Lady meines Herzens
brauchte. Er konnte ihr keine Antworten liefern und nur wenig Trost spenden. Sie konnte ihn drängen, aber sie spürte, wie wenig ihr seine Antwort gefallen würde, wenn sie ihn jetzt zu einer Entscheidung trieb.
»Ich möchte jetzt gerne nach Hause«, sagte Sophie. Brandon, wie immer der perfekte Gentleman, setzte den Kutscher darüber in Kenntnis, obwohl er sich am liebsten weigern und stattdessen befohlen hätte, der Mann solle die Kutsche den ganzen Weg nach Gretna Green lenken.
»Wir finden eine Lösung, Sophie«, sagte er ruhig.
»Wann denn? Deine Hochzeit ist doch schon in zwei Tagen!«, rief sie.
»Es ist nicht so einfach. Ich muss eine Menge bedenken«, beharrte er. Ach, wie gut sie diese Ausreden kannte! Sie hatte nicht erwartet, dass es einfach sein würde, aber war es zu viel verlangt, wenn er einmal früher als zu spät handelte?
Er muss doch nur seinem Herzen folgen , dachte sie. Aber dann ging ihr auf, dass das vielleicht gar nicht so einfach war, wenn man seit so langer Zeit vom Kopf gesteuert wurde – noch dazu, wenn man so einen Dickschädel hatte.
Sie verstand auch, dass er in seiner Position als Mann – Oberhaupt der Familie, Duke, sogar mächtiger doppelter Duke – glaubte, er müsse unter allen Umständen versuchen, miteinander ringende Interessen unter einen Hut zu bringen, selbst wenn das bedeutete, seine eigenen Interessen hintenanzustellen.
Und dann war da noch der Umstand, dass niemand einem mächtigen Duke gegenüber offen sprach und ihm einfach sagte, wenn er sich stur, falsch oder widersprüchlich verhielt.
»Du versteckst dich hinter deinem Ehrgefühl. Ich finde das ziemlich feige und überhaupt nicht heldenhaft. Ich glaube sogar, es ist nur eine Entschuldigung, weil du fürchtest, von Vennigan zu vertrauen. Du hast Angst, mich zu lieben, und befürchtest, die Ordnung der Welt durcheinanderzubringen, wenn du einmal etwas nur für dich selbst tust.«
»Ich bin ein Duke. Viele Menschen verlassen sich auf mich. Ich kann mir nicht die Freiheit herausnehmen, irgendetwas nur für mich zu tun.«
»Brandon, ich habe gegen alle Erwartungen verstoßen und mir Freiheiten genommen, die einer Frau nicht zustehen. Bei einem Mann lasse ich diese Entschuldigung nicht gelten, und bei einem Duke erst recht nicht. Wenn es jemanden gibt, der tun kann, was er will, dann du. Aber ich sollte mich nicht mit dir streiten oder mit dir über dieses Thema diskutieren. Wenn du es nicht so siehst … nun, dann wird es mir kaum gelingen, dich davon zu überzeugen.«
Die Kutsche hielt in diesem Moment mit einem Ruck. Das war ihre Gelegenheit für einen großen Abgang. Sie griff nach dem Türknauf und wollte den Schlag öffnen. Brandons Hand lag plötzlich auf ihrer.
Wenn er sie jetzt küsste …
Unwillkürlich öffnete sie bei dieser Vorstellung die Lippen. Wenn er sie jetzt küsste, wusste sie, dass es nicht nur ein Kuss wäre, sondern dass sie anschließend gründlich und ausgiebig und auf wundervolle Weise von ihm geliebt werden würde. In der Kutsche. Bei dieser Vorstellung prickelte ihre Haut.
Endlich dürfte sie mit den Fingern durch sein Haar fahren, dürfte ihre Hände unter den Stoff seines Hemdes schieben und seinen Herzschlag unter ihrer nackten Handfläche spüren. Haut würde Haut berühren, sein Herz ihres. Sie würden sich küssen, oh ja, stundenlang. Heißblütige, innige, köstliche und verbotene Küsse. Zugleich würde die Leidenschaft sich mit Unsicherheit vermischen. Wäre das hier das Ende? Oder würde sein Pflichtgefühl ihn dazu zwingen, in diesem Moment einen Neuanfang zu wagen?
Sophie spürte, wie sie sich in seine Richtung neigte. Es war eine unwillkürliche Bewegung, und er kam ihr entgegen. Seine Hand lag noch immer auf ihrer und ließ sie nicht los.
Ein Kuss schien zwischen ihnen in der Luft zu hängen. Sie müsste sich nur noch ein wenig vorbeugen, um seine weichen, nachgiebigen Lippen zu schmeckte. Ein Kuss, der nicht nur zu einem Akt der Liebe, sondern auch zu weiteren Verwicklungen führen würde.
Aber sie wollte es richtig machen.
Falls es eines Tages wirklich passierte, wollte sie keine hastige, eilige Angelegenheit in einer Kutsche, weil die Leidenschaft sie übermannte und sie beide nicht mehr klar denken konnten. Nein, es sollte die Vollendung ihrer Liebe sein.
Dafür wäre später noch Zeit.
Seine Hand ruhte noch immer auf ihrer, die auf dem Griff lag. Er hielt sie fest.
»Brandon, ich habe gerade versucht, einen großen Abgang zu machen«, bemerkte Sophie
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