Lady Marys romantisches Abenteuer
„Dieser Mann forderte ihn heraus, um sich mit ihm ein sinnloses zweites Duell zu liefern. Und weil John nicht wieder töten wollte, lehnte er ab.“
„Warum hat er dann nicht die Forderung dieses Herrn angenommen, Mylady, und Ihre Ehre verteidigt?“, entgegnete Miss Wood, deren Wut wieder neu auflebte. „Sich selbst verteidigt er gegen Beleidigungen, aber als Sie, die Tochter des Duke of Aston, mit einem gemeinen Wort bezeichnet wurden, da lehnte er ab. Ließ zu, dass der ganze Garten jetzt glaubt, es sei wahr, und es dem Rest von Paris weitererzählt! Dass ich erleben muss, wie eine mir anvertraute Dame auf diese Weise öffentlich geschmäht wird – oh, das ist unerträglich!“
„Aber ich verstehe, warum er es tat, Miss Wood“, erwiderte Mary schnell. „Der Franzose versuchte nur, Seine Lordschaft zu provozieren. Mit mir persönlich hatte das gar nichts zu tun. Ich bin stolz auf ihn, weil er den Kampf verweigerte.“
Miss Wood schnappte nach Luft. „Wie können Sie nur so etwas sagen, Mylady?“
„Ich kann es“, sagte Mary voller Überzeugung, „weil es viel edler ist, standhaft zu bleiben und sich nicht zu etwas drängen zu lassen, von dem man weiß, dass es falsch ist, als für ein unangebrachtes Ehrgefühl zu kämpfen. Wie ehrenvoll kann es sein zu sterben? Wenn ihm meinetwegen etwas zugestoßen wäre, ich … ich hätte es mir niemals verziehen!“
„Was hat er nur mit Ihnen gemacht, Mylady?“, fragte Miss Wood entsetzt. „Was für Lügen hat er Ihnen sonst noch erzählt? Oh, wenn ich daran denke, wie er Sie getäuscht haben muss, damit Sie so für ihn fühlen!“
„Er hat mich nicht getäuscht!“ Getrieben vom Verlangen, sich ihr verständlich zu machen, rutschte Mary auf dem Bett näher zur Gouvernante heran. „Er mag mich, so wie ich bin, und ich mag ihn, so wie er ist.“
Wenig überzeugt schüttelte Miss Wood den Kopf. „Leugnen Sie es nicht, Mylady. Ich weiß, was ich im Garten sah, und ich weiß, was ich jetzt sehe. Warum sonst sollten Sie sein schamloses Verhalten verteidigen, wenn er sich nicht in Ihr Herz eingeschmeichelt und Ihre Zuneigung erschlichen hätte?“
„So ist das nicht, Miss Wood, ganz und gar nicht!“ Mary schwang die Beine über den Bettrand. Das Bündel mit dem Verlobungsring lag sicher unter ihrem Kopfkissen. Auch wenn Miss Wood sich jetzt mit ihr Johns wegen stritt, sie wusste noch nicht, dass er sich erklärt hatte und dass Mary die Absicht hatte, seinen Antrag anzunehmen. Diese Erkenntnis war ihr ein kleiner Trost in einer sonst trostlosen Nacht.
„John – Lord John – ist ein guter Mann, Miss Wood.“ Das war alles, was Mary im Augenblick sagen wollte. Am Morgen würde Miss Wood sich vielleicht beruhigt haben. Vielleicht würde auch John selbst erscheinen. „Das hat sich nicht geändert, und es wird sich auch nicht ändern.“
„Oh, Lady Mary, hören Sie auf Ihr Innerstes!“ Verzweifelt ergriff Miss Wood Marys Hände und hielt sie fest. „Ich sorge mich nur um Ihre Sicherheit, Ihr Wohlergehen! Natürlich ist es mein Fehler, dass ich Sie so viel Zeit in Gesellschaft dieses Wüstlings verbringen ließ. Doch jetzt bin ich entschlossen, zu Ihrem Besten alles wieder zu richten.“
„Er ist kein Wüstling, Miss Wood, und er ist …“
„Nein, Mylady, mein Entschluss in dieser Sache steht fest“, sagte Miss Wood mit unheilvoller Überzeugung. „Wir werden Seine Lordschaft nicht länger empfangen. Sie dürfen ihm nicht schreiben, und wenn er Ihnen schreibt, lasse ich die Briefe ungeöffnet zurückgehen.“
„Das können Sie Mary nicht antun, Miss Wood!“ Diana hieb mit der Faust auf die Bettdecke. „Oh, das ist grausam!“
Aber Mary sagte nichts. Sie wusste, wenn Miss Wood einmal einen Entschluss gefasst hatte, konnte kein Bitten und Flehen auf der ganzen Welt sie davon abbringen. Doch genauso sicher wusste Mary auch, dass sie John wiedersehen würde. Sie weigerte sich, einfach aus seinem Leben zu verschwinden. Wenn sie auch noch nicht wusste, wann und wo sie beide sich das nächste Mal treffen würden, treffen würden sie sich auf jeden Fall. Noch nie hatte sie sich so offen gegen Miss Wood aufgelehnt, aber sie hatte auch noch nie so wichtige Gründe gehabt.
„Es ist nicht grausam, Lady Diana“, antwortete Miss Wood. „Es ist notwendig. Nach dem heutigen Abend wird in der Pariser Gesellschaft kein Platz mehr für uns sein. Deswegen werden wir morgen nach Italien abreisen.“
„Morgen!“ Mary schlug sich die Hand vor den Mund.
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