Lady meines Herzens
…«
»Bist du fertig?«, lallte Brandon.
»Ich bin schockiert! So habe ich dich nicht mehr erlebt seit jenem Jahr, in dem dein Vater starb. Oh Gott – ist jemand gestorben?«
»Nein.«
»Dann muss es um Frauen gehen. Typisch. Was ist passiert?« Roxbury ließ sich auf einem zweiten Sessel nieder und nahm einen Schluck von seinem Brandy, den er in der Hand hielt. Das war das Gute an Roxbury. Er war stets bereit zu klagen, besonders wenn es um Liebesaffären ging – ob nun seine eigenen oder, was seltener vorkam, die Affären anderer.
»Ein anderer Mann hat um die Hand meiner Verlobten angehalten. Sophie versteht nicht, warum ich meine Verlobte nicht einfach für sie sitzen lassen kann.«
»Warum lässt deine Verlobte dich nicht einfach sitzen?«, fragte Roxbury. »Ich würde das machen, wenn ich an ihrer Stelle wäre.«
»Ihre Mutter würde das nicht zulassen.«
»Und warum wirst du deiner Verlobten nicht den Laufpass geben?«
»Ja, warum nicht, Lord Brandon?«, wollte eine andere Stimme wissen. Es war von Vennigan, der nun zu ihnen trat. Aus irgendeinem für Brandon unerfindlichen Grund hatte er seine Uniform angelegt. Zumindest glaubte Brandon, dass es sich um eine Uniform handelte, da zahlreiche Orden an der Jacke befestigt waren. Von Vennigan hatte ein Cape über eine Schulter geworfen und seinen Degen umgegürtet, als wäre er bereit, ihn bei der kleinsten Provokation zu ziehen. »Warum geben Sie Clarissa nicht frei?«
»Fangen Sie schon wieder an, von Vennigan?«, sagte Brandon gelangweilt. Dann fiel ihm auf, dass wieder an und Vennigan sich reimte, und dieser Umstand beschäftigte ihn etwas länger, als er eigentlich sollte. Er schob es auf den Alkohol.
»Ich bin ein Mann, der liebt. Ich kann nicht anders«, behauptete von Vennigan. »Und Sie sind das Hindernis, das meinem Liebesglück im Weg steht.«
»Eigentlich sitzt er gerade«, meinte Roxbury, obwohl die beiden anderen Männer ihn nicht beachteten.
Von Vennigan zog seinen Degen. Plötzlich wurde es im Raum totenstill.
Lord Biddulph, der auch etwas zu tief ins Glas geschaut hatte, beugte sich interessiert vor, um den Degen zu betrachten. Mit einem dumpfen Knall fiel er vom Stuhl. Da das für ihn typisch war, schenkte ihm niemand Beachtung, nicht einmal sein guter Freund Mitchell Twitchell.
»Weg mit dem verfluchten Degen, von Vennigan«, mischte Roxbury sich ein. »Er ist zu betrunken, um aufrecht zu stehen, und kämpfen kann er erst recht nicht. Es wäre für Sie beide höchst peinlich, wenn Sie ihn jetzt zum Duell fordern.«
An seinen Freund gewandt fuhr Roxbury fort: »Verzeih, aber ich verstehe immer noch nicht, warum du diesem Kerl nicht einfach deine Verlobte überlassen kannst, um dann mit diesem Frauenzimmer von der Zeitungdurchzubrennen, in das du so vernarrt bist.«
»Ich bin nicht vernarrt«, nuschelte Brandon.
Roxbury und von Vennigan lachten laut. Biddulph und Twitchell fielen in das Gelächter ein, obwohl sie vermutlich keine Ahnung hatten, worüber sie sich amüsierten. Das steigerte nur Roxburys Vergnügen an der Situation. Brandon aber wurde immer wütender.
»Das sind Sie sehr wohl«, erklärte von Vennigan ihm, nachdem er wieder zu Atem gekommen war.
»Gib’s doch endlich zu, alter Freund, du hast dich verliebt«, keuchte Roxbury zwischen einzelnen Lachern.
»Liebe ist ein irrationales Gefühl, das nichts als Liebeskummer und Probleme mit sich bringt. Es lenkt einen Mann von den wichtigen Dingen ab. Zum Beispiel die Welt zu führen«, dozierte Brandon. Wenn er es nur oft genug wiederholte, wurde es vielleicht wahr.
»Erzähl mir mehr«, meinte Roxbury. Er grinste.
»Wenn man liebt, verliert man den Verstand und die Kontrolle. Die Liebe macht einen Mann völlig wirr. Aber das wird mit mir nicht passieren!«, behauptete Brandon fest. Das war der Grund, warum er so sehr an Clarissa festhielt. Denn wenn er sie gehen ließ, dann könnte er sein Herz Sophie schenken. Dann wäre er immer abgelenkt, und das würde bedeuten, dass er die Güter nicht mehr angemessen verwalten und im Parlament seine Pflicht erfüllen könnte. Dann würde England seine Vorherrschaft in der Welt verlieren, und dann hätte Roxbury seinen Weltuntergang.
Das ergab eigentlich keinen Sinn, aber irgendwie fühlte es sich logisch an. Die ganze Verantwortung lastete auf seinen Schultern.
Von Vennigan wirkte rot im Gesicht, fiel Brandon auf.
»Bei Gott und allen guten Geistern, aber es ist doch schon längst passiert!«, explodierte von
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