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Lady Marys romantisches Abenteuer

Lady Marys romantisches Abenteuer

Titel: Lady Marys romantisches Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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Geliebten recht unterhaltsam sein mochten, konnten sie einen bei der angeblich ehrbaren Tochter eines englischen Dukes schon aus der Fassung bringen.
    Je länger sie das Gefieder spreizte und ihn über den Tisch hinweg angurrte, desto ungemütlicher fühlte er sich. Jedes Wort, das er äußerte, wurde von ihr mit vor Erstaunen offenem Mund begrüßt. Sie lobte ihn als einen Helden, ein Genie, als den klügsten und schönsten Mann, der je geboren wurde. Und all das wurde von der verwirrenden Angewohnheit begleitet, sich so weit wie möglich vorzubeugen, damit er ihr besser in den Ausschnitt blicken konnte.
    Nun, er war ein Mann, und weil er kein Heiliger war, sah er auch hin. Wie sollte er sich dagegen wehren? Aber er mochte sich selbst nicht wegen dieser Blicke. Und was er da sah, war nun wirklich nichts, das er nicht schon zuvor gesehen hätte. Doch was ihm an Lady Diana Farren wirklich missfiel, war, dass sie ihre Schwester völlig – und wie er dachte, rücksichtslos – in den Hintergrund drängte.
    Statt das lebhafte, temperamentvolle Mädchen zu sein, das er aus Calais und auch vom heutigen Abend, neben der Kutsche, in Erinnerung hatte, erschien ihm die Lady Mary, welche ihm jetzt am Tisch gegenübersaß, ruhig und in sich gekehrt. Neben ihrer Schwester wirkte sie still, gedämpft und fast traurig. Wann immer er versuchte, sie ins Gespräch zu ziehen, antwortete sie so kurz, wie es die Höflichkeit erlaubte, und blickte dann wieder auf ihren Teller. John sah mehr von ihren dunklen Wimpern als von den strahlenden, klugen Augen. Kein einziges Mal während des Essens lächelte sie. Er kannte ihr Lächeln. Er wartete darauf und wurde enttäuscht.
    Die Standuhr im vorderen Raum des Gasthofes schlug bereits halb zwölf, als das letzte Geschirr abgeräumt und das Tischtuch entfernt wurde, und er musste doch noch mit Lady Mary sprechen. Gott allein wusste, wie wichtig das war. Es gab so vieles, das er ihr sagen musste: die Sache mit dem Brand, Dumonts Tod und seine eigenen Befürchtungen, dass ihr gemalter Engel irgendwie damit zu tun hatte.
    Doch er wollte ihr auch ein paar Dinge sagen, die nicht so schlimm waren. Zum Beispiel, wie enttäuscht er gewesen war, dass sie Calais verlassen hatte, ohne Adieu zu sagen, und wie oft er seitdem an sie gedacht hatte. Kleine, dumme Sachen, und er bezweifelte, dass er sie ihr überhaupt erzählen würde.
    Besonders, wenn er Mary nicht unter vier Augen sprechen konnte.
    Seine Verärgerung wuchs, und so war er der Erste, der sich erhob. „Sie müssen mir verzeihen, meine Damen“, sagte er, „aber das war ein langer Tag für mich. Ich fürchte, wenn ich jetzt nicht mein Bett aufsuche, werde ich noch hier am Tisch umkippen.“
    „Oh, ganz sicher nicht, Mylord“, entgegnete Diana, während sie sich mit einer geschmeidigen Bewegung ebenfalls erhob. „Doch kein so vornehmer Herr wie Sie!“
    Auch Miss Wood stand jetzt da, die Hände gesittet vor dem Bauch gefaltet. „Es tut mir leid, wenn wir Sie wach gehalten haben, Mylord. Für uns ist es ebenfalls höchste Zeit, uns zurückzuziehen. Meine Damen?“
    Rasch schob Lady Mary ihren Stuhl zurück. Es war klar zu erkennen, dass sie so schnell wie möglich die Flucht ergreifen wollte. „Gute Nacht, Mylord.“
    „Einen Augenblick, Lady Mary“, rief er, bevor sie an ihm vorbeihuschen konnte. „Ich möchte gerne noch einmal das Bild sehen, wenn Miss Wood erlaubt.“
    „Aber selbstverständlich, Mylord!“ Miss Wood nickte Mary aufmunternd zu. „So einen kleinen Gefallen können wir Ihnen wohl kaum verweigern. Wenn Sie mir sagen, wo sich das Bild bei Ihren Sachen befindet, Mylady, kann ich es herunterbringen.“
    „Ich werde es selbst holen, Miss Wood“, sagte Mary rasch, froh einen Grund zum Verschwinden zu haben. „Es ist immer noch versteckt.“
    „Ach Mary, keiner wird dir dein scheußliches Bild stehlen“, spottete Diana. „Lord John bittet nur aus Höflichkeit darum, es sehen zu dürfen.“
    John lächelte, obwohl er kaum seinen Ärger über Lady Diana verhehlen konnte. „Ich bedauere, Mylady, aber ich bin an dem Bild interessiert und daran, wie Ihre Schwester es interpretiert. Da es Ihr Zartgefühl verletzt, sind Sie entschuldigt. Lady Mary und ich werden uns allein damit beschäftigen.“
    Mary protestierte heftig und kam dabei ins Stottern. „Nein, nein, nicht allein, Mylord, nicht wenn …“
    „Aber da ist doch nichts dabei, Mylady. Nicht, wenn Sie in einem so öffentlichen Raum ein, zwei Augenblicke lang ein

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