Lady Marys romantisches Abenteuer
will ich ihm sagen, dass ich seinen Antrag annehme, wenn er mich noch haben will.“
„Wenn er dich noch haben will?“, wiederholte Diana ungläubig. „Natürlich will er dich haben! Du bist schön, liebenswürdig und klug. Du bist die Tochter eines Dukes und wirst im Jahr mindestens zweitausend Pfund erhalten. Was braucht er noch für Gründe?“
„Dass er mich liebt, und dass ich ihn liebe, und dass wir beieinanderbleiben wollen“, erwiderte Mary fest und griff nach ihrem Mantel. „Das ist das Wichtigste.“
Diana seufzte, und zu Marys Überraschung standen Tränen in den Augen ihrer Schwester. „John liebt dich. Es war ihm von Anfang an ins Gesicht geschrieben, das sah ich. Kein Gentleman hat mich je so angesehen wie er dich.“
„Ach, Diana!“ Mary bekam feuchte Augen, und sie nahm ihre Schwester in den Arm. „Einer, der Richtige, wird dich bald auch so anschauen, da bin ich ganz sicher.“
„Eines Tages“, sagte Diana und versuchte unter Tränen zu lächeln. Sie nahm den Ring vom Bett. „Hier, vergiss ihn nicht.“
Mary betrachtete den Ring. Der blaue Stein blitzte sie vielversprechend an, bevor sie den Deckel schloss und die Schachtel in ihrer Tasche verschwinden ließ. Sie hätte ihn sofort tragen können, doch sie wollte, dass John ihn ihr an den Finger steckte. Bald würde er es tun. Ihr Herz begann, schneller zu schlagen.
„Du kennst doch die genaue Adresse seiner Unterkunft? Und du hast französisches Geld für die Kutsche?“, fragte Diana. Sie machte viel Aufhebens um Kleinigkeiten, weil sie ihre Rührung ein wenig überspielen wollte. „Der Portier unten an der Tür kann dir eine herbeirufen, aber du wirst ihn dafür bezahlen müssen.“
„Das kann ich.“ Mary bückte sich, um unters Bett zu schauen. Das Bild war immer noch da, wo sie es zurückgelassen hatte, ein unförmiges Bündel zwischen den Riemen der Bettfederung. Sie dachte daran, es mitzunehmen, doch dann entschloss sie sich, es dort zu lassen.
Wahrscheinlich war es hier sicherer. Was immer als Nächstes geschehen würde, sie konnte immer noch morgen hierher zurückkommen. „Du musst für mich auf meinen Engel aufpassen, bis ich ihn holen kann.“
„Du und dieser hässliche alte Engel“, spottete Diana mit einem etwas zittrigen Lächeln. „Wer sollte ihn denn sonst haben wollen?“
„Er kann dein Beschützer sein heute Nacht.“ Mary schlang ein letztes Mal die Arme um Diana und hielt sie fest. Nichts würde wie vorher sein nach dieser Nacht. Ihr ganzes Leben würde sich verändern. „Pass auf dich auf, Diana.“
„Du auch, Mary“, flüsterte Diana. „Geh jetzt, liebe und sei glücklich.“
13. KAPITEL
Langsam stieg John die Treppe zu seinen Räumen hinauf. Seit er Madame du Fontenelles Haus verlassen hatte, hatte er versucht, sich bis zur Bewusstlosigkeit zu betrinken. Doch ganz gleich, wie viel Wein er auch trank, er musste feststellen, dass er trotzdem nüchtern blieb. Jede Einzelheit dieses Abends hatte sich für immer in sein Gedächtnis eingebrannt.
Es waren Kleinigkeiten, wie das unglaubliche Blau des Saphirs im Ring, als dieser auf der Sonnenuhr lag, wie ein Windhauch, der durch die Blätter über ihren Köpfen gefahren war. Dass die panische Angst in Turgeons Gesicht, als er ihn herausforderte, genau die gleiche gewesen war wie die seines Bruders in den letzten Sekunden, bevor John ihn erschoss.
Doch er besaß so gut wie keine Erinnerung mehr an Marie Turgeon, deren vorgetäuschte Witwenschaft Grund für dieses Leid und diese Zerstörung gewesen war.
Es war besser, an all die kleinen Dinge zu denken, die wirklich wichtig waren: der feine Schwung von Marys Lippen, der Schatten ihrer Wimpern auf den Wangen. Wie ihr Atem rascher wurde und ein tiefes Verlangen ihre Augen dunkel werden ließ, als er sie an Chantilly erinnerte, wie sie sich ihm über die Sonnenuhr entgegenneigte.
Kleine Momente, winzige Details nur. Doch all diese Erinnerungen zusammen waren wie ein Bündel winziger Pfeile, die ihn stachen und zutiefst verletzten.
Sie hatte geschworen, sie liebe ihn, doch als er sie am dringendsten brauchte, war sie nicht da gewesen. Sie hatte ihn in seinem schlimmsten Augenblick erlebt, und sie war geflohen. Wie konnte er auch von ihr erwarten, die Zukunft mit ihm zu teilen, wenn er so viel Vergangenheit mitbrachte?
Aber er würde Mary keine Unannehmlichkeiten mehr machen. Inzwischen mussten seine Sachen gepackt sein, denn er hatte früh am Abend seinem Diener eine Nachricht geschickt. Bei
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