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Lady Marys romantisches Abenteuer

Lady Marys romantisches Abenteuer

Titel: Lady Marys romantisches Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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er manchmal um die süße Erlösung durch den Tod, selbst wenn dadurch seine unsterbliche Seele in Gefahr geraten sollte.
    Langsam und gebückt schleppte er sich durchs Zimmer zu dem Gemälde hin. Er hatte keine Frau, keine anerkannten Kinder. Immer hatte er geglaubt, noch genug Gelegenheit zu haben, um zu heiraten und einen Erben zu zeugen. Nun blieb ihm keine Zeit mehr. Er hatte das Leben, das ihm gegeben worden war, verschwendet, hatte so viele andere ruiniert aus – ja, weshalb? Aus Vergnügen, zum Spaß? War es eine Sucht nach Macht gewesen, oder hatte er es schlichtweg getan, um die Langeweile zu vertreiben?
    Er blickte zu dem Gemälde auf. Das hier war es, was ihn noch tröstete in seinen letzten Tagen. Das hier war alles, was jetzt noch zählte, und seine einzige Hoffnung auf Erlösung. Die Kraft des Bildes lag nicht in seiner Größe – es war klein genug, um in einen Schrankkoffer zu passen –,sondern in der Vollkommenheit jedes winzigen Pinselstrichs, der der Heiligen Jungfrau geweiht war.
    Er konnte sich nicht satt sehen an dem wunderbaren Gesicht, so voller Mitleid und Verständnis. Er wünschte sich diese heitere Gelassenheit, doch er wusste, dass er sie nie erhalten würde, bevor er nicht sein Versprechen erfüllt hatte. Zwei Jahrhunderte voller Krieg und die gierige Hand eines Mannes hatten die Teile des Triptychons auseinandergerissen. Aber d’Archambault hatte geschworen, den Altar der Muttergottes wieder zusammenzufügen, bevor er sterben würde, zu ihrem Ruhm und seiner Errettung.
    Im letzten Frühling hatten seine Kundschafter die Tafel gefunden, die ursprünglich zur Rechten der Heiligen Jungfrau gehangen hatte. Sie zeigte d’Archambaults Vorfahren, wie sie anbetend unterhalb eines Chors von Cherubinen knieten. Er hatte sie reinigen und den vergoldeten Gipsrahmen restaurieren lassen.
    Der linke Flügel war indes noch nicht gefunden. Ein einseitiger Schandfleck auf der Vollkommenheit der Gottesmutter. Er hatte gewagt zu glauben, ihn diese Woche in Calais tilgen zu können. Er hatte geglaubt und war wieder einmal enttäuscht worden. All sein Geld, all seine Macht und all seine Verbindungen – und trotzdem stand er am Ende wieder einmal mit leeren Händen da.
    „Verzeih mir, Heilige Maria“, murmelte er heiser und beugte sich so tief er konnte über seinen Stock. „Bei meiner Ehre, ich werde ihn finden. Ich werde die Suche nicht aufgeben. Wenn du mir die Zeit gewährst, allerseeligste Muttergottes, werde ich es vollbringen.“
    Den Kopf gegen Dianas Schulter gelehnt, döste Mary in der Kutsche. Während sie gestern mühelos vorwärts gekommen waren, zum Dinner angehalten und dann in einem ganz akzeptablen Gasthof übernachtet hatten, gab es heute eine Verspätung nach der anderen. Es hatte sich herausgestellt, dass eines der vier Pferde lahmte, noch bevor es eingespannt worden war, und sie hatten warten müssen, bis ein anderes herbeigeschafft werden konnte.
    Lord John hatte vorausgesagt, dass die große englische Kutsche für engere Straßen zu sperrig sein würde, und leider hatte er sich als ein zuverlässiger Prophet erwiesen. Immer wieder waren sie hinter einem Bauernwagen aufgefahren, und es kam zu vielen Streitereien zwischen ihrem Fahrer und den Bauern, bevor sie passieren konnten. Mehrmals blieb ihr Wagen stecken und einmal hatte man sie sogar wegen einer Viehherde angehalten, die von einer Weide auf die andere getrieben wurde.
    Außerdem war der Tag sehr warm, und die Sonne schien den ganzen Tag heiß auf das lackierte Kutschendach. Schon am Vormittag hatten sich die Lederpolster unangenehm angefühlt, und bald hatte Mary so sehr geschwitzt, dass sie nur noch an eines denken konnte: daran, wie sie den nächsten Gasthof erreichen konnte, um sich dort jedes einzelne warme, beengende Kleidungsstück herunterzureißen, egal wie unziemlich und anstandswidrig das auch sein mochte.
    Jetzt brannten die Kutschenlaternen, und der Kutscher bemühte sich, mit seinem erschöpften Gespann die verlorene Zeit wieder einzuholen. Er trieb die Pferde so schnell an, wie er es bei der Dunkelheit wagen konnte, um noch rechtzeitig zum Abendessen die Unterkunft zu erreichen.
    Die Kutsche holperte über eine Furche, wodurch Mary geweckt wurde. Sie reckte sich gähnend und sah sich verwirrt um. So verschlafen sie auch war, merkte sie doch, dass mit der Kutsche etwas nicht stimmte. Als der Kutscher den Reitern etwas zurief, hörte sie eine ihr neue Nervosität aus seiner Stimme heraus. Auch die Art, wie

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