Lady Marys romantisches Abenteuer
hatte sie solche Worte aus dem Mund eines Mannes gehört, und sie waren ihr tausend Mal lieber als ein weiterer langweiliger Vergleich ihrer Augen mit den Sternen. Es war ein ehrliches, wunderbares Kompliment, das nur er ihr machen konnte. Und nur ihr und keiner anderen.
Und ganz gleich, was ein jeder von ihnen in Zukunft noch sagte, diese Worte würde sie nie im Leben vergessen.
„Wäre ich als Mann geboren, dann wäre es das, was ich mit meinem Leben anfangen würde“, gestand sie ihm atemlos etwas, das sie noch keinem je erzählt hatte. „Ich würde Bilder studieren. Dann würde ich mir eine eigene Sammlung zulegen und andere bei ihren Kunstkäufen beraten. Ich könnte Bekanntschaft mit lebenden Künstlern schließen, um mehr über ihr Talent zu erfahren. Und ich würde nicht in London, sondern auf dem Kontinent leben, und es wäre mein Leben.“
Er lachte nicht. „Sie könnten es immer noch“, meinte er. „Sie haben das Auge, das Talent. Kehren Sie der Hochanständigkeit den Rücken und wählen Sie das Leben, das Sie leben möchten.“
Sie schüttelte den Kopf, nicht bereit, auch nur dem Traum einer solch goldenen Zukunft nachzuhängen. „Vater würde es niemals erlauben.“
John zuckte die Achseln. „Es ist Ihr Leben, nicht seines. Denken Sie zuerst an sich.“
Sie blickte ihn an, und unwillkürlich überzog ein warmes Lächeln ihr Gesicht. „Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr ich Sie vermisst habe, seit wir uns in Chantilly trennten.“
„Aber ich kann es mir vorstellen“, sagte er weich, „denn ich habe Sie genauso sehr vermisst.“
Mary musterte wieder ihre Zeichnung. Sie wollte nicht, dass er die Verwirrung sah, die ihr ins Gesicht geschrieben stand.„Ich habe nicht geglaubt, Sie je wiederzusehen.“
„Ach, Mary“, sagte er, und es war klar zu erkennen, dass er seine Worte mit großer Sorgfalt auswählte. „Wie Sie dachte auch ich, es wäre klüger, wenn wir uns trennten. Ich redete mir ein, es wäre das Beste in unserer Lage. Doch verdammt, mit jeder Meile, die ich zwischen uns brachte, sehnte ich mich mehr nach Ihnen, nicht weniger. Sie sind mir zu sehr ans Herz gewachsen, Mary. Auf eine Art, die ich kaum verstehe, sind Sie zu sehr ein Teil von mir geworden.“
„Ich fühle genauso“, gestand Mary flüsternd. „Ich fühle genau so. “
Er nickte ernst. „Ich wartete in Chantilly, um an Bord des Postschiffes zu gehen. Das Wetter war sehr unruhig, und ich konnte nicht abreisen. Das Schicksal muss mich dort festgehalten haben, liebste Mary, denn ich entdeckte dieses hier.“
Er griff in die Innentasche seines Rockes und zog ein vergilbtes Stück Papier hervor. „Lesen Sie das, Mary. Lesen Sie es, und sagen Sie mir, was Sie davon halten.“
Sie nahm den Fetzen, der offenbar aus einer Zeitung stammte, legte ihn auf ihr Skizzenbuch und strich ihn glatt. „Fra Pacifico? Das klingt ja nach der dritten Tafel des Triptychons. Oh John, glauben Sie, das könnte ein Teil des gleichen Altars sein, von dem mein Engel stammt?“
„Ich wage zu behaupten, dass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist“, meinte er. „Was gäbe ich darum, den Namen dieses französischen Adligen zu erfahren, der es gekauft hat.“
„Hier steht, der Kauf wurde in Rouen getätigt“, begann sie und konnte die Aufregung in ihrer Stimme nicht unterdrücken. Fünf Minuten in seiner Gesellschaft, und schon gab es mehr Abenteuer, als sie in den letzten drei Tagen erlebt hatte. „Wenn wir Kontakt aufnehmen könnten mit dem Verkäufer des Bildes, und ihn nach dem Namen des Käufers fragen …“
„Das habe ich schon.“ Er griff sich einen verlassenen Stuhl und zog ihn neben Mary. „Der Käufer blieb anonym, er ließ das Bild durch einen Mittelsmann erwerben. Der Eigentümer des Aktionshauses bezweifelt, dass dieser selbst mehr weiß als das, was in den Zeitungen steht.“
Mary beugte sich vor, die Arme über dem Skizzenblock verschränkt. „Aber warum diese Geheimnistuerei?“
„Er wird seine Gründe dafür haben, denke ich.“ Auch John beugte sich vor, die Hände über den Knauf seines Spazierstocks gefaltet. „Er könnte ganz einfach ein sehr zurückgezogen lebender Herr sein, der es lieber sieht, wenn seine Angelegenheiten nicht Thema öffentlicher Gespräche sind. Er könnte das Gemälde als Geschenk für jemand anderen bestimmt haben. Er könnte über die immense Summe beschämt sein, die er bot, um von Anfang an andere am Bieten zu hindern.“
„Gab es andere Bieter?“
„Der
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