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Lady Marys romantisches Abenteuer

Lady Marys romantisches Abenteuer

Titel: Lady Marys romantisches Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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ihrer Schwester. „Komm, lass mich sehen, was so schrecklich daran ist.“
    Diana zuckte mit heiterer Gelassenheit die Achseln. „Nun gut“, sagte sie, hob die Arme und setzte sich auf. „Wenn du es wirklich wünschst.“
    „Aber Diana“, rief Mary aus, mehr empört als überrascht. „Wie kannst du nur so deine Zeit verschwenden?“
    Ihre Schwester, die ihren Stuhl vor einer hübschen antiken Marmorstatue Jupiters aufgestellt hatte, hätte ihn genauso gut vor einem Hutladen aufstellen können. Ihr ganzes Blatt war mit Zeichnungen jener übergroßen Hüte bedeckt, welche die französischen Damen bevorzugten. Ein Hut neben dem anderen, überladen mit Bändern, Schleiern und riesigen Federn.
    „Ich zeichne, was mich interessiert“, gestand Diana ohne die geringsten Gewissensbisse. „Von dem Fenster aus kann ich die Damen im Park sehen und ihre fantastischen Hüte und Hauben!“
    „Ist es das, was du nach Hause bringen willst, um es Vater zu zeigen?“, fragte Mary ungläubig. „Soll das der Beweis dafür sein, wie sehr du dich durch unsere Reise gebessert hast – eine Mappe voller Hüte?“
    „Ich habe nicht darum gebeten, gebessert zu werden“, entgegnete Diana. „So wie ich war, gefiel ich mir eigentlich recht gut.“
    „Aber eine solche Gelegenheit, Wissen zu erlangen, einfach zu verschwenden!“
    Diana warf den Skizzenblock auf den Boden und stand auf. Sie zupfte an den Bändern ihres Hutes und bauschte die Schleife unter ihrem Kinn auf.
    „Du bist es, die diese alten verstaubten Sachen anschauen möchte, Mary, nicht ich“, sagte sie. „Und nachdem Lord John entschieden hat, dass er genug hat von deiner trockenen Art von Bildung, warum sollte ich …“
    „Das reicht jetzt, Lady Diana“, bestimmte Miss Wood. „Vielleicht vertreibt ein kleiner Spaziergang draußen die Frivolitäten aus Ihrem Kopf, sodass Sie sich besser auf Ihre Skizzen konzentrieren können. Zumindest erlaubt er Ihrer Schwester, ihre Studien fortzusetzen, ohne von Ihnen gestört zu werden.“
    „So wird jeder außerordentlich glücklich sein“, sagte Diana und winkte fröhlich zum Abschied, während Miss Wood sie aus der Galerie führte. „Widme dich ganz dir, Mary, und wenn du fertig bist, sage ich dir dann, wie du deinen nächsten Hut am besten dekorierst.“
    „Tu das, Diana“, entgegnete Mary matt, mehr zu sich als zu ihrer Schwester. „Tu das nur.“
    Sie ergriff wieder Skizzenblock und Bleistift und kehrte zu ihrem Stuhl zurück. Dieses Mal würde sie sich nur Artemis’ Hirsch widmen und versuchen, den wilden Blick einzufangen, den der Bildhauer dem Auge des Tieres gegeben hatte. Sie musste sich nur besser auf ihre Aufgabe konzentrieren, das war alles.
    Doch als sie anfing, das Geweih des Hirsches zu zeichnen, wanderten ihre Gedanken zurück zu dem, was Diana gesagt hatte, oder besser, was sie hatte sagen wollen, bevor Miss Wood sie unterbrach. Mary hatte geglaubt, John gefiele ihre Klugheit. Sie hatte geglaubt, ihm würde die Arbeit mit ihr, das gemeinsame Entschlüsseln der Geschichte und der Bedeutung ihres Gemäldes Vergnügen bereiten.
    Was, wenn sie ihn und seine Handlungen missverstanden hatte? Was, wenn er sie in Wahrheit genauso langweilig fand wie die meisten anderen jungen Männer auch? Sie für zu belesen, zu praktisch hielt, um die amüsante weibliche Gefährtin zu sein, die ein Mann sich wünschte?
    In jener letzten Nacht in Chantilly hatte sie versucht, mehr wie Diana zu sein. Und nur, um am Ende das Gefühl zu haben, John und auch sich selbst etwas vorzumachen. Natürlich begehrte sie John, da gab es gar keine Zweifel – sie war schockiert gewesen über die Stärke ihres Verlangens –,doch schließlich hatte sie wegen einer Liebesnacht nicht ihre Werte verraten können oder ihr eigenes, vernünftiges Selbst.
    Und nun war es vorbei. Aus und vorbei. So viel also zu ihrem Versuch, ein Abenteuer zu erleben oder die Leidenschaft, die Diana so mühelos genoss. Es war zwecklos, John noch länger nachzutrauern. Um sie herum gab es andere Frauen und Männer, die alle ihr Leben lebten, und das sollte auch sie tun. Sie musste an den Rest ihrer Reise denken, der, wie das weiße Blatt vor ihr, darauf wartete, dass sie einen Neuanfang wagte. Sie nahm das kleine Taschenmesser aus der Schachtel, schärfte ihren Stift und konzentrierte sich eisern auf den Marmorhirsch vor ihr. Die Nase war lang und spitz, die Nüstern gebläht, die Ohren gespitzt und …
    Das war doch nicht möglich!
    Sie erhob sich ein wenig von

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