Earl of Corringham und Sir Percy, noch in den Club zu gehen. Auf dem Weg dorthin musste James schmunzeln.
    Sein Begleiter schüttelte verständnislos den Kopf. “Es freut mich, dass Sie über Wincotes kleine Vorführung lachen können, Corringham, aber bedenken Sie, dass er mit seiner Gabe alles Mögliche anstellen, einen Menschen gar dazu bringen könnte, einen Mord zu begehen.”
    “Oh, das bezweifle ich. Viel wahrscheinlicher ist, dass er eine Dame dazu bewegt, ihm ihr Hab und Gut ohne den geringsten Widerstand zu überlassen. Wenn ich es mir recht überlege, könnte er in der Tat …” Er brach ab und schüttelte den Kopf. “Nein, meine Gedanken sind doch zu abwegig, das würde er wohl nicht wagen …”
    “Denken Sie an die Diamanten von Lady Graham?”
    “Ach, Sie halten es auch für möglich, dass er der Dieb ist?”
    “Nun … ja. Wäre er allerdings wirklich der Übeltäter,

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