Lady Sunshine und Mister Moon
hast dich für deine Mutter verkleidet?“
Nur wenn ich ihr gefallen wollte, dachte Carly. Wahrscheinlich würde sie diesen Wunsch niemals ganz aufgeben, auch wenn sie sich das selbst noch nicht eingestehen konnte. Um Himmels willen, sie war inzwischen über dreißig! Sie müsste doch längst über solchen Dingen stehen! Also zuckte sie kaum merklich mit den Achseln und sagte lässig: „Meistens. Entweder ich verkleide mich – oder ich muss mir eine Litanei von Klagen anhören.“
„Du siehst auf jeden Fall sehr … gut aus.“
Sie konnte nicht verhindern, dass ihr Lachen bitter klang. „Dachte ich mir schon, dass das deinen Geschmack trifft.“
Zu ihrer Überraschung schüttelte er den Kopf und sagte: „Um die Wahrheit zu sagen, Carly, ich bin nicht sicher, ob es mir gefällt.“
„Soll das ein Scherz sein?“ Aufrichtige Freude ersetzte das bittere Lachen von vor einer Sekunde. „Da scheint es ja bei dir noch Hoffnung zu geben, Jones. Aber eigentlich müsste dieses Outfit doch genau deine Kragenweite sein.“ Sie drehte sich langsam vor ihm im Kreis. „Was gefällt dir denn nicht daran?“
„Dass du darin überhaupt nicht mehr aussiehst wie du.“ Er legte einen Arm um ihre Schultern und schob sie in den Hausflur. „Aber es könnte ein prima Köder für den Stalker sein, also werde ich wohl damit leben müssen.“
„Soll ich der Lockvogel sein?“, fragte sie ihn trocken, als er sie zur Tür hinausführte. Sie beobachtete, wie er Rags mit dem Fuß zurück ins Apartment scheuchte und die Tür sanft vor Busters fragendem Gesichtsausdruck schloss. „Gut zu wissen, dass du mich nützlich findest.“
Er betrachtete sie mit einem besonnenen Blick. „Du würdest überrascht sein, was ich alles finde.“
Was sollte das denn heißen? Dass er etwas für sie empfand? Dass er sie – was? – attraktiv fand? Oder kompetent? Seiner Liebe wert? Vielleicht sogar alles zusammen? Das wäre alles sehr schön. Und ein Wunder. Aber würde er Las Vegas dann auch verlassen, um diesen blöden Job irgendwo im Mittleren Westen anzunehmen?
Und wann zum Teufel hatte sie sich eigentlich in diesen Feigling verwandelt, der sich nicht einmal zu fragen traute?
An diesem neu erworbenen Charakterzug knabberte sie auf dem Weg zum Avventurato herum. Wie sie die Sache auch drehte und wendete – als sie die Security-Abteilung betraten, war sie keinen Schritt weiter.
Wolf führte sie mit der Hand am Ellbogen auf dem kürzesten Weg zu einem jungen Mann mit schwarzem Haarschopf und großen Ohren. „Dann lassen Sie mal sehen, Fred“, befahl er, bevor der arme Kerl auch nur die Chance hatte, mit der Wimper zu zucken.
Carly schenkte dem Computertechniker ein Lächeln. „ Bitte , wollte er noch sagen“, schob sie hinterher. Sie erinnerte sich daran, dass sie den jungen Mann bereits in der Nacht kennengelernt hatte, als sie und Treena geholfen hatten, die Kartenbetrügerin zu überführen. „Wie geht es Ihnen, Fred? Es freut mich, Sie wiederzusehen.“
Sein Adamsapfel hüpfte, als er schluckte. „Es geht mir gut, Miss Jacobsen.“
„Bitte nennen Sie mich Carly.“
Seine Ohren glühten, von der Röte, die sein Gesicht überzog. „Ja. Okay. Danke, Car…“
„Ich muss doch sehr bitten!“, knurrte Wolf. „Wir sind hier nicht zum Eisessen verabredet.“ Doch dann riss er sich sichtlich zusammen und wandte sich mit übertriebener Höflichkeit an Fred. „Würden Sie mir bitte zeigen, was Sie gefunden haben?“
Fred griff prompt nach einem Aktenordner auf seinem Schreibtisch, während Wolf einen Bürostuhl für Carly heranzog und sie bat, Platz zu nehmen. Dann setzte auch er sich.
„Wie ich schon am Telefon erwähnt habe“, sagte Fred, während er drei Papierstapel auf dem Tisch ausbreitete, „habe ich drei Kandidaten ausfindig gemacht. Der eine Kerl könnte es tatsächlich sein, die beiden anderen halte ich für eher unwahrscheinlich.“
Er deutete auf den ersten Stapel. „Das ist Jeff Evans. Er scheint am ehesten unser Mann zu sein. Können Sie sich an ihn erinnern, Mr. Jones?“
„Der Name kommt mir bekannt vor.“ Wolf griff nach den Unterlagen. „Ist das der Typ vom Catering? Der auf Bewährung hier arbeitet, weil er ein paar weibliche Gäste und ein Mädchen aus dem Spa belästigt hat?“
„Genau der.“
„Soweit ich mich erinnere …“, Wolf drehte sich um, um Carly einen nachdenklichen Blick zuzuwerfen, „… waren die Frauen, auf die er es abgesehen hatte, alle blond.“
Carly beugte sich zu ihm und
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